07. April 2015 · Kommentare deaktiviert für AntiRa-Kompass: Newsletter Nr. 38, April 2015 · Kategorien: Deutschland

Newsletter Nr. 38

Ab 8.4.: Internationaler Aktionstag der Roma +++ 10.4. – 18.4.: Aktionswoche gegen Asylgesetzverschärfung +++ 16.4. in Wittenberg: Infotour der von Inhaftierung bedrohten Flüchtlingsaktivisten aus Schwäbisch Gmünd +++ Ab 18.4.: Bustour of Refugees vom O-Platz +++ Stoppt die Räumung der Geflüchteten der Gerhart-Hauptmann-Schule +++ Frankfurt, Erfurt, Hildesheim, Merseburg und immer wieder Osnabrück: Abschiebeverhinderungen überall +++ Rückblick: Kämpfe gegen Abschiebehaft in UK und Griechenland, Blockupy 18Null3 +++ Ausblicke: Sea Watch vor dem Start; BuKo und G7-Tour im Mai; Recht auf globale Bewegungsfreiheit: vom WSF in Tunis bis zu Aktionstagen im Juni …

Liebe Freundinnen und Freunde!

„Liberte de Circulation“, das Recht auf globale Bewegungsfreiheit, war nicht zufällig das zentrale Thema in den migrationsbezogenen Workshops und Versammlungen des Weltsozialforums Ende März in Tunis. Ob und wie weit sich der dort verabschiedete Vorschlag, ab sofort jeweils für Mitte Juni zu einer transnationalen Aktionswoche für Bewegungsfreiheit aufzurufen, praktisch um- und durchsetzen lässt, mag zunächst zweitrangig bleiben. Wichtiger erscheint, dass sich damit selbst in der Agenda großer NGOs politisch wiederspiegelt, was sozial und alltäglich die Situation längst bestimmt: der anhaltende und erfolgreiche Kampf gegen die äußeren und inneren Grenzen der EU. Die aktuellen Ankunftszahlen (März 2015) sind sowohl im zentralen Mittelmeer wie auch in der Ägäis im Vergleich zum Vorjahr nochmal gestiegen. Frontex steht mit dem Rücken zur Wand, dem Grenzregime steht ein wahrlich „heißer“ Sommer bevor. Und gleichzeitig gehen im Innern der EU die Proteste gegen Haft, Lager und Abschiebungen weiter, dazu unten einige – auch internationale – Berichte sowie neue Aufrufe und Termine, die sich in Deutschland insbesondere gegen die geplanten Asylgesetzverschärfungen richten.

Wie vor einigen Monaten in unserem Newsletter bereits selbstkritisch bemängelt, hätte angesichts der Vielfalt antirassistischer Initiativen die Kampagne gegen „das Schärfste und Schäbigste, was einem deutschen Ministerium seit langem eingefallen ist“ (Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung) sehr viel stärker ausfallen können und müssen. Doch eine übergreifende Koordination fehlt(e), und es steht zu befürchten, dass dieses neue Machwerk der Inhaftierung und Ausgrenzung nun im Mai vom Bundestag ohne öffentlich erkennbaren Widerstand verabschiedet wird. Insofern hier nochmal die Aufforderung zur kreativen Teilnahme an den Aktionstagen jetzt im April.

Geradezu beispielhaft entwickelt sich hingegen der Widerstand gegen einen anderen Pfeiler des Grenzregime. Bundesweit hat sich mittlerweile die Praxis kollektiver Abschiebeverhinderung verbreitet. Von Osnabrück über Frankfurt, Erfurt, Hildesheim bis Merseburg: wenn die Polizei Flüchtlinge am frühen Morgen in den Wohnheimen vorangekündigt abholen will, stellen sich Dutzende bis Hunderte Menschen quer und bilden – im wahrsten Sinne des Wortes – eine Wand der Solidarität gegen das tägliche Unrecht der Abschiebung. Weiter so!
Euer Kompass-AntiRa-Team

Termine im April 2015

Vom 8. bis zum 10. April 2015: Internationaler Tag der Roma
„Unser bundesweites Bündnis aus Roma Selbstorganisationen, die sich im Bundes Roma Verband zusammengeschlossen haben, fordern ein Ende der Diskriminierung von Roma, Bleiberecht für alle und eine würdevolle Erinnerungs- und Gedenkpolitik. Deswegen wird es diverse Veranstaltungen vom 8. bis 10. April geben. Dazu siehe mehr unter: http://bundesromaverband.de/romaday-8-april-2015-berlin/
sowie für Frankfurt/Main unter:
http://www.foerdervereinroma.de/archiv/2015/20150401.htm

10.4. – 18.4.: Aktionswoche gegen Asylgesetzverschärfung
Die Bundesregierung arbeitet an einer erneuten Verschlechterung der Asyl- und Aufenthaltsgesetze. In Zukunft sollen Staatsangestellte zunehmend nach eigenem Ermessen Geflüchtete ins Gefängnis sperren können; es soll mehr Menschen über längere Zeiträume verboten werden Deutschland zu betreten, die politische Arbeit von Geflüchteten in Deutschland soll kriminalisiert werden. Eine ausführlichere Beschreibung und den Gesetzesentwurf findet Ihr hier: http://stopasyllaw.blogsport.eu/
Das Bündnis für bedingungsloses Bleiberecht hat einen Aufruf gegen die weitere Zerstörung des Grundrechts auf Asyl vorbereitet und ruft zu einer Aktionswoche auf. Bisher gibt es in Berlin folgende Termine:

  • 09.04. Solikonzert mit Anti-Flag im SO36 (Oranienstraße 190, 10999 Berlin)
  • 15.04. Podiumsdiskussion im Heimathafen Neukölln
  • 18.04. grosse Kundgebung am Oplatz mit Konzert
  • 24.04. 2. Lesung des Gesetzesentwurfs im Bundestag und Schülerstreik-Demo (11 Uhr Alex/Rotes Rathaus).

Weitere Infos zur Kampagne auch hier: http://migrationsgesetze.info/

16.4.: Wittenberg
Im Rahmen der seit März laufenden Infotour der Flüchtlingsaktivisten aus Schwäbisch Gmünd: Kundgebung der Flüchtlinge in Lutherstadt Wittenberg auf dem Marktplatz ab 14 Uhr mit den Flüchtlingsaktivisten aus Schwäbisch Gmünd, die von Inhaftierung bedroht sind.
Siehe http://www.thevoiceforum.org/node/3894

Voraussichtlich vom 18.4. bis 11.5.: Refugee Bustour aus Berlin
Relativ kurzfristig ist eine neue Refugee Bustour durch möglichst alle Bundesländer in Planung. Gesucht wird insbesondere Kontakt zu selbstorganisierten Gruppen von Refugees, aber auch zu antirassistischen Initiativen, die an einem Austausch über die Erfahrungen der letzten Jahre und neue gemeinsame Strategien interessiert sind…
Kontakt:
bustour@riseup.net
Tel.: 01521 4451277
www.oplatz.net

Stoppt die Räumung der Geflüchteten der Gerhart-Hauptmann-Schule
Die Bewohner_innen der Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg widersetzen sich weiterhin der ständigen Polizeirepression und der einen Monat vorher gesendeten Räumungsankündigung für den 19.3. durch die grünregierte Bezirksverwaltung. Nach Ablauf des willkürlich gesetzten Ultimatums gibt es Anlass zu der Hoffnung, dass der Bezirk mit seinem Vorgehen nicht durchkommt. Mittlerweile haben 27 der Bewohner_innen mit Verweis auf das im Sommer ausgehandelte Übereinkommen gegen die Räumungsanordnung geklagt. Diese Verfahren sind noch immer anhängig und müssen nun vom Berliner Verwaltungsgericht entschieden werden. Deshalb soll, wie der Bezirk in einer Pressemitteilung schreibt, bis zu einem Gerichtsurteil, das, so Staatsanwaltschaft, frühestens nach Ostern zu erwarten ist, keine Räumung erfolgen. Dennoch werden jegliche Solidaritätsbekundungen im Umfeld der Ohlauer Straße überwacht, das Gebiet als „kriminalitätsbelastet“ eingestuft und versucht, die Bewohner_innen der Schule durch Hausdurchsuchungen und Verhaftungen einzuschüchtern.
Infos zum derzeitigen Stand und der Räumungsandrohung:
http://oplatz.net/2015/03/18/district-implements-more-police-repression-in-ohlauerstr/

März-Rückblick I.: Abschiebeverhinderungen überall!

Frankfurt am 9.3.:
Sand im rassistischen (Alltags-)Getriebe – Einige Nachgedanken zur verhinderten Abschiebung in Frankfurt am 09.03.
https://linksunten.indymedia.org/de/node/138802

Erfurt am 10.3.:
140 Menschen verhindern in Erfurt erneut Abschiebung
10. März 2015 in Allgemein |
In der Nacht zum Dienstag verhinderten 140 Menschen erneut eine Abschiebung: die des 23-jährigen Abraham nach Italien. Spontan gruppierten sich jene vor der Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende in der Stauffenbergallee 25, Erfurt. Der Mann aus Eritrea sollte sich dort nach Aufforderung der Ausländerbehörde Erfurt 24 Stunden bereit halten, um von uniformierten Polizeikräften der Thüringer Landespolizei abgeholt und nach Italien deportiert zu werden.
http://breakdeportation.blogsport.de/2015/03/10/140-menschen-verhindern-in-erfurt-erneut-abschiebung-23-jaehriger-eritreer-wird-nicht-nach-italien-abgeschoben/

Hildesheim am 23.3.:
Kein Durchkommen: Rund 100 Aktivisten haben die Abschiebung eines 22-jährigen Mannes verhindert. Sie stellten sich von 5 Uhr an dicht an dicht ins Treppenhaus sowie vor die Haustür in der Jan-Pallach-Straße in der Innenstadt. Die Polizei musste unverrichteter Dinge wieder umkehren.
http://www.hildesheimer-allgemeine.de/news/article/gruppe-verhindert-abschiebung-am-fruehen-morgen.html

Merseburg am 27.3.:
In Merseburg haben Aktivist*innen am Montag Morgen eine Abschiebung verhindert. Etwa 70 Personen haben am Montag Morgen vor einem Gebäude in der König-Heinrich Straße gegen die Abschiebung einer siebenköpfigen Familie protestiert. … Die Familie, die ursprünglich aus Tschetschenien stamme, hätte am Montag Morgen um sechs Uhr nach Polen abgeschoben werden sollen. Dies ist durch die Unterstützung der Protestierenden verhindert worden. Die Polizei hatte sich laut Angaben der Sprecherin aber immer wieder vor dem Haus positioniert. … Die Aktivist*innen erklärten, dass sie zur Not auch mehrere Tage vor dem Haus verweilen würden, um die Abschiebung der Familie zu verhindern.
http://www.mz-web.de/merseburg-querfurt/protestaktion-in-merseburg-aktivisten-wollen-abschiebung-einer-familie-aus-tschetschenien-verhindern,20641044,30204372.html

Und immer wieder Osnabrück: 31 verhinderte Abschiebungen!
Am 11.03.2015 jährte sich der Osnabrücker Protest gegen lokale Abschiebungen. Vor genau einem Jahr wurde die erste Abschiebung aus Osnabrück durch ca. 60 solidarische Menschen, die den Eingang des Wohnheims für Geflüchtete An der Petersburg blockierten, verhindert. Ein Jahr später sind es nun bereits 31 verhinderte Abschiebungen!
Weiterlesen hier:
http://nolageros.blogsport.eu/

März-Rückblick II.: Hungerstreiks und Proteste gegen Abschiebehaft und Internierung in Großbritannien und Griechenland im März

Since Mid March: Wave of resistance in UK detention centres
As you may have heard, hunger strikes and occupations have been happening in 7 of the UK detention centres for a week now. Hundreds have been refusing food and protesting in the centres.
People are speaking out through a blog –
Detained Voices https://detainedvoices.wordpress.com/ – and Standoff Films https://www.facebook.com/standoffilms).
This is the biggest uprising against the detention system in the UK for many years. The protests come after a major news channel released secret footage from inside these racist prisons.
More informations here:
http://rabble.org.uk/hunger-strikes-spread-to-8-detention-centres/

Since March 23 in Greece: Immigrants held in Paranesti detention center are on hunger strike
More than 290 undocumented immigrants (amongst them 80 minors) are detained in Paranesti. They lack medical care. On Sunday March 29, a solidarity action took place outside Paranesti detention center.
https://clandestinenglish.wordpress.com/2015/03/31/solidarity-action-outside-paranesti-detention-center/
Acts of solidarity are organized by Thessaloniki No Lager assembly http://nolagerthess.espivblogs.net/
Destroy immigrants’ concentration camps!
Free all detained immigrants now!

https://clandestinenglish.wordpress.com/2015/03/31/solidarity-to-paranesti-detention-center-immigrants-hunger-strike/

März-Rückblick III: Blockupy 18Null3

Brennende Barrikaden, Blockaden und eine Großdemonstration mit mehr als 20.000 Teilnehmer*innen begleiteten die Eröffnung der Europäischen Zentralbank am 18. März in Frankfurt. Nach wochenlangen Vorbereitungen haben mehrere tausend Menschen aus dem In- und Ausland die friedlichen Blockupy-Blockaden gut organisiert direkt vor den Absperrungen durchgeführt. Schon Tage zuvor hatte die Polizei begonnen, das Gebiet rund um die beiden Türme der EZB abzuriegeln. Mit der Entschlossenheit, mit der zahlreiche Militante dann bereits ab 6 Uhr morgens den Zugang zur Einweihungsparty auf ihre Weise verhindern wollten, hatte sie offenbar nicht gerechnet. Die Rauchschwaden über Frankfurt und die gewalttätigen Auseinandersetzungen prägten weltweit die Berichterstattung. Die Botschaft von Frankfurt hat die von der Krisenpolitik der EZB betroffenen Menschen in Athen, Lissabon oder Madrid erreicht – wie sie sie interpretieren, wird sich noch zeigen.

Ein Fotonachschlag unter:
http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/blockupy_frankfurt_2015.html

Ausblicke Mai und Juni

Sea Watch will ab Ende Mai im zentralen Mittlemeer kreuzen…
Am 27.3. fand in Hamburg die Bootstaufe statt: Stefan Schmidt, Skipper der Cap Anamur, hielt ein Grußwort und AktivistInnen des Watch The Med AlarmPhones überreichten ein Thuraya Satelittentelefon. Genau diese Telefone werden von Boatpeople genutzt, wenn sie von Libyen aus die riskante Seeüberquerung starten müssen und genau diese Verbindung wird das Projekt Sea Watch benötigen, wenn es ab Ende Mai im zentralen Mittelmeer als „schwimmende Telefonzelle mit Erste Hilfe Koffer“ unterwegs sein will. Siehe http://www.taz.de/!157141/
Weitere Infos: http://sea-watch.org/

BuKo und G7-Tour im Mai:
14.-17.05. in Münster
Der diesjährige BUKO-Kongress steht unter dem Titel „Stop. future_unwritten. Solidarisch transnational“. Entsprechend soll es dieses Jahr schwerpuntkmässig um Internationalismus & transnationale Solidarität in Zeiten von Krisen, Kriegen und Rassismus gehen und Erfahrungen mit und Perspektiven von transnationaler emanzipatorischer Praxis und Organisierung zur Diskussion gestellt werden.
Siehe: http://www.buko.info/aktuelles/news/datum/2015/03/04/save-the-date-buko37/

Der Gipfel ruft, wir kommen alle!
Transnationale Mobi-Tour für Bewegungsfreiheit, Autonomie und Gutes Leben statt G7, 14.05.-8.06.2015
Anfang Juni treffen sich die Herrschenden der mächtigsten Staaten der Welt, der „Gruppe der Sieben“ (G7), zu ihrem jährlichen Gipfeltreffen auf Schloss Elmau in den bayerischen Alpen. Die negativen Folgen ihrer Politik bekommt die gesamte Welt zu spüren. Daher werden sich Tausende Aktivist_innen auf den Weg machen, um zwischen dem 3. und 8. Juni die Idylle mit massiven Protesten zu stören…
Mehr zur Tour:
http://www.buko.info/aktuelles/news/datum/2015/02/10/rundreisekarawane-stop-g7/

Recht auf globale Bewegungsfreiheit: vom WSF in Tunis bis zu Aktionstagen im Juni …
Wie einleitend erwähnt war das Recht auf Bewegungsfreiheit in migrationsbezogenen Workshops und Versammlungen auf dem Weltsozialforum Ende März in Tunis ein bestimmendes Thema. Im Rahmen der Push-Back-Frontex-Kampagne (siehe Webseite von afrique-europe-interact) gibt es den Vorschlag, zwischen dem 9. und 11. Juni in Strasbourg eine Protestaktion vor dem EU-Parlament vorzubereiten. Gleichzeitig gibt es Planungen für Proteste vor verschiedenen Botschaften gegen die Abschiebekollaboration sowie die Idee, zum 10. Jahrestag der Gründung von Frontex auch vor ihrem Hauptquartier in Warschau aktiv zu werden. Es wird sich aber erst in den kommenden Wochen klären, was von diesen Vorschlägen wirklich umgesetzt werden kann.

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