20. Januar 2016 · Kommentare deaktiviert für Dänemark schiebt „Superstudenten“ ab · Kategorien: Skandinavien · Tags: ,

Quelle: Telepolis

Die Schikanen gegen Flüchtlinge nehmen in Dänemark zu, gewarnt wird vor ansteckenden Krankheiten, Discos machen Sprachkontrollen und zahlende Studenten, die zu viel gearbeitet haben, werden ausgewiesen

Florian Rötzer

Die Schikanen gegen Flüchtlinge nehmen in Dänemark zu, gewarnt wird vor ansteckenden Krankheiten, Discos machen Sprachkontrollen und zahlende Studenten, die zu viel gearbeitet haben, werden ausgewiesen

Allmählich scheinen manche Menschen vor Angst oder aufkommender Xenophobie in einer sich überschlagenden Überbietungsmanie schlechte Phantasien auszubrüten. Für die Rechten sind die Flüchtlinge sowieso Invasoren und verquerer Anlass, nun zu Verteidigern der Emanzipation der Frauen und der Kultur, möglicherweise noch dazu des Rechtsstaats, zu werden, und allmählich die bislang noch heimliche Gewalt gegen Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte zu kultivieren. Selbst manche Intellektuellen schwelgen nun in Völkischem, sprechen von ethnischer Substanz, die bewahrt werden müsse.

Auch Dänemark wird zunehmend umgetrieben, nachdem die Regierung mit einer rigorosen Abschottungspolitik, Grenzkontrollen und Abschreckungsstrategien begonnen hat. UNHCR hatte bereits Anfang Januar gewarnt, dass die Abschreckungspolitik Angst und Fremdenfeindlichkeit im Land schüren könnte. Geplant ist, dass Flüchtlinge nach Geld und Wertsachen durchsucht werden, um damit für die Bezahlung von Aufenthaltskosten herangezogen zu werden.

Dass die Gesundheitsbehörden die Krankenhäuser davor warnen, dass mit den Flüchtlingen Infektionskrankheiten ins Land kommen können, ist natürlich nicht abwegig, wenn auch vielleicht ein wenig übertrieben und der Hysterie geschuldet. So meldet nach Medienberichten das Statens Serum Institut zwei an Diphterie erkrankte Libyer und warnte die Krankenhäuser vor einer Wiederkehr der riskanten Krankheit, sofern man nicht gegen sie geimpft ist, die aber auch mit Antibiotika behandelt werden kann. Es soll auch Flüchtlinge geben, die an Tuberkulose oder Malaria erkrankt sind. Auf der anderen Seite könnten sich Flüchtlinge in Dänemark mit Krankheiten wie Masern anstecken, gegen die sie nicht geimpft sind.

Bislang werden Flüchtlinge in Dänemark nicht auf ihren Gesundheitszustand untersucht. Offenbar wird von der Regierung überlegt, dies zu ändern und die ins Land kommenden Flüchtlinge auch zu impfen. Das ist im Übrigen auch die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation. Dänemark hat 2015 etwa 20.000 Flüchtlinge aufgenommen.

Auch das Thema der sexuellen Belästigung durch muslimische Ausländer, das in Deutschland seit Silvester zu einem beherrschenden Thema wurde, findet in Dänemark Widerhall. So sagen nach Medienberichten Nachclubbetreiber, dass Frauen hier durch männliche Flüchtlinge und Asylbewerber belästigt worden seien. Beschwerden scheint es vor allem in Sønderborg zu geben, wo eine Kaserne in eine Flüchtlingsunterkunft verwandelt wurde. Ein Nachtclubbesitzer, selbst ein Syrer, sagte, dass viele Flüchtlinge verrückt würden, wenn sie Mädchen sehen und nach ihnen grapschen. Der Polizei ist offenbar nichts über Übergriffe bekannt. Um das Problem einzudämmen, haben drei Discos beschlossen, am Zugang eine Sprachkontrolle zu machen. Wer nicht Englisch, Deutsch oder Dänisch kann, dem wird der Eintritt verwehrt. Offenbar haben sich dem Vorbild weitere Discos im Land angeschlossen.

Eine andere Maßnahme stößt allerdings auch auf Widerstand der Dänen. So wurden gerade zwei Studenten des Landes verwiesen, weil sie zu viel gearbeitet haben – und sich nebenbei offenbar vorbildlich integriert haben. So musste der 30jährige Marius Youbi, der als internationaler Student an Aarhus-Universität studierte und dafür Studiengebühren bezahlte, nach Anordnung der Integrationsbehörde (Styrelsen for International Rekruttering og Integration – STAR) letzten Freitag mitten in der Prüfungszeit das Land verlassen.

Der Student, der immer beste Noten erzielte, fließend dänisch spricht und eine Familie hatte, ist bereits nach Kamerun zurückgereist. Sein Vergehen war, dass er gelegentlich wöchentlich 16,5 Stunden als Putzkraft gearbeitet hatte, 1,5 Stunden mehr, als dies für internationale Studenten erlaubt ist. Aus dem Grund wurde seine Aufenthaltserlaubnis beendet. Er durfte mit einer Vorbereitungszeit von gerade 48 Stunden noch drei Prüfungen ablegen, bevor er das Land verließ – wieder mit den besten Noten. Immerhin haben Dänen einen Facebook-Seite eingerichtet und eine Demo als Protest organisiert. Eine Petition wurde von mehr als 18.000 Menschen unterschrieben. Immigrationsministerin Inger Støjberg hat allerdings erklärt, dass sie sich nicht in Einzelfälle einschalten könne.

Neben Youbi muss auch der nepalesische Student Shalik Ram Bhattarai das Land verlassen. Auch er hatte nur für kurze Zeit 2012 und 2013 zu viel neben seinem Studium gearbeitet. Bhattarai, der an der Universität von Süddänemark Wirtschaftswissenschaften studierte und ebenfalls Studiengebühren dafür bezahlt, lebt seit 8 Jahren in Dänemark. Auch seine Frau, die seit 5 Jahren hier lebt, und ihr dreijähriger Sohn, sollen abgeschoben werden. Allerdings hat der Student eine Anhörung erreicht, so dass die Abschiebung erst einmal verschoben wurde. Sie sollte ähnlich wie bei Youbi kurz vor der Abschlussprüfung im Februar erfolgen, was wohl als Schikane gelten kann. Er sagt, er habe die Regel nicht gekannt und schon für die Verletzung wegen zu viel Arbeit eine Strafe gezahlt. Er hatte darauf gehofft, dass man ihm deswegen auch eine zweite Chance geben würde.

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