22. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für FFM Weekly 29/2017 · Kategorien: Kommentar, Lesetipps

Die Radaktion möchte in Zukunft die wichtigsten Nachrichten in ein- bis zweiwöchentlichen Abständen zusammenfassen, damit denen, die wenig Zeit haben, nicht so viel verloren geht. Vielleicht wird daraus in absehbarer Zeit ein Newsletter. Wer daran Interesse hat, schreibe bitte an post@ffm-online.org.

Italien

Nachdem die EU Außenministerkonferenz am 17.07. eine Umverteilung der Boat People ausgeschlossen hat und die üblichen Vorschläge – von der Militärhilfe an „Libyen“ über einen Appell des italienischen Außenministers an die Bürgermeister in Libyschen Wüstenstädten bis zum Exportverbot für Schlauchboote – sich in absehberer Zeit als Luftnummern darstellen werden, gab es zwei wichtige Entwicklungen. Kurz fordert ein Konzentrationslager auf Lampedusa:

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz fordert auf einem Treffen mit dem italienischen Außenminister Angelino Alfano am 20.07., dass Italien den Flüchtlingen keine Ausreisegenehmigungen ausstellt – 200.000 Visa waren angekündigt – , und dass die italienische Regierung Lampedusa zu einer Lager-Insel macht. Alle geretteten Boat People sollten dort interniert werden, ein Transfer auf die italienische Halbinsel solle verhindert werden. Es ist ein Vorschlag zu extremer staatlicher Gewalt, gegenüber den Boat People wie auch gegenüber den italienischen Lampedusa-BewohnerInnen. Innenpolitisch ist ein solcher Plan in Italien nicht umsetzbar.
Zudem kündigt Außenminister Kurz die Schließung des Brenner-Grenzübergangs an, falls es zu erhöhten Ausreisen von Flüchtlingen aus Italien kommt. Auch dieses Szenario inmitten des beginnenden Sommerurlaub-Transits am Brenner weist auf eine mögliche Eskalation in den kommenden Wochen hin. Die EU stellt sich zunehmend als handlungsunfähig gegenüber den eigenständigen Bewegungen der Boat People dar. Die Gesamtzahl der aufzunehmenden Boat People wäre für die EU-Staaten eine relativ kleine Aufgabe, lösbar mit dem Angebot einer sicheren Passage. Aber aufgrund der Abschottungs-Politik der EU werden erratische staatliche Eskalationen möglich.

Tags: Boat People, EU-Lager, Italien

Angriffe auf die Seenotretter

Die Schlammschlacht gegen die Seenotrettungs-NGOs, die auf der Tagung der EU-Innenminister noch einmal aufgeblasen wurde, hat im EU-Parlament keinen Widerhall gefunden. Das Schiff der „Identitären Bewegung“, das die Rettungsschiffe behindern soll, steckt in Port Said fest und der Bürgermeister von Catania fordert, die Landung im dortigen Hafen zu verbieten. Der „Code of Conduct“ für die Retter*innen, der am 6.07 von Italien vorgeschlagen wurde und der mit Sicherheit zu zusätzlichen Tote im Mittelmeer geführt hätte, soll inzwischen in Zusammenarbeit mit den NGOs überarbeitet werden. Die Stellungnahme von ProAsyl hier.

Tags: NGO, Rettung auf See

Aufleben der Fluchtroute Westliches Mittelmeer

Die Zahl der Boat People, die Spanien angesteuert haben, hat sich FRONTEX zufolge gegenüber 2016 verdreifacht. Sie ist aber mit 9.000 immer noch sehr niedrig. Algerien wie auch Marokko bringen Boote auf und zwingen die Refugees zur Rückkehr.

Tags: Boat People, Kriminalisierung der Ausreise, Spanien, Marokko, Algerien

Lager rund ums Mittelmeer

Berichte aus dem syrisch-jordanischen Niemandsland, dem algerisch-marokkanischen Niemandsland, von Lesbos, wo 9.800 Migrant*innen blockiert werden, und aus Ventimiglia, wo KMII ein Platzverweis erteilt wurde.

Soziale Kämpfe

Berichte über die anhaltenden Unruhen im Rif und über die Räumung eines informellen Wohnviertels in Kairo.

Widerstände

Nach dem Aufruf von Kritnet hat nun auch Jochen Oltmer (IMIS) die europäische Flüchtlingspolitik scharf kritisiert. Jochen Oltmer hält die zunehmend erfolgreiche Abschottung Europas gegenüber Flüchtlingen für politisch und humanitär höchst fragwürdig. Sie sei zudem eine weitere Gefahr für die Krisengebiete in Afrika und schaffe neue Fluchtursachen. „Es interessiert in Deutschland kaum jemanden, dass die vor Gewalt fliehenden Menschen in einem zerfallenen Staat wie Libyen zurückgehalten werden, der nicht einmal die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet hat“, sagte Oltmer dem Evangelischen Pressedienst.

Timo Al-Farooq schreibt im Migazin: Trotz Fluchtbewegungen, wie es sie in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hatte, waren die Zahlen der Neuankömmlinge im Rahmen der sogenannten „Flüchtlingskrise“ (über 1 Million Menschen 2015) im prozentualen Verhältnis zur EU-Bevölkerung (743,1 Millionen) gesehen auch für den arithmetisch Eingeschränktesten als äußerst marginal zu erkennen (0,13 %!)

Und: In Katalonien hat sich eine Karawane für offene Grenzen mit Ziel Gibraltar und Melilla in Bewegung gesetzt. Link hier.

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