Quelle: Bild Video-Reportage
Bulgarische Schlägertrupps jagen Flüchtlinge
Von PAUL RONZHEIMER und ANDREAS THELEN (Fotos)
Sofia – Die bulgarischen Flüchtlingsjäger sehen auf den ersten Blick aus wie die russischen „grünen Männchen“, die vor zwei Jahren die Krim überfielen. Yuri (32), Iwan (28) und Dano (34) tragen Tarnanzüge, Masken und Kampfstiefel. Sie laufen „Streife“ im Strandscha-Gebirge an der bulgarisch-türkischen Grenze.
Sie suchen „Invasoren“ – Flüchtlinge nennen sie die Menschen nie.
Yuri schlägt Äste zur Seite und sagt wütend: „Wir verteidigen uns gegen die Invasoren, die Deutschland eingeladen hat. Alle, die wir fassen können, schicken wir zurück in die Türkei.“ Dann flüstert er ins Funkgerät: „Hier keine Invasoren zu sehen!“
Die Männer, die wir begleiten, gehören zu einer „Bürgerwehr“ an der bulgarisch-türkischen Grenze. Nachdem die Seeroute von der Türkei nach Griechenland kaum noch genutzt wird, ist der Weg durch Bulgarien beliebter geworden.
Da die Grenze 260 Kilometer lang ist, aber nur zur Hälfte mit Zäunen gesichert, haben Schlepper und Flüchtlinge relativ leichtes Spiel. An manchen Tagen kommen so mehrere Hundert Menschen ins Land, die meisten wollen weiter nach Deutschland.
In Bulgarien sind es nicht nur Rechtsradikale, die sich Bürgerwehren angeschlossen haben. Menschenrechtsorganisationen sprechen von Hunderten, die regelmäßig Jagd auf Flüchtlinge machen. Manche kommen täglich nach der Arbeit, andere nur am Wochenende. Iwan sagt: „Für uns ist das auch ein Sport in den Bergen und gleichzeitig verteidigen wir unser Mutterland. Wir verteidigen unsere Familien.“ Sein Messer trägt er immer griffbereit.
Wenn sie bei ihren Patrouillengängen auf Flüchtlinge treffen, halten sie Pfefferspray und Schlagstöcke bereit. Yuri: „Wenn wir angegriffen werden, müssen wir uns schließlich verteidigen.“
Mit der bulgarischen Grenzpolizei arbeiten sie Hand in Hand. Als wir im Wald Polizisten treffen, begrüßen die Beamten die Maskenmänner freundlich, erkundigen sich, ob sie etwas beobachtet haben. Yuri: „Die Polizisten sind auf unserer Seite, dürfen das aber nicht sagen.“
Wie brutal es zugeht, wenn die Bürgerwehren Flüchtlinge aufgreifen, ist auf mehreren Videos zu sehen. Gefesselte und verängstigte Menschen liegen auf dem Boden, werden immer wieder angebrüllt: „Zurück in die Türkei! Sofort!“
Entweder bringen die Bürgerwehren sie dann selbst über die Grenze oder die Flüchtlinge werden der Polizei übergeben, die das erledigt.
Die aggressiven Methoden der Bürgerwehren werden nicht nur von Teilen der Bevölkerung begrüßt, sondern wurden lange Zeit auch von der Politik geduldet.
Premier Boiko Borrisow sagte noch Anfang des Jahres: „Jede Hilfe für die Polizei, die Grenzpolizei und den Staat ist willkommen (…)“ Erst nachdem immer mehr brutale Videos im Internet gezeigt wurden, Menschenrechtsorganisationen empört waren, ermittelt jetzt die bulgarische Staatsanwaltschaft zumindest gegen eines der Mitglieder. Aber die anderen machen weiter.
Yuri, Iwan und Dano haben keine Angst vor Ermittlungen: „Die Bürgerwehren gehören zu Bulgarien!“
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siehe auch: Berlin Journal
Balkanroute: Mit Macheten jagen bulgarische Bürgerwehren illegale Flüchtlinge
Eigentlich soll ja die Balkanroute dicht sein. Aber die Grenze zwischen der Türkei und Bulgarien ist 260 Kilometer lang und nur zur Hälfte mit hohen Zäunen gesichert. Da haben Schlepper und Flüchtlinge immer noch relativ leichtes Spiel. Nach inoffiziellen Angaben sollen bis zu 800 Menschen pro Nacht illegal allein aus der Türkei nach Bulgarien kommen, meldete der Deutschlandfunk. Die meisten wollen weiter nach Deutschland.
Inzwischen haben sich bulgarische Bürgerwehren bebildet, die die Flüchtlinge jagen, schlagen, fesseln und in die Türkei zurückschaffen.
Der bulgarische Schrotthändler Dinko Walew (29) war einer der ersten Flüchtlingsjäger, heute sind es ein paar Hundert. Walew machte vor ein paar Wochen als erster in den Wäldern von Jamol Jagd auf Flüchtlinge.
Der 29-jahrige Schrotthändler griff, unter großem Beifall der bulgarischen Medien, Flüchtlinge in den Wäldern nahe seiner Heimatstadt Jambol im Süden des Landes auf. Mit einem Motorrad auf vier Räder raste er durch die Wälder, mittlerweile hat er Helfer und zwei ausgediente Panzerwagen. Sein Statement zu Flüchtlingen: „Diese Leute, die illegal nach Bulgarien und in die EU kommen, haben hier nichts zu suchen. Sie sind gefährlich für die Gesellschaft. Sie bringen Menschen um. Es ist eine Tatsche. Bomben in Belgien, in Frankreich, Ankara und anderswo. Ich kann nicht verstehen, warum die Regierungen sie aus Europa nicht wegschicken. Das sind böse Menschen, sie haben hier nichts zu suchen.“
Ein anderer Trupp läuft in grünen Tarnanzügen und bewaffnet mit Pfefferspray, Macheten, Schlagstöcken und Kabelbindern im Strandscha-Gebirge an der bulgarisch-türkischen Grenze Streife. Sie suchen „Invasoren“ – Flüchtlinge nennen sie die Menschen nie.
Einer von ihnen ist Yuri (32). Während er Äste zur Seite schlug, sagte er wütend den BILD-Reportern Paul Ronzheimer und Andreas Thelen: „Wir verteidigen uns gegen die Invasoren, die Deutschland eingeladen hat. Alle, die wir fassen können, schicken wir zurück in die Türkei.“ Dann flüstert er ins Funkgerät: „Hier keine Invasoren zu sehen!“
In Bulgarien sind es nicht nur Rechtsradikale, die sich Bürgerwehren angeschlossen haben.
Menschenrechtsorganisationen sprechen von Hunderten, die regelmäßig Jagd auf Flüchtlinge machen. Manche kommen täglich nach der Arbeit, andere nur am Wochenende. Iwan (28) sagte: „Für uns ist das auch ein Sport in den Bergen und gleichzeitig verteidigen wir unser Mutterland. Wir verteidigen unsere Familien.“ Sein Messer trägt er immer griffbereit.
Mit der bulgarischen Grenzpolizei arbeiten sie Hand in Hand. Als sie im Wald Polizisten trafen, begrüßten die Beamten die maskierten Männer freundlich, erkundigen sich, ob sie etwas beobachtet haben. Yuri: „Die Polizisten sind auf unserer Seite, dürfen das aber nicht sagen.“
Wie brutal es zugeht, wenn die Bürgerwehren Flüchtlinge aufgreifen, ist auf mehreren Videos zu sehen. Gefesselte und verängstigte Menschen liegen auf dem Boden, werden immer wieder angebrüllt: „Zurück in die Türkei! Sofort!“
Vom bulgarischen Premier Boiko Borissow kam bisher Lob dafür: „Jede Hilfe für die Polizei, die Grenzpolizei und den Staat, ist willkommen. Man darf nur seine Befugnisse und das Gesetz nicht überschreiten. Der Staat gehört uns allen. Jeder, der hilft, verdient ein Dankeschön.“
Doch nachdem ein besonders brutales Video, bei dem Flüchtlinge mit Rucksäcken auf dem Rücken, mit Kabelbindern gefesselt und mit dem Gesicht auf den Boden gedrückt angeschrien wurden, im Netz veröffentlicht wurde, hat sich die Stimmung etwas geändert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, und der Anführer eine der selbst ernannten Flüchtlingshelfer wurde festgenommen.
Gegen Premier Borissow hat das Helsinki-Komitee Bulgariens geklagt, wegen Unterstützung der sogenannten Flüchtlingsjäger. Die bulgarische Grenzpolizei sei in der Lage, die Grenze allein zu schützen, meint, Krassimir Kanew vom Helsinki-Komitee.
Doch davon lassen sich die Bürgerwehren nicht aufhalten, so lange die Flüchtlinge weiter täglich illegal über die Grenze kommen.