17. März 2017 · Kommentare deaktiviert für „Türkischer Minister droht EU, Tausende Flüchtlinge zu schicken“ · Kategorien: Europa, Türkei

Spiegel Online | 17.03.2017

Die Türkei richtet eine neue Warnung Richtung EU: Innenminister Soylu drohte damit, 15.000 Flüchtlinge zu schicken. Derweil heizen regierungsnahe Zeitungen den Streit weiter an.

Nach Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat ein weiteres türkisches Kabinettsmitglied damit gedroht, den Flüchtlingsdeal mit der EU aufzukündigen. „Wenn ihr wollt, schicken wir euch die 15.000 Flüchtlinge, die wir jeden Monat zurückhalten“, sagte Innenminister Süleyman Soylu am Donnerstagabend laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Soylu warf Europa vor, „Spiele“ gegen die Türkei zu spielen. „Ihr könnt keine Spiele in dieser Region unter Umgehung der Türkei spielen“, sagte der Minister, der als Vertrauter von Präsident Recep Tayyip Erdogan gilt. Er beschuldigte Deutschland und die Niederlande zudem, hinter den Gezi-Protesten im Juni 2013, den Korruptionsermittlungen im Dezember 2013 und dem Umsturzversuch von Juli 2016 zu stecken.

Ankara und Brüssel hatten vor einem Jahr einen Flüchtlingspakt geschlossen, der vorsieht, dass die Türkei alle Flüchtlinge zurücknimmt, die auf die griechischen Ägäis-Inseln kommen. Im Gegenzug versprach die EU Unterstützung bei der Versorgung der knapp drei Millionen Flüchtlinge in der Türkei sowie die Aufnahme eines syrischen Flüchtlings für jeden Syrer, der im Rahmen der Vereinbarung in die Türkei zurückgeschickt wird. Außerdem sagten die EU-Staaten Visafreiheit für die Türkei und die Beschleunigung der EU-Beitrittsverhandlungen zu.

Wegen des massiven Vorgehens der türkischen Regierung gegen ihre Gegner nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli wurden die Beitrittsgespräche aber auf Eis gelegt. Die Gewährung der Visafreiheit macht die EU von der Änderung der türkischen Anti-Terror-Gesetze abhängig.

Die Türkei liegt im Streit mit den EU-Staaten Deutschland und Niederlanden. Weil in beiden Staaten Wahlkampfauftritte türkischer Minister abgesagt wurden, die vor ihren türkischen Landsleuten in Europa für die umstrittene Einführung des Präsidialsystems bei dem Verfassungsreferendum am 16. April werben wollten, hatte Erdogan ihnen „Nazi-Methoden“ vor und beschimpfte sie als „Faschisten“.

Die regierungsnahe türkische Zeitung „Günes“ bezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Ausgabe von Freitag als „weiblichen Hitler“ und bildete sie auf der Titelseite mit SS-Uniform und Hakenkreuz ab. „Frau Hitler“ schrieb die Zeitung auf Deutsch daneben. Die Kanzlerin wurde zusätzlich als „hässliche Tante“ verunglimpft.

Nato-Chef Stoltenberg ruft Türkei und Österreich zur Einigung auf

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schaltete sich derweil in den diplomatischen Streit zwischen der Türkei und Österreich ein, dass ein Partnerland der Allianz ist. Er forderte Ankara und Wien zur Einigung auf. Stoltenberg sprach jetzt von einer „sehr unglücklichen Situation“.

Kürzlich wurde bekannt, dass die Türkei seit Monaten die Zusammenarbeit mit dem Österreich blockiert. Die österreichische Regierung hatte Ankara für ihr gewaltsames Vorgehen gegen Oppositionelle nach dem gescheiterten Putschversuch kritisiert. Weiterbildungen für gemeinsame Übungen oder Militäreinsätze müssen deshalb ausfallen. In dieser Woche hatte Österreich zudem vorgeschlagen, der Türkei statt einem EU-Beitritt einen Nachbarschaftsvertrag abzuschließen.

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