04. Februar 2018 · Kommentare deaktiviert für „Türkei: Grenzschützer sollen auf Flüchtlinge geschossen haben“ · Kategorien: Syrien, Türkei · Tags:

Zeit Online | 03.02.2018

Human Rights Watch fordert die Regierung in Ankara auf, Schutzsuchende nicht mit Waffen zu vertreiben. Die Kämpfe in Afrin zwängen noch mehr Menschen in die Flucht.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beschuldigt das türkische Militär, im Grenzgebiet auf syrische Flüchtlinge zu schießen. „Syrer, die auf der Suche nach Sicherheit und Asyl zur türkischen Grenze fliehen, werden mit Kugeln und Beschimpfungen zur Umkehr gezwungen“, wird die stellvertretende Direktorin für die Region Naher Osten, Lama Fakih, auf der Internetseite der Organisation zitiert.

Während die Kämpfe in Idlib und Afrin Tausende Menschen vertrieben, „dürfte die Zahl der Syrer weiter wachsen, die an der Grenze in der Falle sitzen und bereit sind, ihr Leben auf’s Spiel zu setzen, um in die Türkei zu gelangen“, so Fakih weiter. Den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan forderte sie auf, den Grenzschützern klare Anweisungen zu erteilen, dass tödliche Gewalt gegen Flüchtlinge ebenso wie Misshandlungen verboten seien.

Die türkische Regierung teilte mit, sie werde den Bericht prüfen. Ein Sprecher Erdoğans bezeichnete es jedoch als höchst unwahrscheinlich, dass türkische Soldaten auf syrische Flüchtlinge schießen. Die türkischen Streitkräfte seien an der Grenze, um diese Menschen zu schützen, sagte der Sprecher. Zudem betreibe die Türkei seit Beginn des Syrienkriegs 2011 eine Politik der offenen Tür und frage dabei niemals, „ob jemand Kurde, Araber, Muslim oder Christ ist, ob er aus dieser oder jener Region stammt“. Zudem sagte der Sprecher: „Ich weiß nicht, ob es sich um einen Einzelfall handelt oder nicht.“

Türkei kämpft gegen Kurdenmiliz YPG

Die Türkei hat am 20. Januar eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in der nahe gelegenen Region Afrin gestartet. Ziel ist es, die YPG aus dem türkisch-syrischen Grenzgebiet zu vertreiben. Die Türkei wirft der YPG vor, eng mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbunden zu sein, die seit Jahrzehnten gegen den türkischen Staat kämpft.

Die Türkei geht strikt gegen Kritiker des Einsatzes vor. Jüngsten Medienberichten zufolge wurden Ende der Woche 13 weitere Menschen festgenommen, die den Militäreinsatz kritisiert haben. Am Montag hatte das türkische Innenministerium mitgeteilt, seit Beginn der Offensive habe es bereits 311 Festnahmen wegen Terrorpropaganda gegeben. Auf türkischer Seite sollen bislang sieben Soldaten ums Leben gekommen sein.

Rebellen schießen offenbar russischen Jet ab

Zugleich hat kein Land mehr Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen als die Türkei: Rund 3,5 Millionen Syrer fanden seit Beginn des Krieges 2011 Zuflucht im Nachbarland. Fakih von Human Rights Watch sagte, dies entbinde die Türkei nicht von ihrer Verantwortung, den Schutzsuchenden an der Grenze zu helfen. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben wegen der Kämpfe in der Provinz Idlib allein zwischen Mitte Dezember und Mitte Januar knapp 250.000 weitere Menschen Zuflucht im Grenzgebiet gesucht.

Derweil rückt die syrische Armee seit Monaten in die vor allem von Rebellen kontrollierte Provinz Idlib vor. Nach eigenen Angaben schossen Rebellen dort am Samstag ein russisches Flugzeug ab. Der Pilot konnte sich mit einem Fallschirm retten und wurde gefangen genommen, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Demnach handelte es sich um ein russisches Kampfflugzeug vom Typ Suchoi Su-25.

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