08. Mai 2016 · Kommentare deaktiviert für Juncker: Abriegelung am Brenner wäre eine „politische Katastrophe“ · Kategorien: Deutschland, Italien, Österreich

Quelle: Telepolis

Österreich stellt sich bei der Grenzpolitik erneut gegen die EU-Kommission

von Thomas Pany

Der Brenner-Pass ist Anlass für die Fortsetzung des Machtkampfes der EU-Spitze mit Österreichs Regierung. Nur für den Notfall habe man Vorbereitungen getroffen, nur wenn der Andrang von Flüchtlingen an der italienisch-österreichischen Grenze nicht anders zu bewältigen sei, würde man den Zaun einhängen, heißt es von österreichischer Seite. Der neue Innenminister Sobotka (ÖVP) betonte, es gehe nicht um eine Grenzschließung, sondern um Grenzkontrollen. Er sei kein Freund von Grenzen.

Ähnliches sagte EU-Kommissionspräsident Juncker dem italienischen Sender RAI 1: „Ich mag die Idee von Brenner-Kontrollen nicht.“

Doch setzte er seinem Widerstand gegen den Beschluss Österreichs gegenüber anderen Medien noch Schärfe zu: Eine Schließung des Brenner-Passes würde „schweren Schaden für ganz Europa anrichten. Eine derartige Maßnahme, um Flüchtlinge abzuhalten, wäre „eine politische Katastrophe“.

Auffällig ist bei diesem Streit einmal mehr, dass verschärfte Kontrollen, Abriegelung und Schließung munter durcheinander gemischt werden und die jeweiligen Begriffe dann je zur Beschwichtigung oder zur Verschärfung des Disputes herausgeholt werden. Das andere Phänomen: Es besteht derzeit keine angespannte Situation am Brenner, von den zum Teil harschen Auseinandersetzungen am Brenner Grenzübergang zwischen Demonstranten und Polizisten („Tag des Kampfes“) abgesehen.

Die Aufregung schaukelt sich, wie schon bei der Schließung der Balkanroute, an Sondermaßnahmen der österreichischen Regierung hoch. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche zwar für Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen die Fortsetzung ihrer Grenzkontrollen im Schengenraum für weitere sechs Monate genehmigt, aber ausdrücklich den Grenzübergang am Brenner davon ausgenommen.

Die Kontrollen am Brenner müssten bei der EU-Kommission extra angemeldet werden und würden auf ihre Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit überprüft, wird die EU-Kommission zitiert.

Die Wiener Regierung sehe darin aber „keinen Hindernisgrund, neue Maßnahmen (an der Grenze zu Italien) bei geänderter Lage einzuführen“, berichtet der Standard mit Bezug auf eine Regierungssprecherin.

Demgegenüber machte der italienische Ministerpräsident Renzi seinen Standpunkt deutlich. Dass Grenzen geschlossen werden müssen, sei sogar bei einem Notstand falsch. Allerdings kämen gegenwärtig weniger Flüchtlinge an den italienischen Grenzen an als 2014 und „nur kaum mehr als im vergangenen Jahr“.

Merkel stellte sich ganz auf die Seite des italienischen Regierungschefs. Gemeinsam kritisierten Merkel und Renzi „recht deutlich den Kurs Österreichs“, berichtet die Tagesschau. Ob das bei einem tatsächlichen Andrang von Flüchtlingen auf der Italienroute auch noch so der Fall ist, müsste sich erst zeigen. Der deutsche Innenminister de Maizière bekundete kürzlich deutliches Einverständnis für die österreichische Grenzpolitik auf der Balkanroute.

Kommentare geschlossen.