30. Juni 2017 · Kommentare deaktiviert für „Schweizer Grenze: Die Polizei wappnet sich gegen illegale Einreisen“ · Kategorien: Schweiz · Tags: ,

NZZ | 29.06.2017

Zu Tausenden machen sich afrikanische Flüchtlinge derzeit auf den Weg nach Europa. Die Kantone an der Südgrenze haben präventiv Unterstützung angefordert.

Mit dem Beginn des Sommers steigt auch die Zahl der Bootsmigranten rasant an: Allein in den letzten Tagen brachten Rettungsschiffe über 12 000 Flüchtlinge in süditalienische Häfen. So verschärft nicht nur Italien den Ton – es möchte Rettungsschiffe, die nicht unter seiner Flagge fahren, künftig nicht mehr in seine Häfen lassen. Auch die Schweiz bereitet sich auf eine Zunahme der irregulären Grenzübertritte vor. Wie die Schweizerischen Polizeikorps am Donnerstag vor den Medien in Bern mitteilten, möchten sie ihre Kollegen im Tessin, Wallis und Graubünden, die durch einen allfälligen Anstieg an illegalen Einreisen besonders gefordert wären, mit bis zu 50 Polizeiangehörigen aus der ganzen Schweiz unterstützen – sollte sich die Lage verschärfen. «Ein Akt der Solidarität», sagte Stefan Blättler, Präsident der Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS).

Einsatzdauer ist ein Novum

Die Unterstützungsaktion wird im Rahmen eines interkantonalen Polizeieinsatzes geplant. Geleistet werden solche Einsätze auch bei Grossereignissen wie internationalen Fussballspielen oder dem WEF; ein Novum stellt hier allerdings die Einsatzdauer von mehreren Monaten dar. Zu einer Unterstützungsaktion kommen soll es nur, wenn die betroffenen Kantone ein Ereignis – in diesem Fall die illegalen Einreisen – trotz Unterstützung durch das zugehörige Konkordat oder die Nachbarkantone polizeilich «nicht» oder «nur bedingt» bewältigen können. Diese müssten dann beim KKPKS einen Antrag stellen.

Momentan ist es zwar noch nicht so weit, doch die Kantone möchten gewappnet sein. Sie dürften ihre Schlüsse aus vergangenem Sommer gezogen haben, als die irregulären Grenzübertritte in den warmen Monaten schlagartig zunahmen: Während im Mai 2016 noch 2420 Personen aufgegriffen wurden, waren es im Juni 4696 und im Juli und August über 7000 Menschen. Die Mehrheit der illegalen Einreisen erfolgte über den Kanton Tessin, aber auch über die Kantone Wallis, Graubünden sowie die Ostschweiz.

Die an der Pressekonferenz anwesenden Polizeikommandanten betonten, es gehe bei dem geplanten Einsatz um eine «Unterstützung im Hinterland». Um die Grenzkontrollen kümmere sich hingegen der Grenzwachtkorps (GWK) des Bundes. Man arbeite mit diesem aber gut zusammen. Auf Anfrage sagt Sprecher David Marquis, dass auch das GWK die Möglichkeit habe, bei Bedarf Verstärkungseinsätze durchzuführen. Dies bedeute, dass Mitarbeitende aus anderen Regionen die Kollegen in den von der Migration stärker betroffenen Regionen – derzeit an der Südgrenze – verstärken. Über die Ausgestaltung dieser Massnahmen möchte Marquis «aus einsatztaktischen Gründen» keine Angaben machen.

Unterstützung durch die Armee

Sollte die Situation eskalieren, gäbe es laut Artikel 67 des Militärgesetzes zudem die Möglichkeit, die Armee zur Unterstützung des GWK an die Grenze zu schicken. Die Voraussetzung für einen solchen Einsatz ist – auch hier–, dass die zivilen Behörden ihre Aufgaben «nicht mehr bewältigen können». Was das genau heisst, muss jeweils im Einzelfall beurteilt werden. Im April 2016 haben Bund, Kantone, Städte und Gemeinden im Rahmen einer «Notfallplanung Asyl» die Rolle der Armee erstmals skizziert. Demnach muss das Verteidigungsdepartement grundsätzlich für eine erhöhte Bereitschaft der Armee sorgen, so dass im Bedarfsfall das GWK und weitere Behörden mit bis zu 2000 Armeeangehörigen unterstützt werden können. Dazu würde es allerdings nur in einer schweren Notlage kommen, beispielsweise wenn 30 000 rechtswidrige Grenzübertritte innert weniger Tage verzeichnet würden. Von dieser Zahl war man aber auch im Sommer 2016 weit entfernt. […]

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