15. Januar 2017 · Kommentare deaktiviert für „Flüchtlinge auf Samos: Elend in nassen Zelten“ · Kategorien: Griechenland · Tags:

Quelle: ARD Tagesschau | 1501.2017

Im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Samos leben rund 1400 Menschen – die meisten in unbeheizten Zelten. Sie leiden besonders unter dem ungewöhnlich hartem Winter. Die UN fordern, sie in aufs Festland zu bringen.

Von Michael Lehmann, ARD-Studio Athen, zzt. Samos

Starkregen und Kinderstimmen hoch über Samos-Stadt – warm sind hier nur wenige Wohncontainer im sogenannten Hotspot-Camp. Drumherum ein doppelt mit Stacheldraht gesicherter hoher Zaun. Bedrückend eng stehen die Container am Hang, dazwischen Schuhe, die eigentlich zum Trocknen aufgestellt wurden, immer wieder Abfall, Pfützen und, wild hineingeklatscht, Zelte, die aus Planen und Holzresten notdürftig zusammengeflickt sind.

Härtester Winter seit Jahren

Rose de Jong versucht das Chaos zu lindern. Sie ist die hauptverantwortliche UNHCR-Flüchtlingshelferin auf der Insel: „Die Temperaturen sind in den vergangenen Wochen extrem gefallen – der krasseste Winter seit langem in Griechenland“, sagt sie. Besonders Familien, verletzte Menschen und Schwangere sind überhaupt nicht in der Lage, unter diesen Bedingungen klar zu kommen.“

Vor elf Tagen erst ist Saleuklah Hatak aus Afghanistan mit seinem Bruder und einem Freund hier angekommen. 1100 Euro hat das Schleuserticket für die anderthalb Kilometer lange Schlauchboot-Fahrt von der Türkei hierher gekostet. Seitdem: Kälte, erst Schnee, dann Nässe. „Wir leben hier oben in dem Zelt. Das ist schwer zu ertragen, aber wir haben keine andere Chance. Wir brauchen Geduld“, sagt er.

Das Zelt für die drei steht auf einer nassen Betonplatte, seitlich Pfützen, die Decken innendrin – feucht. „Meistens bleiben wir unter dem Vordach vor der Ärztebaracke“, erzählt Hatak. „Nachts schlafen kann man da zwar nicht, aber es ist wenigstens trocken bei dem vielen Regen draußen.“

Hunderte harren in Zelten aus

500 der Bewohner im Hotspot-Camp auf Samos müssen es ähnlich nass und kalt in Zelten oder Notdürftig mit Planen geschützten Plätzen aushalten. Aus einem Labyrinth von nassen Planen, doppelt gelegten Decken und Leinengewirr ist immer wieder auch Kindergeschrei zu hören.

Nicht allen Familien konnten die Helfer eine festere Unterkunft auf der Insel vermitteln, berichtet Flüchtlingshelferin de Jong: „Manche Flüchtlinge sind in einem psychisch sehr schwierigen Zustand. Sie stehen nach ihrer Irrfahrt hierher innerlich unter Druck. „Manche mussten ihr Zuhause erst vor kurzem verlassen – und jetzt solche Lebensbedingungen wie hier aushalten. Das erzeugt Frust und enormen Psychodruck.“

Monatelange Wartezeiten

Offizielle Auskünfte von den Verantwortlichen im Flüchtlingscamp auf Samos gibt es nur nach mehrtägiger Wartezeit. Journalisten sind auch bei der Polizei im Camp allenfalls toleriert. Die Türen zum Lager stehen zwar inzwischen Besuchern offen. Doch es sind vor allem Freiwillige und Angestellte der Hilfsteams, die versuchen, den Menschen zu erklären, dass es Monate dauern kann, bis sie wissen, ob ihr Asylverfahren Erfolg hat.

„Vielleicht nach Frankreich oder nach Italien“ – wo er hin will, kann der junge Mann aus dem Irak nicht sagen. Er hat von einem holländischen Arzt vier große Tabletten gegen seine Knieschmerzen bekommen und steht auf Krücken auf einer steilen Schotterpiste.

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