Quelle: NZZ
Der Ansturm syrischer Flüchtlinge in Libanon lässt das Schicksal ihrer palästinensischen Leidensgenossen vergessen
Jürg Bischoff, Beirut
Lange Zeit wurden die Palästinenser, die sich nach der Vertreibung aus ihrer Heimat 1948 in Syrien niedergelassen hatten, von ihren Schicksalsgenossen anderswo beneidet. Im Unterschied zu Libanon konnten sie soziale Dienstleistungen in Anspruch nehmen und hatten das Recht zu arbeiten. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs sind von den über 500 000 Palästinensern in Syrien rund 44 000 nach Libanon geflohen. Die meisten von ihnen kommen aus Yarmuk, dem grossen Lager im Süden von Damaskus, in dem seit fast drei Jahren verschiedene Gruppen um die Vormacht kämpfen und das von der Mehrzahl seiner Bewohner verlassen wurde. Zuflucht in Libanon suchten die syrischen Palästinenser meist bei Verwandten in einem Flüchtlingslager. Weil dort der Wohnraum am erschwinglichsten ist, liessen sich aber auch viele Flüchtlinge syrischer Nationalität nieder. In den Lagern und in den Armenvierteln im Süden Beiruts drängen sich die Leute immer stärker. Im Palästinenserlager von Chatila etwa, in dem vor 2011 rund 10 000 Leute lebten, soll sich die Bevölkerung vervierfacht haben.