09. Juli 2016 · Kommentare deaktiviert für „Abschottung mit Hilfe der EU“ · Kategorien: Afrika, Europa · Tags:

Quelle: Frankfurter Rundschau

Mit Hilfe der EU werden auch in Afrika nationale Grenzen zunehmend dicht gemacht, kritisiert die Hilfsorganisation medico international.

Von Timot Szent-Ivanyi

Die Hilfsorganisation medico international hat auf Folgen der EU-Flüchtlingspolitik aufmerksam gemacht, die bisher in der öffentlichen Debatte kaum beachtet werden. Die Abschottung Europas führe auch in Afrika selbst dazu, dass dort die nationalen Grenzen zunehmen dicht gemacht würden, sagte medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer am Freitag in Berlin. Während es vor Jahren für Afrikaner noch relativ problemlos gewesen sei, etwa zum Arbeiten oder Studieren in andere Länder des Kontinents zu gehen, gebe es heute erhebliche Hürden. Das habe Auswirkungen auch auf die Wirtschaft. Die Entwicklung sei eine unmittelbare Folge der europäischen Politik, die Menschen an der Flucht zu hindern.

Medico kritisierte, die EU und die Bundesregierung bekämpften nicht die Fluchtursachen, sondern die Flüchtlinge. Um Fluchten zu verhindern, werde sogar mit Diktaturen wie der in Eritrea zusammen gearbeitet. „Die EU delegiert Menschenrechtsverletzungen und die Errichtung von abschreckenden Lagern an außereuropäische Staaten“, sagte Ramona Lanz, Referentin für Flucht und Migration. Diese „Externalisierungspolitik“ schaffe neue Fluchtursachen, wenn sie Diktaturen stärke oder Entdemokratisierung dulde, wie beispielsweise durch den Deal mit der Türkei, so die medico—Vertreterin.

Ohne globale Umverteilung seien alle Programme zur Reduzierung der Fluchtursachen zum Scheitern verurteilt und „letztlich nur sinnloses Herumdoktern an den Symptomen“, sagte Gebauer. Die Länder, aus denen die Menschen fliehen, zeigten alle Gemeinsamkeiten, nämlich wachsende soziale Verunsicherung und Staatszerfall. „Und diese Entwicklungen fallen nicht vom Himmel.“ Auch Deutschland und die EU hätten ihren Anteil daran, beispielsweise durch nachteilige Handelsverträge.

Insgesamt förderte medico im vergangenen Jahr mehr als 100 Projekte in 28 Ländern. Die seit fast 50 Jahren international tätige Hilfsorganisation sammelte 2015 nach eigenen Angaben insgesamt rund sechs Millionen Euro an Spenden ein. Dies war eine Steigerung von mehr als sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Kommentare geschlossen.