In einem Hintergrundartikel der italienischen Tageszeitung „Avvenire“ vom 15.07.2018 beleuchtet der Autor Nello Scavo ein „erstes Anzeichen eines Bruchs zwischen Regierung und Uniformen“. In den vergangenen Wochen hatten einige Offiziere der italienischen Küstenwache gegenüber der Zeitung ihren Unmut über die regierungsverordnete Einschränkung der Seenotrettung im zentralen Mittelmeer geäussert. Die Küstenwache sehe sich in ihrem Stolz und bei ihrem humanitären Auftrag auch durch das Medien-Blackout und den Medien-Sprachgebrauch verletzt. Die italienischen Medien berichten nicht mehr über die wichtigen Details der See-Operationen der letzten Wochen.
Aktueller Anlass für den wachsenden institutionellen Protest ist ein Vorfall beim blockierten Flüchtlingsschiff am vergangenen Freitag vor der italienischen Insel Linosa. Auf dem Schiff befanden sich nach Abtransport von acht geschwächten Kleinkindern und Müttern noch 442 Personen. Als sich drei Boote der italienischen Küstenwache näherten, sprangen zwei Gruppen, ca. zwei Dutzend Menschen, ins Meer, um die rettenden Boote schwimmend zu erreichen. Die Küstenwache hat sie sofort an Bord gezogen und anschließend mit dem Transfer der Bootsflüchtlinge auf die Boote der Küstenwache begonnen – ohne auf die Rettungsanweisung aus Rom zu warten. Auch ein Schiff der Guardia di Finanza hat sich beteiligt. Bei ihrer Rettungsaktion fanden sie sich durch das Statement des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella bestätigt, der kurz zu vor die eigenständige Seenotrettung durch die Küstenwache gelobt hatte.
Diese Details der Rettungsaktion haben die italienischen Massenmedien verschwiegen. Nur Radio Radicale hatte einen Hinweis geliefert. Gegenüber „Sole24Ore“ hatte zuvor am 13.07.2018 ein Admiral der Küstenwache seinen Unmut darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Regierung nur durch Twitter- und Facebook-Mitteilungen, nicht aber mit ausführlichen, begründungsstarken Dekreten Anweisungen verbreite. Die letztinstanzliche Verantwortung liege, so ließ der Admiral verlauten, bei der Capitaneria der jeweiligen Häfen.
Im selben Artikel weist der Artikel-Autor auf Fake News zum Fall „VosThalassa“ hin. Das italienische Schiff, das eine „Total“-Ölplattform vor der libyschen Küste versorgt, hatte Bootsflüchtlinge gerettet. Tagelang verbreitete die italienische Regierung Falschmeldungen über eine erfolgte oder angedrohte „Entführung“ des Schiffs durch die aufgenommenen Bootsflüchtlinge. In Wirklichkeit hatte sich sofort die italienische Marine in den Vorgang eingeschaltet und war zu einer Kommandoaktion bereit. Die Untersuchungen der Marine ergaben hingegen, dass keine Bedrohungslage oder gar Entführung vorlag.
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