15. Januar 2016 · Kommentare deaktiviert für „Watch the Med“ – Initiative zur Seenotrettung von Flüchtlingen · Kategorien: Alarm Phone, Medien, Mittelmeer

Quelle: mdr | Audio

Mit dem Telefon Leben retten

Tausende Flüchtlinge sind 2015 an den europäischen Außengrenzen im Mittelmeer ertrunken. Oft, weil die Küstenwache nicht rechtzeitig vor Ort ist oder die Behörden versagen. Viele Menschen wollen sich damit nicht abfinden und engagieren sich bei „Watch the Med“ („Das Mittelmeer beobachten“) – einer Initiative von Freiwilligen aus Europa und Nordafrika, die versucht, Leben zu retten und Behördenversagen zu dokumentieren. Eine junge Studentin aus Erfurt ist Teil dieses Netzwerks. MDR FIGARO-Autorin Johanna Hemkentokrax hat sie besucht.

von Johanna Hemkentokrax

Die zierliche junge Frau mit langen blonden Haaren sitzt in Jogginghose auf dem Boden vor dem niedrigen Tisch, auf dem ihr Laptop steht. Das Schichtprotokoll auf dem Bildschirm ist noch geöffnet: Lisa hatte heute „Alarmphone“-Dienst. Neben dem Computer liegt ein schwarzes Smartphone.

Es gab mal eine Smartphone-Spende für uns. Und so hab ich dann ein Smartphone tatsächlich für die Arbeit bekommen, was echt praktisch ist, weil viele Fälle per WhatsApp reinkommen und wir gerade auch mit Google-Translation echt gut kommunizieren können mit Leuten, die kein Englisch sprechen, einfach per WhatsApp.

Leben retten – vom WG-Zimmer aus

Mit dem Telefon rettet die 27-Jährige Flüchtlinge, die in Seenot geraten – von ihrem Erfurter WG-Zimmer aus. „Watch the Med“ hat eine Notrufnummer. Anrufe werden über einen Server in Frankreich auf das Handy des Helfers weitergeleitet, der gerade Schicht hat.

Rund 100 Menschen aus ganz Europa und Nordafrika arbeiten in ihrer Freizeit bei „Watch the Med“. Acht Stunden dauert ein Dienst. In dieser Zeit darf Lisa die Wohnung nicht verlassen, muss immer in der Nähe des Computers und Telefons bleiben. Fast alle Anrufe kommen von Booten, die sinken oder im Meer treiben, erzählt sie.

Ich hatte mal einen Anruf aus Marokko letzte Woche, da haben die Leute wirklich nur aus vollem Halse geschrien. Und ich konnte sie einfach nicht beruhigen.

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