21. Juni 2016 · Kommentare deaktiviert für „Sea-Watch Air“ rettet Flüchtlinge aus der Luft · Kategorien: Mittelmeer · Tags: ,

Quelle: NDR

von Kristina Festring-Hashem Zadeh

Mit einem umgebauten Kutter starteten sie vor rund einem Jahr in Harburg. Mittlerweile kreuzen die Retter von „Sea-Watch“ bereits mit zwei Schiffen und zwei Schnellbooten auf dem zentralen Mittelmeer, um Flüchtlingen in Seenot zu helfen. Nun weiten sie ihren Einsatz mit „Sea-Watch Air“ auf die Luft aus: Zwei Helfer fliegen heute mit einem Ultraleichtflugzeug zunächst von Brandenburg aus Richtung Italien, dann soll es weiter nach Tunesien gehen. „Auf dem Wasser ist die Situation oft sehr unübersichtlich“, berichtet Projektkoordinator Ruben Neugebauer, der auch als Pilot Einsätze fliegen wird. „Mit dem Flugzeug bekommen wir einen viel besseren Überblick und können die Flüchtlingsboote schneller aufspüren.“

seawatch

Mit diesem Ultraleichtflugzeug sind die Retter von „Sea-Watch“ künftig über dem Mittelmeer unterwegs.

Bereits Tausenden Flüchtlingen geholfen

Viele der überfüllten Flüchtlingsboote hätten kein Satellitentelefon, um Notrufe abzusetzen, erklärt Neugebauer im Gespräch mit NDR.de. Entsprechend seien die Menschen darauf angewiesen, gefunden zu werden – oder würden ertrinken. Mehreren Tausend Schiffbrüchigen hat die „Sea-Watch“-Crew bei ihren Einsätzen bereits geholfen. „Allein in der Ägäis dürften es um die 5.000 Menschen gewesen sein“, schätzt Neugebauer. Die erst im Frühjahr dieses Jahres in See gestochenen „Sea-Watch 2“ habe vor Libyen bereits 2.000 Flüchtlinge gerettet. Die Crew kann – mit Ausnahme von Schwerverletzten – allerdings keine Flüchtlinge an Bord nehmen. Sie unterstützt die Schiffbrüchigen mit Rettungsinseln und Schwimmwesten so lange, bis größere Schiffe kommen und die Menschen an Land bringen.

Schweizer Piloten als Partner

Künftig gehört nun auch eine einmotorige Comco Ikarus C-42 zur „Sea-Watch“-Flotte. Die Idee, das Meer von oben nach Flüchtlingsbooten abzusuchen, „hat schon länger in unseren Köpfen herumgespukt“, sagt Neugebauer. Doch es mangelte zunächst an Geld – und an Helfern mit Flugschein. In der Schweizer Piloteninitiative „Humanitarian Pilots Initiative“ fanden die „Sea-Watch“-Retter den geeigneten Partner, um den Plan umzusetzen. Spender haben die 50.000 Euro für das zweisitzige Flugzeug aus zweiter Hand aufgebracht. In den vergangenen Wochen wurde es für seinen ersten Mittelmeer-Einsatz aufgerüstet, unter anderem mit spezieller Funk- und Sicherheitstechnik. Einmal aufgetankt, kann es etwa acht Stunden in der Luft sein und eine Strecke von rund 1.000 Kilometern zurücklegen.

Systematische Überwachung des Seeraums möglich

„Sea-Watch“ bedeutet auf Deutsch „Meer-Beobachtung“ – und die werde dank des Flugzeugs wesentlich verbessert, sagt Neugebauer. „Bislang haben wir die Flüchtlingsboote eher zufällig gefunden, erst jetzt können wir den Seeraum systematisch aus der Luft überwachen.“ Nach seiner Einschätzung ist die Zahl derer, die übers Mittelmeer nach Europa fliehen, nicht kleiner geworden, „eher im Gegenteil. Aber weil die Balkanrouten dicht sind, merken wir das bei uns erst mal nicht mehr.“

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