23. September 2015 · Kommentare deaktiviert für Berlin: „Kreuzberg streitet über leer stehende Wohnungen für Flüchtlinge“ · Kategorien: Deutschland

Quelle: rbb

Um Flüchtlinge unterzubringen, beschlagnahmt der Berliner Senat Gebäude in der Stadt. In Friedrichshain-Kreuzberg berät nun das Bezirksparlament darüber, dies eventuell auch bei leer stehenden Privatwohnungen zu tun – konkret in Riehmers Hofgarten, Gründerzeitbauten in bester Lage. Der Eigentümer sieht allerdings gar keinen Leerstand.

Fenster ohne Vorhänge, keine Pflanzen auf dem Balkon. Dass zahlreiche Wohnungen in der Anlage Riehmers Hofgarten in Berlin-Kreuzberg keine Bewohner haben, ist offensichtlich. Und der Grünen-Politiker Andreas Weeger hat dafür vor allem eine Erklärung: Seit Jahren halte der Eigentümer, die cobius Liegenschaftsgesellschaft, die Wohnungen an der Yorck-Straße leer, um sie besser weiterverkaufen zu können. Das Unternehmen allerdings bestreitet diesen Vorwurf.

Dass Weeger dieser Zustand stört, hat aktuell vor allem einen Grund: Er würden gerne Flüchtlinge in die freie Wohnungen einziehen lassen, und zwar sobald wie möglich. Um dies zu erreichen, könnte das Bezirksamt die freistehenden Wohnungen beschlagnahmen, genauso wie es derzeit zum Beispiel mit Turnhallen geschieht.

Rechtliche Grundlage für eine Beschlagnahmung wäre das Allgemeine Sicherheits-und Ordnungsgesetz (ASOG), erklärt Weeger: „Wenn man nach ASOG etwas beschlagnahmt, dann ist das eine vorübergehende Sache. Es wird eine Frist gesetzt, bis wann die Beschlagnahmung besteht.“ Dem Eigentümer entstünden dadurch also „keine regulären Mietverhältnisse und sie bekommen eine dem Mietspiegel entsprechende Entschädigung.“

Für den Eigentümer also eigentlich eine gute Gelegenheit, mit den leeren Wohnungen Geld zu verdienen, findet der Grünen-Bezirksverordnete.

Wohnungsunternehmen sieht keinen spekulativen Leerstand

Der Wohnungseigentümer dagegen weist die Vorwürfe des Grünen-Politikers zurück, Wohnungen aus Spekulationsgründen nicht zu vermieten. „Ein spekulativer Leerstand existiert nicht“, teilte das Unternehmen Cobius in einer Pressemitteilung am Mittwoch mit.

Der Leerstand sei vielmehr baulich bedingt, da unter anderem das Dach ausgebaut und Wohnungen saniert werden sollen. Leerstehende Wohnungen sollen als Ausgleichsquartiere für jene Mieter genutzt werden, die von den Bauarbeiten betroffen sind und währenddessen nicht in ihren Wohnungen bleiben können.

Das Unternehmen erklärte darüber hinaus, den Leerstand seit Übernahme der Häuser im Jahr 2013 sogar reduziert zu haben.

Kritik an Informationspolitik des Bezirks

Die Nachbarschaft in Riehmers Hofgarten wäre unterdessen bereit, Flüchtlingen zu helfen, sagt der langjährige Mieter Wolfgang von Reiche. Für die angestrebte Beschlagnahmung hätten sie allerdings kein Verständnis, so der Rechtsanwalt.

Am meisten störe ihn, dass niemand vom Bezirk vorher mit den potentiellen Nachbarn gesprochen habe, und sie somit nicht wüssten, was auf sie zukommt. Man wisse nicht, wie viele einquartiert werden könnten, und auch nicht, „was die für Verhaltensweisen mitbringen, was die für Sorgen mitbringen, und was das für uns bedeuten würde.“ Am besten wäre es, wenn geflüchtete Familien einzögen, die eine Weile blieben.

Linke hofft auf Kooperation des Eigentümers

Das schwebt auch dem zuständigen Linken-Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler vor. Für das Beschlagnahmen von Privateigentum seien allerdings die Hürden sehr hoch. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass es keine anderen Möglichkeiten gab, als zu diesem Mittel zu greifen, so Mildner-Spindler.

Er erhofft sich vielmehr, mit dem Eigentümer der leer stehenden Wohnungen ins Gespräch zu kommen. Alternativ könnte der Bezirk die Wohnungen für Flüchtlinge anmieten, so Mildner-Spindler. Eine Lösung, die wahrscheinlich mehr Aussicht auf Erfolg hat, und mit der auch der Grünen-Bezirksverordnete Weeger gut leben könnte.

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