25. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „EU verlängert Marinemission ‚Sophia‘ vor Libyen“ · Kategorien: Europa, Italien, Libyen, Mittelmeer · Tags:

Spiegel Online | 25.07.2017

Die EU-Marinemission „Sophia“ geht in die Verlängerung. Italien hat seine Blockade in letzter Minute aufgegeben. Der politische Streit um die Migranten auf der Mittelmeerroute geht dennoch weiter.

Von Markus Becker und Severin Weiland

Der EU-Militäreinsatz vor der Küste Libyens wird verlängert. Wie der SPIEGEL aus EU-Diplomatenkreisen erfuhr, hat nun auch Italien zugestimmt. Damit kann die Marinemission „Sophia“, die ansonsten am 31. Juli zu Ende gegangen wäre, zunächst bis Ende 2018 weitergehen. Zugleich wird die Operation ausgeweitet. So sollen die Aktivitäten der libyschen Küstenwache und Marine nach deren Ausbildung durch die EU beobachtet werden. Auch die Überwachung der Gewässer soll ausgeweitet werden; ein Ziel ist das Unterbinden illegaler Ölexporte.

Der Beschluss sollte eigentlich schon am vergangenen Montag bei einem Treffen der EU-Außenminister fallen. Italien hatte dort eine Einigung allerdings blockiert. Der Hintergrund: Von den mehr als 110.000 Menschen, die nach Zahlen des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR seit Jahresanfang über das Mittelmeer nach Europa gekommen sind, landeten über 93.000 in italienischen Häfen an. Italien fordert deshalb mehr Solidarität der EU-Partner – und wollte, so hieß es in EU-Kreisen, durch die Blockade der „Sophia“-Verlängerung Zugeständnisse erzwingen.

Neue Mittel für die eigentliche Operation erhält Italien nun zwar nicht. Dennoch wird es anderer Stelle mehr Geld geben, etwa für den seit Ende 2015 von der EU ins Leben gerufenen „Emergency Trust Fund for Africa“. In diesen Topf – an dem auch Italien beteiligt ist – will Deutschland in diesem Jahr zusätzlich drei Millionen einzahlen. Im kommenden Jahr gibt Berlin weitere zwölf Millionen für ein bislang noch nicht gänzlich umrissenes Projekt zum Schutz der libyschen Küste. Dies erfuhr der SPIEGEL aus Regierungskreisen in Berlin.

Angedacht ist auch die Einrichtung eines Lagezentrums in Libyen. Derzeit gibt es dort wegen des Bürgerkriegs keinen effektiven Grenzschutz, die Ausbildung libyscher Grenzschützer begann allerdings schon in diesem Frühjahr.

„Sophia“ ist allerdings auch umstritten, und nicht nur in Italien. Denn während das eigentliche Ziel die Bekämpfung von Schleppern vor der libyschen Küste ist, nehmen die Militärschiffe auch zahlreiche Migranten auf. Nach Ansicht von Kritikern lockt das zusätzliche Migranten an, was wiederum das Geschäft der Schlepper befördere.

Der belgische Außenminister Didier Reynders forderte deshalb, dass die „Sophia“-Schiffe künftig auch in libyschen Gewässern gegen die Schlepper vorgehen. Dafür aber wäre eine Genehmigung der libyschen Regierung notwendig – doch eine solche gibt es in dem Bürgerkriegsland bisher nur in Ansätzen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte es gar zum „obersten Ziel“, keine EU-Präsenz in libyschen Hoheitsgewässern zu haben.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz wiederum verlangt, dass die „Sophia“-Schiffe gerettete Migranten nicht mehr auf das italienische Festland bringen. Die Regierung in Wien hat bereits mehrfach mit Grenzkontrollen am Brenner gedroht. Andere, darunter Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, warnen davor, Migranten nach Libyen zurückzubringen, solange sich die Zustände in den dortigen Lagern nicht verbesserten.

Schulz hält Lage in Italien für „hochbrisant“

In Deutschland rückte die Lage der Flüchtlinge durch die jüngsten Äußerungen von Martin Schulz wieder in den Fokus. Der SPD-Kanzlerkandidat nannte die Lage in Italien „hochbrisant“ und warnte vor einer Wiederholung der Flüchtlingskrise vom Sommer 2015. CDU und CSU halten Schulz dagegen vor, das Thema wegen der schlechten Umfragewerte der SPD aufzugreifen.

Im CDU-geführten Bundesinnenministerium ist man zudem darum bemüht, die Zahl von mehr als 90.000 Migranten, die im ersten Halbjahr in Italien ankamen, zu relativieren. In etwa die gleiche Zahl hätte im ersten Halbjahr 2017 auch Deutschland erreicht, heißt es. Im Sommer 2015 sei diese Zahl in Deutschland „zeitweise in einer Woche oder mehr erreicht“ worden, heißt es.

Noch diese Woche wird Schulz sich in Italien über die Lage informieren. Am Donnerstag reist der SPD-Kanzlerkandidat nach Rom und spricht dort mit dem italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni. Anschließend will er weiter nach Catania auf Sizilien – und ein Camp für Flüchtlinge besuchen.

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European Council | 25.07.2017

EUNAVFOR MED Operation Sophia: mandate extended until 31 December 2018

On 25 July 2017, the Council extended the mandate of the EUNAVFOR MED Operation Sophia until 31 December 2018. EUNAVFOR MED Operation Sophia is the EU naval operation disrupting the business model of migrant smugglers and human traffickers in the Southern Central Mediterranean. The operation has two supporting tasks: training the Libyan Coastguard and Navy and contributing to the implementation of the UN arms embargo on the high seas off the coast of Libya in accordance with UNSCR 2292 (2016) and 2357 (2017).

The Council also amended the operation’s mandate to:

  • set up a monitoring mechanism of trainees to ensure the long-term efficiency of the training of the Libyan Coastguard;
  • conduct new surveillance activities and gather information on illegal trafficking of oil exports from Libya in accordance with UNSCR 2146 (2014) and 2362 (2017);
  • enhance the possibilities for sharing information on human trafficking with member states‘ law enforcement agencies, FRONTEX and EUROPOL.

„Two years ago, the European Union’s member states decided unanimously to tackle together one of the most despicable crimes of our times – the trafficking of human beings – by establishing EUNAVFOR Med – Operation Sophia. Many suspected smugglers have been apprehended and many lives saved in the Mediterranean Sea, and since last year our women and men serving under the European flag have been also training the Libyan Coastguard and enforcing the arms embargo on the high seas off the coasts of Libya. Today, I’m particularly proud to announce that the mandate of Operation Sophia has been unanimously renewed and again with additional tasks“, said Federica Mogherini, High Representative of the Union for Foreign Affairs and Security Policy. „As a matter of priority, we will start in the coming days the revision of the operational plan in order to include the new tasks, such as the mechanism for monitoring the Libyan Coastguard and Navy activities post training, and to strengthen the effectiveness of the mission and the shared responsibility among member states“, she added.

Background

EUNAVFOR MED Operation Sophia was launched on 22 June 2015, as part of the EU’s comprehensive approach to help better manage irregular migration and disrupt traffickers and smugglers‘ networks.

The operation entered its active phase in October 2015 enabling the identification, capture and disposal of vessels used or suspected of being used by migrant smugglers or traffickers. Since then, the operation has contributed to the arrest and transfer to the Italian authorities of 110 suspected smugglers and traffickers, and has neutralised 470 vessels. In addition, the operation has helped rescue close to 40 000 lives.

The Council added the two supporting tasks to the operation’s mandate on 20 June 2016. Since then, the operation has trained 136 Libyan Coastguard and Navy personnel. It has also hailed over  650 ships, carried out 51 friendly approaches, 7 flag enquiries and 3 inspections within the framework of its contribution to the implementation of the UN arms embargo on the high seas off the coast of Libya.

EUNAVFOR MED’s Operation Commander is Rear Admiral Credendino, from Italy. The headquarters of the mission are located in Rome.

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