Migazin | 01.06.2018
„Als mein Weltbild zerbrach“
Jeden Tag ertrinken Menschen im Mittelmeer. Weil die Politik nicht hilft, fahren Freiwillige raus aufs Meer. Fünf Seenotretter erzählen, was sie an Europas Grenzen erlebt haben, zwischen Waffengewalt und einer Mondscheinsonate.
Von Theresa Leisgang und Moritz Richter
Merlin guckt in die Kamera. Seine Augen strahlen, ein Lächeln umspielt seine Lippen, er ist zu allem entschlossen. In ein paar Stunden wird er mit 15 Ehrenamtlichen in See stechen, für ihn ist es das erste Mal an Bord des Rettungsschiffs von Sea-Watch. Zwei Wochen später, wieder ein Foto: Die Erschöpfung steht ihm ins Gesicht geschrieben, er hat tiefe Ringe unter den Augen, runzelt die Stirn. In Gedanken ist er noch draußen auf dem Meer, wo er mit der Crew hunderte Menschenleben rettete und Zeuge eines Völkerrechtsverstoßes wurde.