09. März 2016 · Kommentare deaktiviert für „Balkan: Slowenien lässt keine Flüchtlinge durch, Serbien und Mazedonien folgen“ · Kategorien: Balkanroute, Mazedonien, Österreich, Serbien, Slowenien

Quelle: derStandard

Künftig dürfen Schutzsuchende nur dann einreisen, wenn sie dort Asyl beantragen wollen. Serbien und Mazedonien schließen sich an – Außenminister Kurz zeigt sich zufrieden

Ljubljana – Die Flüchtlingsroute von der Türkei Richtung Nordwesteuropa ist faktisch dicht: Slowenien hat am Dienstag angekündigt, keine Flüchtlinge mehr durchzulassen. Künftig dürften Schutzsuchende nur nach Slowenien kommen, wenn sie dort Asyl beantragen wollen oder in Einzelfällen aus humanitären Gründen, erklärte das Innenministerium. Als Reaktion kündigten Serbien und Mazedonien an, ebenso zu verfahren.

Kurz: „Meiste Tote, wenn wir in Europa offen sind“

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßt die Schließung der Balkanroute: „Wir haben monatelang darauf hingearbeitet“, so Kurz am Dienstag in der „ZiB 2“. Dass nun bei Ausweichrouten über das Mittelmeer mehr Tote zu befürchten seien, kommentierte Kurz so: „Die meisten Toten entstehen, wenn wir in Europa offen sind und dazu verleiten, dass sich immer mehr auf den Weg machen.“
Die von Slowenien und Serbien verkündeten Maßnahmen bedeuten für den Außenminister „das Ende des staatlichen Durchwinkens“. Kurz begrüßte diesen Schritt: „Ich habe im Sommer schon gesagt, dass das falsch ist.“ Dass es den meisten Migranten nur darum gehe, in Ländern wie Deutschland oder Österreich ein besseres Leben zu finden, würden die Proteste an der griechisch-mazedonischen Grenze zeigen, wo Kriegsflüchtlinge an sich in Sicherheit seien. „Sie sind bereit zu Gewalt, um vom EU-Land Griechenland in das Nicht-EU-Land Mazedonien zu kommen.“ In Griechenland würden außerdem Flüchtlingsquartiere leerstehen, weil die Menschen ohnehin nicht dort bleiben wollten.

Man müsse den Menschen aber generell den Anreiz nehmen, nach Europa aufzubrechen. Zu einem möglichen Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, das auf dem nächsten Gipfel am 17. und 18. März in Brüssel weiterdiskutiert werden soll, meinte der ÖVP-Politiker, ein Deal mit der Türkei dürfe nicht als Lösung betrachtet werden. „Er kann nur ein Element sein, Europa muss möglichst viel selbst leisten.“ Hilfe solle es vermehrt an Ort und Stelle und für die „Ärmsten der Armen“ geben. Er sein Fan von Positionen wie jener der britischen Premiers David Cameron. „Er hat gesagt, wir nehmen 20.000 Waisenkinder auf.“

Serbien folgt Slowenien

Slowenien setzte die neuen Maßnahmen um Mitternacht in Kraft. Die serbische Regierung in Belgrad teilte nach der Ankündigung Sloweniens mit, ihrerseits an den Grenzen zu Mazedonien und Bulgarien ebenso zu verfahren. Serbien könne nicht „akzeptieren, ein Aufnahmezentrum für Flüchtlinge“ zu werden. Auch Mazedonien schloss sich den Maßnahmen an.

Ende Februar hatten Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien bereits drastisch die Einreisemöglichkeiten beschränkt, indem sie Tagesobergrenzen von 580 Flüchtlingen einführten. Das an Griechenland grenzende Mazedonien ließ nur noch wenige hundert Flüchtlinge pro Tag passieren. Nach den neuen Ankündigungen ist die Balkanroute damit faktisch dicht.

EU-weite Antwort fehlt

Andere EU-Staaten wie Deutschland kritisierten nationale Alleingänge und forderten eine EU-weite Antwort auf die Flüchtlingskrise. In Griechenland bildete sich inzwischen ein Rückstau von 36.000 Flüchtlingen, die nicht mehr über die mazedonische Grenze gelassen werden.

Die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Griechenland sei von „zentraler“ Bedeutung, sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu bei einem Treffen mit seinem griechischen Kollegen Alexis Tsipras in Izmir. Die Ägäis dürfe nicht länger „ein Meer der Trauer und der Hoffnungslosigkeit sein“, fügte Davutoğlu unter Hinweis auf die zahlreichen Flüchtlinge hinzu, die beim Versuch der Überfahrt nach Griechenland ertranken. Auch Tsipras sagte, die gefährliche Überfahrt mit behelfsmäßigen Booten sei ein „Schande für unsere Kultur“.

Davutoğlu hatte zuvor mit seinem Angebot zur Rückübernahme von Flüchtlingen die Teilnehmer des EU-Gipfeltreffens in Brüssel überrascht. Während bisher der gemeinsame Kampf gegen Schlepper im Vordergrund stand, schlug Davutoğlu nun vor, alle neu eintreffenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen. Für jeden zurückgebrachten Syrer solle die EU jedoch einen Syrer auf legalem Weg aufnehmen.

In der Gipfelerklärung wird der Vorschlag „herzlich begrüßt“. Alle 28 EU-Staaten erklärten, dass sie die Eckpunkte mittragen. Dem Geschäft der Schlepper soll das Wasser abgegraben werden, da sich die gefährliche Reise über die Ägäis nicht mehr lohnen würde.
Die Türkei fordert im Gegenzug, dass der Visa-Zwang für türkische Bürger „spätestens im Juni“ entfällt. Darüber hinaus will Ankara, dass fünf neue Verhandlungskapitel in den EU-Beitrittsgesprächen „so schnell wie möglich“ eröffnet werden. Zudem erwartet die Türkei mehr Geld für die Versorgung der 2,7 Millionen syrischen Flüchtlinge im eigenen Land. Zu den zugesagten drei Milliarden Euro bis 2017 sollen für 2018 nochmals drei Milliarden Euro hinzukommen.

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