Quelle: Zeit Online
Deutschland ist ein Einwanderungsland – und zwar seit 1945. Weshalb über Asyl und Zuwanderung trotzdem gestritten wird, erklärt der Historiker Klaus Jürgen Bade.
Interview: Daniel Erk
In einem der Hochhäuser am nördlichen Rand des Hansaviertels in Berlin wohnt, 35 Meter über der Stadt, Klaus Jürgen Bade. Wie kaum ein anderer kennt Bade die Zuwanderungsdebatten der vergangenen Jahrzehnte und hat sie selbst geprägt. Er war Professor für Neueste Geschichte an der Universität Osnabrück, bis 2012 arbeitete er als Vorsitzender des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration und wurde in dieser Zeit als Gegenspieler Thilo Sarrazins bekannt. In seinem Wohnzimmer, mit Blick über Westberlin, gießt Bade Kaffee aus einer silbrig glänzenden Stelton-Kanne. Kann er erklären, wie man die Fehler der Vergangenheit vermeidet?
ZEIT Campus: Herr Bade, Sie begleiten die Debatte um Einwanderung und Asyl seit den frühen achtziger Jahren. Wiederholt sich heute derselbe Streit, mit denselben Argumenten?
Klaus J. Bade: Die Argumente klingen verwandt, manche Ereignisse sind ähnlich grauenerregend – man denke an die brennenden Flüchtlingsunterkünfte. Aber einige Erkenntnisse haben sich doch schon in der politischen Debatte durchgesetzt: Deutschland ist ein Einwanderungsland, überschaubare Zuwanderung ist verkraftbar, und Integration funktioniert. Dahinter kann die Politik nicht mehr zurück. Deshalb wird heute vor allem über Zahlen diskutiert. Da heißt es: „Jetzt ist es aber wirklich zu viel! Das geht nicht mehr!“
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