Rosa Luxemburg Stiftung | 06.2017
Eine Baustellenbesichtigung
Nach dem «Sommer der Migration» liegen (wie so häufig) linke Hoffnung und linke Verzweiflung ziemlich nah beieinander. Auf der einen Seite die millionenfach unter Beweis gestellte Solidarität mit den Geflüchteten, das massenhafte Unterlaufen der staatlich verordneten Ausgrenzungspolitik. Auf der anderen Seite die wachsende staatliche Repression, die unverhohlene rassistische Gewalt und rechtspopulistische Bewegungen, die versuchen, aus dem Thema Einwanderung Profit zu ziehen.
Vor welchen Herausforderungen stehen wir? Mit welchen Strategien können wir aus der Defensive kommen? Welchen Weg soll die europäische Migrationspolitik einschlagen? Wie wird die Rolle der Linken gesehen? Dazu befragten wir Anfang 2017 wichtige Impulsgeber*innen des Migrationsdiskurses.
Die einzelnen Gespräche thematisieren das europäische Grenzregime, globale Bürgerrechte, die Rolle des Wohlfahrtstaates in den Klassenauseinandersetzungen, die Solidarität in betrieblichen Kämpfen, die Geschlechterfrage in postkolonialen Verhältnissen, die Kämpfe der Geflüchteten um Teilhabe und die Stärke (post-)migrantischer Lebenswelten.
Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Migration als ein Vermögen begreifen, die soziale Frage in einem demokratisierenden Sinn zu beantworten. Die Reihe setzt damit der gesellschaftlichen Polarisierung, die gegenwärtig vor allem um die Frage von Einwanderung, Teilhabe und Bürgerrechte kreist, eine linke Position jenseits national-sozialer Kurzschlüsse entgegen.
Alle Gespräche im Überblick:
- Die Erweiterung des Terrains
Günter Piening über Anliegen und Hintergründe dieser Publikations-Reihe der Rosa-Luxemburg-Stiftung - Blick hinter den Schleier
Naika Foroutan zur transformatorischen Kraft der «postmigrantischen Gesellschaft». Auftakt der Reihe zur «Migrationspolitik als Transformationsprojekt» - «Die Arbeiter sind total unzuverlässig!»
Peter Birke zum Verhältnis von betrieblichen Kämpfen und Migration - Die Macht der Migration
Vassilis S. Tsianos zur Rolle der Migration bei der demokratische Erneuerung Europas - Warum Migration provoziert
Paul Mecheril zu den Triebkräften des aktuellen Rassismus - Eine neue soziale Bewegung?
Ulrike Hamann zur Politisierung der Willkommensbewegung - Bürgerrechte statt Ausschluss
Rainer Bauböck zu neuen Konzepten europäischer Bürgerschaft - In kolonialer Tradition
María do Mar Castro Varela zu Migration, Frauenrechten und Rassismus - Besser als jede Schule
Denise Garcia Bergt zu Lernprozessen in den Camps der Geflüchteten - Demokratisierung der Grenze
Bernd Kasparek zum europäischen Grenzregime und der Frage nach Europa - Ein neues Koordinatensystem
Manuela Bojadžijev zu den neuen transnationalen Netzwerken und den Perspektiven linker Migrationspolitik