11. Januar 2016 · Kommentare deaktiviert für Flüchtlinge, Immigranten und Griechenlands Souveränität · Kategorien: Europa, Griechenland

Quelle: Griechenland-Blog | To Pontiki

Die Handhabung des Problems der nach Europa strömenden Flüchtlinge und Immigranten wird Griechenland um einen weiteren Teil seiner nationalen Souveränität bringen.

Genau so, wie das Unvermögen Griechenlands, seine Kredite abzuzahlen, zur Abtretung seiner fiskalischen Souveränität geführt hat, führt auch das Unvermögen zur Handhabung des Problems der Immigranten- / Flüchtlingsströme zur Abtretung weiterer Souveränitätsrechte.

Dies ist – kurz gefasst – das Resümee des „neuen“ Problems, dem derzeit die griechische Regierung in Bezug auf das Flüchtlings- / Immigrantenproblem begegnet.
Jede Schwäche Griechenlands führt zu neuen Forderungen.

Im … lange zurück liegenden Sommer 2015 war die Aufmerksamkeit der Protagonisten auf der zentralen politischen Bühne anderswo hingewendet: Wird die SYRIZA es schaffen, an der Macht zu bleiben, oder ein kurzes linkes Intermezzo darstellen? Wird Alexis Tsipras ohne politische Kosten die gescheiterte Verhandlung mit den Gläubigern assimilieren können, die letztendlich zu dem dritten Memorandum und der Spaltung seiner Partei führte?

In jenem schrecklichen Sommer des vergangenen Jahres vermochte keiner der Protagonisten auf der zentralen politischen Bühne weiter als über seine Nase und den engen Rahmen seiner Rolle hinaus zu schauen und ein Problem unglaublicher Dimensionen zu sehen, das zu den bereits großen und ungelösten Problemen Griechenlands hinzukam: Die Handhabung der Flüchtlings- / Immigrantenströme.

Beharrlich naiv erachtete die Regierung des Herrn Tsipras sogar, dass genau dieses Flüchtlingsproblem, das zu den vielen anderen griechischen Problemen hinzukam, ein Verhandlungsargument und eine Waffe für gemäßigtere Modi und niedrigere Geschwindigkeiten der Realisierung des ihr schließlich von Seite der Gläubiger aufgezwungenen dritten Memorandums darstellen würde. Der Premierminister nahm jedoch sehr schnell das wahr, was er bereits hätte begriffen haben müssen: nämlich, dass jede griechische Schwäche eine weitere Forderung von Seite der Gläubiger hinzufügt.

Die Argumentation (und Forderung) der Partner (und Gläubiger) in der EU ist simpel: Ab dem Moment, wo Griechenland nicht in der Lage ist, das Eintreffen der Flüchtlinge / Immigranten auf seinem Boden zu kontrollieren, müssen dies andere übernehmen. Es handelt sich offensichtlich um eine vorgeschobene Argumentation analog zu jener, der die Gläubiger sich ebenfalls bedienen, um (nunmehr auch institutionell) die gesamte fiskalische Politik und die Mechanismen der Einnahmen des Staates unter ihrer Kontrolle zu haben.
Das Ergebnis der „Verhandlungen“ ist vorgezeichnet

Die griechische Regierung hat bereits Zuständigkeiten bezüglich der Kontrolle der Ströme von Flüchtlingen übergeben, die in Griechenland angelangen und in andere europäische Länder weiterzureisen wünschen.

Genau wie jedoch bei der fiskalischen Kontrolle die Kürzungen nie genug sind und von den Gläubigern immer wieder neue (Maßnahmen) gefordert werden, so ist auch im Fall der Kontrolle der Flüchtlingsströme die Abtretung von Souveränitätsbereichen des Landes ohne Ende. Die Aufwertung der Frontex zu einem mächtigen Träger zur Bewachung der europäischen schließt Rechte und Zuständigkeiten dieses neuen Trägers ein, die bis hin zu der Möglichkeit reichen, in Gebieten des Landes (also in Griechenland), in dem sie aktiv ist, den Ausnahmezustand zu verhängen und einfach nur die Regierung zu informieren.

Angeblich steht diese ganze Sache – sprich bezüglich der Zuständigkeiten der neuen mächtigen Frontex – unter Verhandlung. Das „große Bild“ betrachtend ist jedoch das Ergebnis auch dieser Verhandlung leicht vorherzusehen. Und das „große“ Bild ist erschreckend: Im Verhältnis zu 2014 stieg die Anzahl der Flüchtlinge / Immigranten, die 2015 in das Land kamen, um 1.000% an!

Es wird damit gerechnet, dass die Eskalation der Spannung im Mittleren Osten den Strom (der Flüchtlinge und Immigranten), der sogar auch an diesen winterlichen Tagen 2.500 Personen am Tag übersteigt, auf den selben Niveaus halten wird. Von diesen Menschen kommen 50% aus Kriegsgebieten, während die übrigen 50% Immigranten aus Ländern hauptsächlich Nordafrikas sind, die niemals Asyl in irgend einem europäischen Land erhalten werden – mit dem Ergebnis, dass sie in Griechenland „stecken“ bleiben.
Griechenlands „Partner“ üben sich in Sankt-Florian-Politik

Die sogenannten europäischen „Partner“ Griechenlands ändern – jeder für sich separat (… !) – ihre Politik im Immigrantenproblem und pfeifen auf das Schengener Abkommen, aber auch andere internationale Konventionen, schließen ihre Grenzen und machen Griechenland praktisch zu einer „Deponie“ für Flüchtlinge und Immigranten.

Welche vermag also die Verhandlungsmöglichkeit des wirtschaftlich bankrotten Landes bezüglich des Flüchtlings- / Immigrantenproblems sein, das Europa beschäftigt, jedoch buchstäblich Griechenland „verbrennt“?

  • Vermag beispielsweise die griechische Regierung die Forderung nach erhöhten Zuständigkeiten der neuen Frontex zurückzuweisen, während sie im selben Moment wegen „positiver Bewertungen“ und neuer Kredite auf heißen Kohlen sitzt?
  • Vermag die griechische Regierung ihre (eingegangenen …!) Verpflichtungen bezüglich der Schaffung offener Einrichtungen zur Unterbringung von 30.000 Flüchtlingen / Immigranten zu realisieren?
  • Vermag die (welche auch immer) Regierung Griechenlands die Lebenshaltungskosten für diese Menschen zu decken?

Die vorstehenden und viele andere zusammenhängende Fragen sowie auch die Realität der Zahlen führen – sogar auch Regierungsfaktoren – zu der schmerzhaften Schlussfolgerung: Die neue Frontex wird geschaffen, um die Immigranten / Flüchtlinge am Verlassen Griechenlands zu hindern bzw. sie zu kontrollieren, und die Zuständigkeiten, derer die Frontex sich für ihr Agieren versichern wird, setzen voraus, dass Griechenland einen weiteren grundsätzlichen Part seiner Souveränität abtreten wird.

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