Süddeutsche Zeitung | 26.07.2018
Der Schriftsteller Roberto Saviano prangert das Schweigen in seinem Land an und appelliert an Italiens Intellektuelle, gegen die Angriffe auf Demokratie und Bürgerrechte aufzustehen.
Gastbeitrag von Roberto Saviano
Ein Innenminister, der gegen einen Autor vor Gericht zieht? Wäre es nicht so ernst, man könnte das Ganze als düstere Posse verbuchen. Es ist aber ernst, schließlich geht es um das Leben eines Journalisten und Autors: Der italienische Innenminister Matteo Salvini hat im Juni gedroht, Roberto Saviano den Polizeischutz zu entziehen. Saviano steht seit seinem Welterfolg „Gomorrha“ aus dem Jahr 2006 auf den Todeslisten der Camorra und lebt deshalb unter ständiger Bewachung, ein Zustand, den er selbst als außerordentlich quälend beschrieben hat. Saviano bezeichnete Salvini auf dessen Drohung hin als „Minister der Unterwelt“, der die „Sprache eines Mafioso“ spreche. Kurz darauf erschien auch in dieser Zeitung (SZ vom 25. Juni) ein Interview mit Saviano. Ende voriger Woche hat Salvini nun Klage gegen Saviano eingereicht. „Ich akzeptiere jede Kritik“, erklärte er dazu auf Twitter, „aber ich erlaube niemandem zu sagen, dass ich der Mafia helfe.“ In seiner Anklageschrift zitiert er unter anderem das Interview mit der SZ. Als Reaktion auf Salvinis Anzeige hat Roberto Saviano einen Text geschrieben, in dem er Italiens Intellektuelle und Künstler aufruft, die Krise der italienischen Demokratie ernst zu nehmen und gegen die Verfechter eines autoritären Kurses Stellung zu beziehen.
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