Zeit Online | 28.02.2018
Gorino in Norditalien will keinen einzigen Flüchtling aufnehmen. Die Bürger solidarisieren sich vor der Wahl lieber untereinander: gegen Einwanderer, Politik und Medien.
Von Gabriele Cruciata und Steffen Dobbert, Gorino und Ferrara
Als die Männer aus Gorino hören, der Bus mit den Flüchtlingen sei schon auf dem Weg zu ihnen, rennen sie zum Fischereihafen. Sie schmeißen einige Dutzend Holzpaletten, mit denen an normalen Arbeitstagen Muscheln und Fische abtransportiert werden, auf die Ladefläche eines Autos, fahren damit einen Kilometer vor das Dorfzentrum, genau an jene Stelle, wo die Straße durch die Deichbefestigung verengt ist. Dort stapeln sie die Paletten übereinander, stellen eine alte Blechtonne daneben und bauen ein Partyzelt auf. Einer holt noch rasch seinen Holzkohlegrill von zu Hause und heizt das Feuer an. Die Fischereivereinigung verschickt eine Kurznachricht: Damit alle gegen die Flüchtlinge protestieren können, solle morgen keiner zur Arbeit gehen oder seine Kinder zur Schule bringen. Die Menschengruppe an der Straßenbarrikade wächst schnell auf etwa 150 – Männer, Frauen, Jugendliche, Kinder, Rentner sind dabei. Einige warnen immer wieder vor einer „Invasion“.