Quelle: Deutschlandradio Kultur
Mehr als eine Million Afghanen sind im eigenen Land auf der Flucht. Viele von ihnen stranden in ärmlichen Lagern am Rand der Hauptstadt, weil sie kein Geld für die Flucht nach Europa haben. Doch Kabul ist mit diesem unkontrollierten Zuzug zunehmend überfordert.
Von Sandra Petersmann
Qandi Gul ist nie zur Schule gegangen und wurde früh, als Kind, verheiratet. Die 25-jährige hat inzwischen neun kleine Kinder. Qandi Gul ist mit ihrer Familie im vergangenen Herbst, als sie hochschwanger war, aus der Provinz Kapisa nordöstlich von Kabul in die Hauptstadt geflohen.
„Bei uns gibt es immer wieder Kämpfe zwischen den Taliban und den Soldaten. Wenn sie dein Haus wollen, hast du keine Wahl. Wenn sie dein Essen wollen, hast du keine Wahl.“
Qandi Gul ist eine von vielen. Derzeit irren fast 1,2 Millionen Afghanen als Flüchtlinge durch das eigene Land, schätzen Amnesty International und auch die Vereinten Nationen. Damit hat sich ihre Zahl seit 2013 mehr als verdoppelt. Viele Binnenflüchtlinge zieht es wie Qandi Gul in die Hauptstadt Kabul, in der Hoffnung auf Sicherheit und Arbeit. Doch die Hauptstadt ist mit dem Zuzug überfordert. Der schwache, korrupte Staat ist nicht in der Lage, die geflohenen Menschen aus umkämpften Gebieten wie Helmand, Kandahar oder Kundus zu unterstützen.