21. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Italien zürnt nach Kurz’ Lampedusa-Vorschlag“ · Kategorien: Italien, Österreich

Welt | 21.07.2017

Europa streitet sich über die Rettung von Bootsflüchtlingen aus dem Mittelmeer. Österreichs Außenminister fordert einen Fährstopp aufs Festland. Italien reagiert empört. Ein Politiker vergleicht ihn mit einem Neonazi.Europa streitet sich über die Rettung von Bootsflüchtlingen aus dem Mittelmeer. Österreichs Außenminister fordert einen Fährstopp aufs Festland. Italien reagiert empört. Ein Politiker vergleicht ihn mit einem Neonazi.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz hat Italien aufgefordert, Flüchtlinge nicht mehr von den Inseln auf das Festland zu lassen. Kurz sagte am Donnerstag in Wien bei einem Treffen mit seinem italienischen Kollegen Angelino Alfano, er erwarte, „dass der Fährenverkehr für illegale Migranten zwischen den italienischen Inseln wie Lampedusa und dem italienischen Festland eingestellt wird“. Die Überfahrt ermuntere viele Flüchtlinge, die Fahrt über das Mittelmeer anzutreten.

„Wenn Menschen nach der Rettung von den Inseln möglichst schnell auf das Festland gebracht werden und dann weiterziehen in Richtung Norden, wird nicht nur die Überforderung in Mitteleuropa immer größer, sondern das führt dazu, dass sich immer mehr auf den Weg machen, die Schlepper immer mehr verdienen und immer mehr (Flüchtlinge) ertrinken“, sagte Kurz.

In Italien lösten Kurz’ Aussagen heftige Kritik aus. „Eine derartige Aussage hätte ich mir von einem Neonazi, nicht von einem Vertreter eines EU-Landes erwartet“, sagte etwa der Bürgermeister Lampedusas, Salvatore Martello, der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Kurz vergesse, dass auf Lampedusa 6000 Einwohner lebten, „die sich als Europäer fühlen“, ergänzte Martello.

Kritik aus Italien

Der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament, Gianni Pittella, entlud seine Kritik hingegen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: „Er will Lampedusa in ein Internierungslager für Migranten umwandeln. Das ist nicht das Europa, für das wir uns einsetzen.“

Italien hatte am Donnerstag in Wien seine Agenda für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) präsentiert, deren Vorsitz das Land im kommenden Jahr von Österreich übernimmt. Außenminister Alfano sagte, Italien werde sich „stark auf die Mittelmeerregion fokussieren“.

Bis Mitte Juli kamen nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR seit Jahresbeginn mehr als 110.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa. Mehr als 93.000 erreichten die EU über einen italienischen Hafen. Italien dringt deswegen auf mehr Solidarität durch die EU-Partner und blockiert derzeit die Verlängerung der EU-Mission „Sophia“ vor der libyschen Küste. Diese soll vor allem Schlepperbanden das Geschäft erschweren; die Schiffe sind aber auch an der Flüchtlingsrettung beteiligt.

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