17. September 2015 · Kommentare deaktiviert für „Flüchtlingsroute Kroatien: Kürzer, aber schwieriger und gefährlicher“ · Kategorien: Balkanroute, Kroatien, Serbien · Tags:

Quelle: FAZ

Die ungarische Grenze zu Serbien ist abgeriegelt. Nun müssen sich die Flüchtlinge über Kroatien nach Deutschland durchschlagen. Aber der Weg birgt große Gefahren.

von Karl-Peter Schwarz

Nach der Abriegelung der ungarischen Grenze zu Serbien schwenken die Flüchtlinge rascher als erwartet auf die alternative Route um, die über Kroatien, Slowenien und Österreich nach Deutschland führt. Die kroatischen Behörden bestätigten am Mittwochvormittag , dass in der Nacht 181 Flüchtlinge in Kroatien eingetroffen seien. „Sie werden weiterreisen können, und wir werden ihnen dabei helfen“, sagte Ministerpräsident Zoran Milanović. Die nach Deutschland strebenden Flüchtlinge sind vorwiegend Syrer und Afghanen. Auch Frauen und Kinder sind unter ihnen.

Nach Kroatien kamen die Flüchtlinge in Bussen, die sie aus der südserbischen Stadt Preševo direkt zum Grenzübergang Sid-Tovarnik brachten. In der Dunkelheit umgingen sie die Grenzposten, um eine Registrierung zu vermeiden. Die kroatische Polizei griff sie in Maisfeldern auf, in denen sie sich versteckt hielten.

Weitere Busse mit Flüchtlingen von Serbien

Für Mittwoch wurde in Kroatien mit der Ankunft von mindestens 500 Flüchtlingen aus Serbien gerechnet. Es könnten jedoch bald weit mehr werden, denn angeblich sind weitere Busse aus Preševo nach Sid unterwegs. Die kroatische Regierung hat 6000 Polizisten für die Überwachung der Staatsgrenze aufgeboten, insgesamt 20.000 Beamte stehen für weitere Aufgaben bereit.

Die erste Reaktion des kroatischen Ministerpräsidenten lässt erwarten, dass die neu angekommenen Flüchtlinge rasch bis zur slowenischen Grenze durchgeschleust werden sollen. Die kürzeste und schnellste Route führt zur slowenischen Schengen-Außengrenze an der E59 bei Gornji Macelj und ist rund 300 Kilometer lang. Von dort bis Maribor und zur österreichischen Grenze sind es noch einmal 85 Kilometer.

Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hat für die nächsten Tage die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrats angekündigt, der sich mit den sicherheitsrelevanten Auswirkungen der Flüchtlingskrise beschäftigen soll. Noch am Montag hatte Innenminister Ranko Ostojić erklärt, sein Land sei auf die Bewältigung eines größeren Ansturms von Flüchtlingen vorbereitet, er rechne aber nicht damit, dass es dazu kommen werde. Die meisten der nun aus Serbien kommenden Migranten dürften sich allerdings kaum aufhalten lassen und ihren Weg nach Deutschland oder Schweden fortsetzen.

Die Aufnahmezentren sind darauf ausgelegt, 3000 Flüchtlinge aufzunehmen. In diesem Jahr wurden in Kroatien lediglich 720 Asylanträge gestellt, von denen 40 positiv beantwortet wurden. Anders als die Länder der Visegrád-Gruppe (Polen, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn) lehnen Kroatien und Slowenien verbindliche Quoten für die Aufnahme von Flüchtlingen nicht ab. Kroatien erklärte sich im Juli bereit, 550 Asylbewerber zu übernehmen. Das Land stimmte auch der im Juncker-Plan vorgesehenen Quote von weiteren 1064 Flüchtlingen zu.

Bisher war Kroatien schon deshalb kein Transitland, weil es anders als Ungarn noch nicht zur Schengen-Zone gehört. Die Schließung der Schengen-Außengrenze in ihrem ungarischen Abschnitt sowie die teilweise Aufhebung des freien Grenzverkehrs durch Deutschland und Österreich machen diese Route nun jedoch erheblich attraktiver.

Die Strecke von der mazedonisch-serbischen Grenze bis zur österreichisch-deutschen bei Salzburg ist um etwa hundert Kilometer kürzer als die über Ungarn. Abseits der Europastraßen und der Landstraßen ist sie allerdings erheblich schwieriger und auch gefährlicher. Ungarische und kroatische Fluchthelfer erklären den Flüchtlingen, die sich in Serbien stauen, auf Flugblättern und über die sozialen Medien die alternativen Möglichkeiten und warnen vor den Gefahren.

Donau muss als Grenze überquert werden

Die Grenze zwischen Serbien und Kroatien ist 252 Kilometer lang, etwa zwei Drittel davon folgen dem Lauf der Donau, die zunächst überquert werden muss. Auf dem rechten, kroatischen Ufer erstreckt sich eine breite Sumpflandschaft, die daran anschließenden Auwälder der Drau sind noch nicht von den Minen geräumt, die während des Krieges in Slawonien gelegt wurden. An den Straßen stehen fast überall Schilder, die vor der Minengefahr warnen. Mehr als 500 Quadratkilometer kroatischen Territoriums sind noch nicht vollständig von den Sprengfallen geräumt, immer wieder kommt es zu schweren Unfällen. Die Flugblätter warnen die Flüchtlinge eindringlich davor, in diesem Gebiet die Straßen und Wege zu verlassen. Leichter und gefahrloser zu bewältigen ist die grüne Grenze im südlichen Abschnitt zwischen der Donau und der Save.

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