Quelle: Süddeutsche Zeitung
Bei Flüchtlingskrisen gibt es weltweit eingespielte Verfahren. Irena Vojáčková-Sollorano ist UN-Koordinatorin in Serbien und erstaunt, dass sie ausgerechnet in Europa nicht funktionieren.
Interview von Katharina Brunner
SZ: Seit Monaten ziehen pro Tag mehr als 5000 Menschen durch Serbien. Was würde passieren, wenn Kroatien sagt: Wir schließen wieder die Grenze. Wäre das der Super-Gau?
Irena Vojáčková-Sollorano: Ja, aber wir sind vorbereitet. Die meisten Menschen sind nur einen oder zwei Tage in Serbien. Wenn die Durchreise durch geschlossene Grenzen oder Schneestürme ins Stocken gerät, wird es schwierig. Für den Fall haben wir zwar beheizbare Zelte vorbereitet, aber bis sie alle stehen, dauert es ein paar Tage.
Im Vergleich zu Ungarn wirkt Serbien wie ein Musterland. Ist das Kalkül, um die bald startenden Beitrittsverhandlungen mit der EU nicht zu gefährden?
Nein, das glaube ich nicht. Die Serben sind wirklich sehr solidarisch. Alle können sich mit den Menschen identifizieren – die Erinnerungen an den Krieg in den 90ern sind noch frisch. Es gibt kaum eine Familie, in der es keine Flüchtlinge gibt. Und die Regierung tut alles, was in ihrer Macht steht, um den Flüchtlingen zu helfen – und wir als Vereinte Nationen unterstützen die Regierung. Dass sich Serbien besser an die Regeln hält als manche EU-Mitgliedsländer ist aber sicherlich kein Nachteil.
Weiterlesen »