20. April 2015 · Kommentare deaktiviert für Mittelmeer, Massensterben: Reedereien u. Gewerkschaft an Bundeskanzleramt · Kategorien: Alarm Phone, Italien, Libyen · Tags: , ,

Alfred Hartmann, Präsident
Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied

Verband Deutscher Reeder
Burchardstr. 24, 20095 Hamburg

17. April 2015

Sehr geehrter Herr Bundesminister, lieber Herr Altmaier,

Sie wissen, dass die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer ein dramatisches Ausmaß angenommen hat. Wir wenden uns heute in großer Sorge um unsere Seeleute an Sie. Viele unserer Seeleute stoßen bei der Rettung von tausenden notleidenden Menschen, die auf der Flucht in Seenot kommen, an ihre körperlichen und psychischen Grenzen. Allein am vergangenen Wochenende sind über 1800 Personen auch von deutschen Handelsschiffen aus Seenot gerettet worden. Das ist die positive Zahl. Zugleich sterben aber häufig vor den Augen der Besatzungen Dutzende Menschen, weil es auf Handelsschiffen nur unzureichende Rettungsmöglichkeiten geben kann.

Die gesamte Handelsschifffahrt im Mittelmeer ist von dieser Katastrophe betroffen. Darauf haben sowohl unser europäischer wie unser internationaler  Reederverband in Schreiben an die Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gemeinsam mit den internationalen Gewerkschaften hingewiesen. Das Schreiben an Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel haben wir nochmals beigefügt.
Die Berichte, die uns aus Mitgliedsunternehmen über die Situation in dem betroffenen Seegebiet erreichen, werden immer drastischer. Die Lage wird sich jetzt, wenn das bessere Wetter die Flucht scheinbar erleichtert, noch erheblich verschlimmern. Selbst wenn es gelingt, ertrinkende Männer, Frauen und Kinder aus dem Wasser zu holen und vor dem Ertrinken zu retten, sterben viele durch Entkräftung und Unterkühlung an Bord – vor den Augen der Besatzungen. Die für die Lebensrettung in
solchen Lagen erforderlichen Mittel können angesichts der Vielzahl der Opfer meist nicht zur Verfügung stehen. Selbstverständlich kommen unsere Besatzungen der nicht alleine rechtlich gebotenen, sondern in der Handelsschifffahrt und bei den Seeleuten tief verankerten Pflicht zur Rettung aus Seenot mit allen zur Verfügung stehenden Kräften nach. Aber, so der Bericht eines betroffenen Unternehmens: „Unsere Besatzungen sehen die Menschen sterben; sie ertrinken vor unseren Augen oder erfrieren an Bord. Viele der Seeleute sind am Ende ihrer Kraft und suchen sich einen anderen Job.“

Sehr geehrter Herr Bundesminister,
angesichts dieser Lage werden Sie verstehen, dass wir den Appell unserer internationalen Verbände und Gewerkschaften Ihnen und der ganzen Bundesregierung gegenüber mit Nachdruck bekräftigen und dringend bitten, mit der europäischen Staatengemeinschaft zusammen die staatlichen Rettungsmittel deutlich zu verstärken, unsere Besatzungen beispielsweise durch mobile medizinische Einsatzkräfte aus der Luft zu unterstützen und schnellstmöglich Lösungen zu finden, um dem Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer Herr zu werden.
Wir werden weiter das in unseren Kräften Stehende tun, um zu helfen, wo immer wir helfen können. Selbstverständlich bringen wir uns als Verband mit unseren Unternehmen auch bei der Suche nach einer Verbesserung der Rettungsmöglichkeiten ein. Aber es bedarf darüber hinaus einer großen Kraftanstrengung Deutschlands und der anderen europäischen Staaten.

Mit freundlichem Gruß

Alfred Hartmann, Präsident

Ralf Nagel, Senator a.D., Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied

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