07. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Deutliche Kritik an geplantem Kodex für Seenotretter im Mittelmeer“ · Kategorien: Mittelmeer · Tags:

Migazin | 07.07.2017

Nichtstaatliche Organisationen retten Tausenden schiffbrüchigen Flüchtlingen im Mittelmeer das Leben. Italien will sie dazu zwingen, einen Verhaltenkodex zu unterschreiben, der ihnen Fehlverhalten unterstellt.

Der von Italien geforderte Verhaltenskodex für nichtstaatliche Retter von Flüchtlingen im Mittelmeer stößt auf Kritik. Hilfsorganisationen und Politiker warnten am Donnerstag davor, dass ein solches Regelwerk zu mehr toten Flüchtlingen führen könne. Das geplante Regelwerk zeige lediglich die Hilflosigkeit der EU im Umgang mit den Flüchtlingen, sagte die Sprecherin von SOS Méditerranée, Verena Papke, dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Staatliche Schiffe ziehen sich immer mehr zurück, und wir nehmen in immer längeren Einsätzen immer mehr Menschen an Bord.“

Der Gründer der Retterorganisation Sea-Eye, Hans-Peter Buschheuer, erklärte, sollten diese in der EU diskutierten Vorschläge umgesetzt werden, kämen sie „einem Todesurteil für Tausende Flüchtlinge“ gleich. Italiens Innenministerium hat einen solchen Verhaltenskodex erstellt und wirbt dafür in der EU. Es will nichtstaatlichen Rettern das Anlaufen italienischer Häfen verbieten, wenn sie das Regelwerk nicht unterschreiben.

Deutliche Kritik an Kodex

Der geplante Kodex sei „eine Mischung aus altbekannten Unwahrheiten und erschreckenden Grausamkeiten“, sagte Buschheuer. So wies er die Vorwürfe zurück, die Nichtregierungsorganisationen arbeiteten mit den Schleusern zusammen und behinderten die Arbeit der libyschen Küstenwache. Das Gegenteil sei der Fall. „Die libysche Küstenwache behindert die Rettungsarbeit der NGOs, beschießt ihre Schiffe, geht gewaltsam gegen die Geflüchteten vor und kooperiert nachweislich mit Schleuserbanden.“

Papke sagte, viele der geforderten Maßnahmen würden ohnehin umgesetzt oder hätten mit der Arbeit der Seenotretter wenig zu tun. So fahre SOS Méditerranée, das mit „Ärzte ohne Grenzen“ das Rettungsschiff „Aquarius“ betreibt, nicht in libysche Gewässer, schalte nie die Radarsysteme aus und kooperiere mit den Behörden, die über die Rettungseinsatzsstelle in Rom die Einsätze koordinierten. Die derzeit diskutierten Regeln unterstellten den nichtstaatlichen Rettern Fehlverhalten, sagte Papke. „Letztendlich werden diejenigen diskreditiert, die im Mittelmeer Verantwortung übernehmen, um Menschen nicht ertrinken zu lassen.“

Über 2.200 Flüchtlinge tot oder vermisst

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind seit Jahresbeginn mehr als 100.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Über 2.200 Flüchtlinge kamen dabei ums Leben oder werden vermisst.

Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke kritisierte, die EU-Missionen im Mittelmeer zögen sich immer mehr zurück, doch die Innenminister hätten nichts Besseres zu tun, als Flüchtlingsretter zu diffamieren und durch absurde Auflagen zu behindern. „Tausende Menschen im Mittelmeer sterben zu lassen, ist nichts Geringeres als ein Verbrechen.“ Ziel sei nur, zu verhindern, dass diese Menschen die EU erreichten. (epd/mig)

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