Ines Kappert
[…] Nur das aber würde die Menschen retten: Die Möglichkeit, auf hochseetauglichen Fähren nach Europa zu kommen, um dort einen Asylantrag zu stellen, der tatsächlich darauf geprüft wird, ob es sich um besonders schutzbedürftige Menschen handelt oder nicht. Und nicht abgelehnt wird, weil das „Kontingent schon voll“ ist. Humanitäre Fähren kämen auch billiger als die punktuellen Rettungsaktionen von Frontex. Aber sie schrecken nicht ab. Weshalb sie für die gegenwärtigen Politik-Chefs keine Option darstellen.
Als der Chef von Frontex, Klaus Rösler, diese Woche aus Warschau anreiste, um Berliner SchülerInnen über die Arbeit der Agentur aufzuklären, stellte er schmallippig fest, er sehe nicht ein, warum ausgerechnet seine Agentur vor der Küste Libyens Menschen aus dem Wasser fischen sollte. Das sollten wenn, doch bitte andere tun. Denn sein Auftrag lautet, Grenzen zu schützen, nicht Menschen zu retten. Frontex berät die EU-Regierungen in Sachen EU-Außengrenzen. Er fügte hinzu: So nah an die Libysche Küste zu fahren, wäre auch zu gefährlich.
Doch auf dem Höhepunkt der Kämpfe in Libyen 2011 wurden mit humanitären Fähren tausende gestrandete Menschen von Misrata bis Bengazi gerettet. Obwohl die Schiffe mit Granaten beschossen wurden und Seeminen ausweichen mussten. Damals gab es den politischen Willen. Gegenwärtig fehlt er. Den Preis für den massiven Rechtsruck in Europa bezahlen die Menschen, die wissen, dass die Chance, die Passage nach Europa zu überleben, klein ist. Und doch gehen sie das Risiko ein, denn sie haben keine Wahl.
Solidarisch legten sich hunderte Menschen unter Leinentücher in Einkaufszonen und auch vors Kanzleramt. Umsonst. Aber noch ist die Messe nicht gelesen. […]“