21. Juni 2017 · Kommentare deaktiviert für „EU-finanzierte Gewalt gegen Flüchtende durch Libysche Küstenwache beenden!“ · Kategorien: Deutschland, Libyen · Tags: ,

Sea-Watch

Unterstütze unsere Petition an Bundeskanzlerin Merkel

Beschreibung

Am 21. Okober 2016 enterten Mitglieder der Libyschen Küstenwache (LCG) ein vollbesetztes Schlauchboot, schlugen auf die Menschen ein und hielten die Sea-Watch Crew davon ab, Rettungswesten zu verteilen. Durch das brutale Vorgehen, beim Versuch das Boot zurück nach Libyen zu schleppen, wurde eine Luftkammer des Bootes zerstört und an Bord brach eine Massenpanik aus.

Fast alle 150 Insassen fielen ins Meer und etwa 30 Menschen ertranken vor den Augen unserer Crew.

Die Europäische Union trainiert seit mehreren Monaten dieselbe Libysche Küstenwache und rüstet sie mit 200 Millionen Euro aus. Der Fokus der Europäischen Unterstützung liegt jedoch nicht auf der Verbesserung der Situation Flüchtender in Seenot. Im Gegenteil: Völkerrechtswidrige Rückführungen und Waffengewalt sind vor der Libyschen Küste an der Tagesordnung und passen in das Konzept Europäischer Abschottung. […]

Begründung

Die europäische Abschottungspolitik will Menschen, die ein Recht auf Schutz vor Gewalt und Verfolgung haben, daran hindern, Europa zu erreichen. Dafür arbeitet die EU auch mit repressiven Regimen zusammen. Besonders fragwürdig ist die Kooperation mit der Libyschen Küstenwache, deren Mitglieder internationales Seerecht und die Genfer Flüchtlingskonvention missachten – und das, obwohl sie seit Monaten von europäischen und deutschen Marinesoldaten ausgebildet werden.

Die Lage auf dem Mittelmeer spitzt sich täglich weiter zu, unter anderem, weil die von der EU trainierte Küstenwache immer aggressiver auftritt. Am 23. Mai und am 15. Juni fielen während Rettungseinsätzen von SOS MEDITERRANEE, Jugend Rettet und Proactiva Open Arms außerhalb libyscher Territorialgewässer Schüsse. Am 10. Mai brachte außerdem die Besatzung des Patrouillenboots 206 unsere eigene Crew in Lebensgefahr. Der Kapitän nahm der Sea-Watch 2 in einem riskanten Manöver die Vorfahrt, um schnellstmöglich ein vollbesetztes Holzboot zu erreichen. Mit vorgehaltener Waffe zwang er die MigrantInnen zurück nach Libyen, wo ihnen Folter, Ausbeutung und Vergewaltigungen drohen. „Höchst bedenklich” nennt Human Rights Watch die EU-Strategie, libysche Behörden damit zu beauftragen, Bootsmigration nach Europa zu verhindern. Die UN sprach im Juni von einer „Menschenrechtskrise“ in Libyen, wo es keinen sicheren Hafen gibt.

Dubiose Milizen mit europäischen Steuergeldern gefördert

Wie unberechenbar die verschiedenen Milizengruppen sind, die sich „Libysche Küstenwache” nennen und von der EU gefördert werden, macht auch eine Reportage von Michael Obert deutlich. Der Journalist beschrieb für das SZ-Magazin, wie Kommandant Al-Bija in einem blutigen Gefecht die Macht über den Hafen der Stadt libyschen Zawiya erlangte. “Dann kreierten sie ein eigenes Wappen, verliehen sich militärische Dienstgrade, nannten sich ‘Libysche Küstenwache von Zawiya’ und fuhren hinaus aufs Mittelmeer.”

Mitglieder der LCG stehen außerdem immer wieder im Verdacht, selbst in das Geschäft der Schlepper verwickelt zu sein. Auch aus diesem Grund drängen wir die Bundesregierung, die Kooperation auf den Prüfstand zu stellen. Es muss ausgeschlossen werden können, dass Fördergelder aus Deutschland dem illegalen Menschenhandel zugute kommen und damit die diejenigen Strukturen fördern, deren Bekämpfung eigentlich der Fokus der Kooperation sein sollte. Der Bundesregierung ist die Vernetzung zwischen der LCG und den Schleppern bekannt. Dies geht aus einem vertraulichen Vermerk des Europa-Staatsministers im Auswärtigen Amt Michael Roth (SPD) hervor. Dass die Bundesregierung trotzdem mit einem immensen Budget an der Kooperation und Finanzierung der LCG festhält, ist schockierend.

EU muss Verantwortung für Menschenrechte an Außengrenzen übernehmen

Momentan folgen alle zivilen Rettungseinsätze den Anweisungen des Maritime Rescue Coordination Center in Rom. Menschenrechtsorganisationen haben scharfe Kritik an den europäischen Vorhaben geübt, die Koordination von Seenotfällen bald an Libyen zu übertragen. Durch diese Pläne „stehen Leben auf dem Meer auf dem Spiel”, heißt es im jüngsten Report von Amnesty International. Solange es keine Aussicht auf Rechtsstaatlichkeit in Libyen gibt, ist es absolut inakzeptabel, der LCG die Verantwortung für Rettungen in den internationalen Gewässern vor der libyschen Küste zu überlassen.

Die Europäische Union hat entschieden, die Migrationsabwehr an dubiose Bündnispartner abzugeben. Gerade deswegen trägt sie aber die Verantwortung für die Konsequenzen dieser Politik. Völkerrechtlerin Nora Markard erklärt im ARD-Interview: „Der Europäischen Union und der Bundesregierung sind die Verhältnisse in Libyen natürlich bekannt. […] Indem sie dazu Unterstützung leisten, sind sie auch völkerrechtlich mit haftbar und machen sich mitschuldig.“

Was es braucht, um die humanitäre Krise an Europas Grenzen zu beenden, ist ein EU-Mandat für eine nicht-militärische Rettungsmission. Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur Seenotrettung von Europa, und von Ihnen, Frau Bundeskanzlerin!

Quellen/Links:

Kommentare geschlossen.