05. Februar 2018 · Kommentare deaktiviert für „Israel begins issuing deportation notices to thousands of African refugees“ · Kategorien: Eritrea, Israel, Sudan · Tags: ,

Independent | 04.02.2018

Eritrean and Sudanese asylum-seekers face indefinite imprisonment if they do not leave within 60 days

Chris Baynes

Israeli authorities have begun distributing deportation notices to thousands of African refugees and migrants, who have been threatened with jail if they do not leave the country.

In letters delivered on Sunday, the government told asylum-seekers they had 60 days to leave for an unnamed African country in exchange for $3,500 (£2,500) and a plane ticket.

Those who remain by 1 April face indefinite imprisonment under plans which have prompted outrage and protests in Israel.

About 60,000 migrants, nearly all from Eritrea and Sudan, crossed Israel’s border with Egypt before the government erected a fence along the desert frontier. Many were fleeing persecution and violence.

Roughly 20,000 have already been expelled, according to the Israeli government. But some have lived for years in Israel and many work in low-paying jobs that many Israelis shun. The country has granted asylum to fewer than one per cent of those who have applied and has a years-long backlog of applicants.

In the letter, Israel’s Population and Immigration Authority told asylum-seekers they would be sent to an unnamed country with a „stable government“ that has „developed tremendously over the last decade and has absorbed thousands of returning residents as well as migrants from various African countries“.

The Israeli government has refused to publicly name the country but officials have indicated migrants would be sent to Rwanda.

Many of those ordered to leave have expressed fear of being sent to the East African nation and said they would rather be sent to prison.

Groups of pilots, doctors, writers, rabbis and Holocaust survivors have condemned the mass deportations and called on the government to halt the plan. They say the deportations are unethical and would damage Israel’s image as a refuge for persecuted Jews.

A group of Israeli rabbis launched an „Anne Frank-inspired“ activist programme to protect African asylum-seekers facing forced expulsion.

But Prime Minister Benjamin Netanyahu has called the migrants “illegal infiltrators” and claimed their presence was a threat to Israel’s social fabric and Jewish character.  One government minister has referred to the migrants as “a cancer”.

“We have expelled about 20,000 and now the mission is to get the rest out,” Mr Netanyahu said.

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derStandard | 05.04.2018

Israel startet mit Abschiebung von Afrikanern

Zehntausende Eritreer und Sudanesen sollen nach Ruanda gebracht werden

Lissy Kaufmann

Immanuel Jamani hatte seine Warnung schon Mitte Jänner erhalten, gut zwei Wochen bevor Israel damit begann, formale Abschiebebescheide an Flüchtlinge zu verteilen. Die Warnung war nicht offiziell, rassistisch und beleidigend.

„Ich war im Einwanderungsbüro, um mein neues Visum zu bekommen“, erzählt der 40-Jährige, der 2008 aus Eritrea floh. Sein Antrag auf Asyl wurde bis heute nicht bearbeitet, so muss er alle zwei Monate seine Aufenthaltsgenehmigung erneuern lassen. „Ich habe gefragt, was eigentlich mit meinem Asylantrag ist. Der Mann dort sagte: ‚Mach dir keine Sorgen, bald wirst du in einem Flugzeug sitzen, das dich zurück nach Afrika bringt. Dort kannst du unter einem Baum sitzen und Bananen essen wie ein Affe.'“

Gefängnis droht

Die Rückkehr von Flüchtlingen aus dem Sudan und Eritrea in Drittländer ist ein Ziel der derzeitigen israelischen Regierung. Rund 2.800 Euro will Israel jedem Ausreisenden zahlen, plus Flugticket. Die Eritreer und Sudanesen sollen freiwillig gehen, nach Ruanda: In ihren Heimatländer droht ihnen Verfolgung, was laut internationalem Flüchtlingsrecht ihre Rückkehr verunmöglicht. Also werden sie nach Ruanda gebracht, mit dem es – offiziell unbestätigt – ein Abkommen geben soll.

Wer das Land bis 1. April nicht freiwillig verlässt, dem droht Gefängnis. Am gestrigen Sonntag hat die Einwanderungsbehörde nun damit begonnen, an jene, die ihr Visum verlängern wollen, Abschiebebescheide zu verteilen: Zwei Monate haben sie bis zur Ausreise Zeit.
Das Schicksal, das ihnen in Ruanda droht, ist ungewiss, weiß Sigal Rozen von der „Hotline für Flüchtlinge und Migranten“. Die NGO konnte mit 140 von 4.000 Flüchtlingen, die in den vergangenen Monaten freiwillig ausgereist sind, Kontakt aufnehmen. „Es ist mittlerweile bekannt, dass in Ruanda keiner einen Status als Flüchtling erhält. Wir haben kein Problem, dass Israel die Ausreise anbietet. Aber die Flüchtlinge werden dazu gezwungen, und man betrügt sie und erzählt ihnen, dass sie dort Asyl erhalten.“

„Eindringlinge“

Derzeit leben rund 34.000 Flüchtlinge aus Eritrea und dem Sudan in Israel. Die meisten kamen nach 2005 über den Sinai – bis Israel 2013 einen Zaun hochzog und niemanden mehr durchließ. Willkommen waren die Menschen hier nie: „Eindringlinge“ werden sie offiziell genannt, Premierminister Benjamin Netanjahu machte erst kürzlich bei einer wöchentlichen Kabinettssitzung von neuem klar: „Wir haben nichts gegen Flüchtlinge. Wir tun etwas gegen illegale Einwanderer, die hierherkommen, um zu arbeiten. Israel wird weiterhin Asyl für echte Flüchtlinge gewähren.“

Laut der Hotline für Flüchtlinge und Migranten hat Israel in den vergangenen Jahren weniger als einem Prozent der Antragsteller Asyl gewährt. Von den 14.000 Anträgen sind 8.000 noch unbearbeitet. Der Rest wurde abgelehnt: „Hauptsächlich weil zwischenzeitlich eine Regelung eingeführt wurde, laut der Asylanträge nur bis ein Jahr nach Ankunft eingereicht werden dürfen“, erklärt Sigal Rozen. Bis 2012 jedoch hätten Eritreer und Sudanesen überhaupt keinen Antrag stellen dürfen.

Um Geld und Arbeit ging es dem Eritreer Jamani nie, als er vor zehn Jahren aus seiner Heimat floh. „Ich war freiwillig in der Armee. Ich wollte für mein Land kämpfen, damit es eine Demokratie wird, mit Parteien und einem starken Militär.“ Doch nichts davon passierte. Stattdessen seien sie in Dörfer und Schulen geschickt worden, um Frauen und Jugendliche zum Armeedienst zu zwingen.

Jamani stellte kritische Fragen, wurde mehrfach inhaftiert. „Als sie glaubten, ich würde für die Opposition arbeiten, hatte ich Angst um mein Leben und bin geflohen.“ Heute lebt er im Süden Tel Avivs, teilt sich eine Wohnung mit Freunden, zuletzt hatte er einen Job in einem Gemüseladen. „Klar habe ich Angst. Doch nach Ruanda gehe ich nicht, vorher gehe ich lieber ins Gefängnis“, sagt er.

Widerstand regt sich

Wird es so weit kommen? In Israel regt sich Widerstand gegen das Vorhaben der Regierung: 36 Holocaust-Überlebende forderten jüngst Netanjahu dazu auf, den Plan zu stoppen: Gerade sie wüssten, was es bedeutet, ein Flüchtling zu sein. Auch Ärzte, Rabbiner, Schulrektoren, Schriftsteller und Akademiker meldeten sich zu Wort, Piloten der israelischen Fluggesellschaft El Al kündigten an, keine Flüchtlinge nach Ruanda zu fliegen, die dazu gezwungen werden. Und auf Initiative der Rabbinerin Susan Silverman, Schwester der US-Komikerin Sarah Silverman, meldeten sich hunderte Familien, die Flüchtlinge zu Hause aufnehmen würden.

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