25. Januar 2016 · Kommentare deaktiviert für „Griechenland weist EU-Vorwürfe als Lüge zurück“ · Kategorien: Europa, Griechenland, Türkei · Tags: ,

Quelle: Zeit Online

Im Streit um die Grenzsicherung hat Griechenland den anderen EU-Staaten Unehrlichkeit vorgeworfen. Die Seegrenze sei nicht schließbar, Seenotrettung die einzige Option.

Die griechische Regierung hat im Streit um die Sicherung der EU-Außengrenzen Vorwürfe anderer Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zurückgewiesen. „Gemäß dem Völkerrecht, dem Seerecht, der Genfer Konvention, dem europäischen Recht, dem griechischen Recht“ sei die einzige Handlungsoption an einer Seegrenze, Menschen zu retten, sagte der für Einwanderungsfragen zuständige Vize-Innenminister Ioannis Mouzalas bei einem Treffen der EU-Innenminister in Amsterdam. Er frage sich, ob einige EU-Länder der Auffassung seien, dass die Flüchtlinge ertrinken sollten. „Was wollen Sie, dass wir tun?“

Die Seegrenze zur Türkei könne nicht abgedichtet werden. Der Minister bezeichnete den Vorwurf als „Lüge“, Griechenland wolle weniger Küstenwache. Das Gegenteil sei der Fall: Die EU-Länder, die Griechenland gedrängt hätten, Hilfe anzufordern, ließen sich jetzt Zeit damit, die zugesagten Küstenwachen und Materialien zu liefern, sagte Mouzalas. Griechenland unternehme alles, um seine Seegrenze zur Türkei besser zu überwachen, doch statt der erbetenen 1.800 Beamten der Grenzschutzagentur Frontex, seien nur 800 gekommen.

Wegen der anhaltend hohen Flüchtlingszahlen hatten Politiker aus anderen EU-Ländern den Druck auf Griechenland erhöht – und sogar mit dem vorübergehenden Ausschluss aus dem Schengen-Raum gedroht. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte die Regierung in Athen aufgefordert, „ihre Hausaufgaben“ zu machen. Schon in den nächsten Wochen sei ein „dauerhafter, spürbarer, nachhaltiger Rückgang der Flüchtlingszahlen“ nötig, sagte de Maizière. „Die Zeit läuft uns davon.“

Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner widersprach auch den Angaben des griechischen Ministers, die türkisch-grieche Grenze sei nicht zu schützen. Das sei „ein Mythos“, sagte sie. Griechenland verfüge über eine der größten Marinen in Europa und solle diese zum Schutz der EU-Außengrenze unter ein ziviles Kommando stellen. Andernfalls werde sich die Schengen-Außengrenze „in Richtung Mitteleuropa bewegen“. Der belgische Migrationsstaatssekretär Theo Francken sprach sich in dem Fall für eine Aussetzung Schengens aus. „Die Griechen müssen die Konsequenzen tragen“, sagte er im belgischen Sender VRT.

Griechenland ist für viele Flüchtlinge das Tor nach Europa. Hunderttausende sind in den vergangenen Monaten von der Türkei aus auf griechische Inseln übergesetzt und auf der sogenannten Balkan-Route weitergereist, vor allem nach Deutschland. Die Justiz- und Innenminister der Europäischen Union wollen in Amsterdam erreichen, dass deutlich weniger Flüchtlinge und Migranten per Boot aus der Türkei zu Inseln des EU-Landes kommen. Ein Vorschlag der EU-Kommission, wonach die europäische Grenzschutzagentur Frontex zur Not auch gegen den Willen eines Landes dort aktiv werden könnte, soll bei dem Ministertreffen ebenfalls besprochen werden.

Nach Zahlen der Europäischen Union kommen trotz des Winters und rauer See auf den griechischen Inseln immer noch mehr als 2.000 Menschen täglich an. Bis zum 23. Januar kamen 43.921 Schutzsuchende und Migranten dieses Jahr aus der Türkei. Bereits 149 Menschen wurden tot geborgen oder werden vermisst. Die meisten Toten wurden in der Ägäis registriert. Zum Vergleich: Im ganzen Januar des Vorjahres waren nur 1.694 Menschen auf den Ägäisinseln angekommen.

EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte wie andere europäische Spitzenpolitiker davor gewarnt, dass das passfreie Reisen innerhalb des Schengen-Raums ein Ende haben könnte, falls die EU binnen zwei Monaten keine Migrationsstrategie vorweisen könne. Nach Angaben der EU-Kommission ist der Ausschluss eines Landes aus der Schengen-Zone oder die Aussetzung ihrer Regeln allerdings nicht möglich. „Beides sind Möglichkeiten, die es nach den aktuellen Regeln nicht gibt“, sagte eine Sprecherin in Brüssel.

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