16. September 2015 · Kommentare deaktiviert für Neue Flüchtlingsroute: Kroatien schickt Minenräumer an die serbische Grenze · Kategorien: Balkanroute, Kroatien, Serbien

Quelle: Spiegel Online

Die neue Transitroute durch Kroatien ist für Flüchtlinge besonders gefährlich: In der Grenzregion zu Serbien liegen noch Zehntausende Landminen aus Kriegszeiten vergraben. Jetzt schickt die Regierung in Zagreb Minenräumtrupps.

Ungarn hat seine Grenzen dicht gemacht, nun suchen sich die Flüchtlinge neue Wege nach Europa. Tausende Menschen wollen über Kroatien nach Westeuropa gelangen. Zu Fuß machen sie sich auf den Weg – doch die Route ist gefährlich, denn der kroatische Boden ist gerade in den Grenzregionen noch mit Zehntausenden Landminen aus dem Balkankonflikt verseucht. Jetzt reagieren die kroatischen Behörden und schicken laut Nachrichtenagentur Reuters Minenräumer an die serbische Grenze.

„Besonders wenn sich die Flüchtlinge von den öffentlichen Straßen wegbewegen und über Land gehen, kann es für sie gefährlich werden“, sagt Martin Auracher von der Organisation „Deutsche Minenräumer“ (Demira). In den Bezirken Osijek-Baranja und Zupanja, die beide in der Grenzregion zu Serbien liegen, gebe es noch sehr viele Minen und Blindgänger. Darunter seien Anti-Fahrzeugminen oder Spring-Splitterminen, die eine Sprengkraft von einer kleinen Granate aufbringen könnten. Die Betroffenen sterben meist direkt oder ihnen werden Gliedmaßen abgerissen.

Auch das Auswärtige Amt warnt auf seiner Webseite schon seit Jahren Reisende davor, Straßen und Wege zu verlassen: In einigen Landesteilen bestehe immer noch eine Gefährdung durch scharfe Minen, die oft dicht am Straßenrand verlegt worden seien.

Mehr als 1000 Quadratkilometer während des Konflikts vermint

Etwa 50.966 Minen sollen sich laut der kroatischen Minenräumanstalt (Cromac) noch in Kroatien befinden – vor allem in der serbisch-kroatischen Grenzregion. Ein Erbe des Bürgerkriegs zwischen Kroatien und Serbien, bei dem von 1991 bis 1995 rund 20.000 Menschen getötet und Hunderttausende vertrieben wurden. Mehr als tausend Quadratkilometer Land wurden während des Konflikts vermint.

Die Minenräumung in Kroatien ist in den vergangenen Jahren weit fortgeschritten: „Die betroffenen Flächen sind inzwischen sehr gut bekannt und wurden mit mehr als 12.000 Warnschildern versehen“, sagt Auracher. „Diese muss man natürlich kennen und interpretieren können.“

Solange die Flüchtlinge auf öffentlichen Flächen blieben, bestehe keine allzu große Gefahr, so der Experte. Es sei zu erwarten, dass sich die Menschen entlang der Autobahn Richtung Zagreb bewegten. Zudem seien minenverdächtige Flächen meist so dicht bewachsen, dass man nur schwer zu Fuß durch das Gestrüpp kommt. „Also werden die Fußgänger automatisch auf die gemähten Felder umgelenkt – die natürlich minenfrei sind.“

Am Morgen überquerte bereits eine erste Gruppe von Flüchtlingen die Grenze zwischen Serbien und Kroatien. Hunderte Menschen kamen in Bussen in die serbische Grenzstadt Sid, von wo aus sie sich zu Fuß auf die letzten Kilometer bis in das EU-Land machen.

Die Regierung in Zagreb sicherte zwar zu, dass die Flüchtlinge das Land auf ihrem Weg nach Westeuropa passieren dürften. Präsidentin Kolinda Grabar Kitarovic warnte jedoch vor „möglichen sozialen, wirtschaftlichen und sicherheitsrelevanten Auswirkungen“ – und berief den nationalen Sicherheitsrat ein.

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