junge Welt | 19.05.2017l
Der Rettung nicht wert
Vor 40 Jahren wurde die deutsche Linke Elisabeth Käsemann in Argentinien von Schergen der Militärjunta ermordet – nach wochenlanger Folter
Von Jana Frielinghaus
Literatur: Bibliothek des Widerstands, Band 8
Dass du zwei Tage schweigst unter der Folter!
Elisabeth Käsemann, Klaus Zieschank, die Diktatur in Argentinien und die Leichen im Keller des Auswärtigen Amtes
Buch und DVD mit zwei Filmen. Laika-Verlag, Hamburg 2010, 192 S., 24,90 Euro
Was sie das Leben kostete, das waren auch ihr Mut, ihre Entschlossenheit und wohl eine Art Pflichtbewusstsein. Vor allem aber war es die kalkulierte Untätigkeit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Sie hatte damals, im Frühjahr 1977, viele Möglichkeiten, das Leben ihrer Staatsbürgerin Elisabeth Käsemann zu retten. Sie tat es nicht. Die Motive: wirtschaftliche Interessen und notorischer Antikommunismus.Die Tochter eines namhaften Theologieprofessors war schon als Kind unbequem und politisch aktiv. Geboren am 11. Mai 1945 in Gelsenkirchen, wuchs sie in Göttingen und Tübingen auf. Die Konsequenz ihres Denkens und Handelns führte sie 1969 nach Lateinamerika, wo sie revolutionäre Bewegungen unterstützen und etwas gegen die ungerechte Verteilung des Reichtums unternehmen wollte. Fotos aus dieser Zeit zeigen eine außergewöhnlich schöne junge Frau mit hellen Augen und langem dunklem Haar, ernsthaft und heiter zugleich. Als sie am 24. Mai 1977 an einem Ort südlich der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires von Militärs durch Schüsse ins Genick und in den Rücken ermordet wurde, war sie gerade erst 30 Jahre alt geworden. Am selben Tag und am selben Ort wurden 15 weitere Gegner der Diktatur erschossen.
Weiterlesen »