14. Oktober 2013 · Kommentare deaktiviert für „EU lässt schiessen“ – jw · Kategorien: Italien, Libyen, Malta · Tags: , , ,

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EU lässt schießen
Flüchtlinge: Libysches Militär eröffnete Feuer auf See. Seit einer Woche gemeinsame Patrouillen von Libyen und Italien

Von Arnold Schölzel

Überlebende des am Freitag zwischen Malta und Lampedusa gekenterten Flüchtlingsschiffes berichten, daß sie gezielt von einem Boot der libyschen Marine beschossen wurden. Dabei habe es zwei Tote gegeben. Ihre Aussagen wurden am Sonntag auf der Internetseite der Zeitung Malta Today und in italienischen Medien wiedergegeben.

Die Zeitung Il Repubblica veröffentlichte am Sonntag außerdem auf ihrer Internetseite ein Video, in dem zu sehen ist, wie offenbar libysche Grenzpolizisten mit Waffen ein Boot daran hindert, in See zu stechen. Der Film enthält zudem Interviews mit Flüchtlingen, die Schußwunden, aber auch Folterspuren vorweisen. Bekannt wurde am Wochenende, daß die Grenzbehörden Libyens und Italiens am vergangenen Montag ein Abkommen unterzeichnet haben, wonach libysche Grenzpolizisten ab sofort unter Kontrolle italienischer Beamter auf Patrouille gehen. Die dafür benötigten Schiffe liefert Italien bereits seit 2009 an den nordafrikanischen Staat. Ob auf dem Schiff, von dem aus die Schüsse fielen, italienische Polizisten waren, ist nicht bekannt.

Die libysch-italienische Vereinbarung vom 7. Oktober war offensichtlich die Antwort der EU auf die Schiffstragödie vor Lampedusa vier Tage zuvor. Sie kostete nach italienischen Angaben vom Sonntag mindestens 362 Menschen das Leben. Am Sonnabend wurden demnach knapp 20, am Sonntag vier Leichen geborgen. 155 Menschen haben das Unglück überlebt.Beim Schiffsuntergang eine gute Woche später sind nach offiziellen Angaben mindestens 35 Flüchtlinge gestorben, mehr als 200 konnten gerettet werden. Malta Today berichtete, das 65 Meilen südlich von Lampedusa gekenterte Schiff habe nach Aussagen von Überlebenden zwischen 400 und 450 Menschen an Bord gehabt. Offiziell war von 250 Insassen die Rede. Bei den Flüchtlingen handele es sich vor allem um Syrer und Palästinenser. Mehrere hätten übereinstimmend von der Beschießung berichtet. Ein 20jähriger Palästinenser namens Molham Alrosan, der Syrien verlassen hatte, schilderte der Zeitung, das libysche Militärschiff sei kurz nach dem Start in der Hafenstadt Zuwara aufgetaucht: »Es folgte unserem Boot sechs Stunden lang, und die Beamten an Bord bestanden darauf, daß wir umkehren. Als unser Kapitän sich weigerte, begannen sie dorthin zu schießen, wo sie den Motor vermuteten. Als das nicht funktionierte, schossen sie auf uns.« Es sei Panik ausgebrochen, die zum Kentern geführt habe.

Nach dem Untergang des Schiffes hatte Maltas Ministerpräsident Joseph Muscat, der am Sonntag mit der libyschen Regierung in Tripolis verhandelte, in einem BBC-Interview erklärt: »Bisher hören wir von der EU nur leere Worte. Ich weiß nicht, wie viele Menschen noch sterben müssen, bevor etwas geschieht. Wie die Dinge im Moment stehen, machen wir unser eigenes Mittelmeer zum Friedhof.« Italiens Premier Enrico Letta kündigte am Samstag an, Italien werde die Überwachung im Mittelmeer verstärken. Das Land starte am heutigen Montag einen »humanitären Militäreinsatz mit Schiffen und Flugzeugen«. Das sei eine Überbrückungsmaßnahme vor einem erhofften größeren Engagement der EU. Am selben Tag äußerte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, seine »tiefe Besorgnis« über die Meldungen von der Beschießung. Er äußerte seine Hoffnung, daß der Vorfall aufgeklärt und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden. Deutschen Sonntagszeitungen waren diese Nachrichten keine Zeile wert, in elektronischen Medien tauchten sie nicht auf.

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