16. September 2015 · Kommentare deaktiviert für „Bundeswehr-Soldaten sollen Schleuser im Mittelmeer jagen“ · Kategorien: Deutschland, Mittelmeer · Tags: , ,

Quelle: DW

Das Bundeskabinett will die Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Militäroperation gegen Schleuser im Mittelmeer beschließen. Offenbar sollen bis zu 950 Soldaten eingesetzt werden. Das gefällt nicht allen.

Das Bundeskabinett befasst sich an diesem Mittwoch mit der Entsendung bewaffneter deutscher Soldaten in das Mittelmeer. Sie sollen sich an der EU-Militärmission Eunavfor MED beteiligen, die sich gegen Schlepper richtet, die Flüchtlinge aus Nordafrika unter oft lebensgefährlichen Umständen auf Booten nach Europa bringen. Das Mandat, dem der Bundestag noch zustimmen muss, ermöglicht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur die Entsendung von bis zu 950 Soldaten. Der Operationsplan der Mission sieht vor, Schlepperboote zu suchen, aufzubringen und zu beschlagnahmen.

Die Bundeswehr ist im Rahmen des Eunavfor-Einsatzes bereits seit Mai mit zwei Schiffen und rund 300 Soldaten im Seegebiet zwischen Libyen und Italien aktiv. Bislang kümmern sich die Soldaten allerdings ausschließlich um die Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge und das Sammeln von Informationen.

Die EU hatte am Montag grünes Licht für die Ausweitung der Operation gegeben. Die EU-Staaten stimmten dem Übergang in die zweite Phase der Mission zu, wie der Rat der EU in Brüssel mitteilte. In ihr sollen Schiffe von Menschenhändlern auf hoher See aufgebracht, gegebenenfalls zerstört und Schleuser festgenommen werden. In der Phase I war die EU-Militäroperation darauf begrenzt, in Seenot geratenen Personen zu retten und Informationen zu sammeln. Nach dem Tod von rund 700 Flüchtlingen bei einem Schiffsunglück vor der libyschen Küste hatte die EU im Mai einen Drei-Stufen-Plan zur Bekämpfung krimineller Schleuser beschlossen.

Einsatzregeln müssen noch erarbeitet werden

Bis zum 24. September sollen nun auf EU-Ebene die militärischen Einsatzregeln für den erweiterten Einsatz vollständig ausgearbeitet werden. Vereinbart ist laut Diplomaten bereits, dass festgenommene Schlepper an die italienischen Behörden übergeben werden. Es geht aber auch um Vorgaben für die Soldaten, wie sie sich verhalten sollen, wenn Schleuser Waffengewalt einsetzen und etwa Flüchtlinge ins Kreuzfeuer geraten könnten.

Nach bisherigen militärischen Planungen will die EU im ausgeweiteten Kampf gegen die Schleuser sieben Kriegsschiffe, einen Flugzeugträger als Befehlszentrale sowie U-Boote, Drohnen, Hubschrauber und Flugzeuge einsetzen. In libyschen Hoheitsgewässern werden die Marine-Einheiten weiterhin nicht eingesetzt. Dazu wäre ein UN-Mandat nötig, auf das die Europäer seit Monaten vergeblich hoffen. Der Bundestag wird voraussichtlich Anfang Oktober über den erweiterten Einsatz befinden.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte vergangene Woche für die Ausweitung des EU-Militäreinsatzes geworben. Sie sei ein „wichtiges Mittel“, um den mit äußerster Brutalität agierenden Schleuserbanden das Handwerk zu legen, sagte die Ministerin im Bundestag. Gleichzeitig räumte sie ein: „Es ist natürlich nicht das Ende der Fluchtursachen.“

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warb für ein Bundestagsmandat. „Europa darf nicht zulassen, das das Mittelmeer ein Massengrab für Flüchtlinge ist“, sagte Steinmeier „Spiegel-Online“. Es gehe darum, „die Rettung auf See nachhaltig zu verstärken und gleichzeitig das Geschäftsmodell skrupelloser Schleuser kaputt zu machen“. Dazu müssten deutsche Soldaten im Zweifelsfall auch Waffengewalt anwenden.

Die Eunavfor-Med-Mission ist umstritten. Besonders Grüne und Linke argumentieren, dass das robuste Vorgehen gegen die Schlepper die Flucht über das Mittelmeer nur noch gefährlicher machen würde.

In diesem Jahr hat bereits eine Rekordzahl von fast 433.000 Flüchtlingen das Mittelmeer nach Europa überquert. Das sind schon doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2014, berichtet die „Internationale Organisation für Migration“. Die meisten Flüchtlinge kommen allerdings inzwischen nicht mehr aus Nordafrika, sondern lassen sich von Schleppern mit Schlauchbooten aus dem Nato-Staat Türkei nach Griechenland bringen.

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