20. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Die Antiflüchtlingskrise“ · Kategorien: Deutschland, Lesetipps · Tags: ,

Migazin | 20.07.2017

Nur ein Bruchteil der 65,3 Millionen Geflüchteten weltweit kommt nach Europa, doch das Gejammer will nicht enden. Ein Kontra gegen den faktenfremden, unsolidarischen Zeitgeist.

Von Timo Al-Farooq

„Merkels Marschbefehl“ titelte letztes Jahr das konservative Nachrichtenmagazin Cicero auf dem Cover der Septemberausgabe, als das „zweite Sommermärchen“, das „Wunder von München“ bereits ein Jahr her war. Die multiplen Unwahrheiten, die diese martialische Überspitzung konnotierte (Flucht und Migration als Kriegserklärung; der subtile Vorwurf, Merkels humanitäre Geste sei eine Art Volksverrat, was ins selbe ignorante Horn blies wie das von Pegidisten und AfDlern; Überdramatisierung der Geflüchtetenzahl), sind immer noch symptomatisch für die mittlerweile zwar abgeebbte, aber leider noch nicht endgültig begrabene Debatte über Für und Wider von Geflüchtetenaufnahme. Und das trotz Grundrecht auf Asyl im Grundgesetz und der UN-Flüchtlingskonvention.

Obwohl die Statistik nach wie vor eine eindeutige Sprache spricht, scheint es immer noch bei großen Teilen der Bevölkerung nicht angekommen zu sein: Trotz Fluchtbewegungen, wie es sie in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hatte, waren die Zahlen der Neuankömmlinge im Rahmen der sogenannten „Flüchtlingskrise“ (über 1 Million Menschen 2015) im prozentualen Verhältnis zur EU-Bevölkerung (743,1 Millionen) gesehen auch für den arithmetisch Eingeschränktesten als äußerst marginal zu erkennen (0,13 %!). Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es die meisten in eine handvoll EU-Staaten zog, blieben die Zahlen trotzdem in überschaubarem Rahmen: 476,000 gestellte Asylanträge 2016 im demographisch dahindümpelnden Deutschland (83 Millionen) konstituieren immer noch keine überproportionale Bürde (0,57%!). Demnach hätte das merkelsche „Wir schaffen das“ kein Mantra, sondern redundante Selbstverständlichkeit sein sollen.

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18. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Militäreinsatz im Mittelmeer: Kritik an EU-Einsatz gegen Schlepper wächst“ · Kategorien: Europa · Tags: , , ,

NZZ | 18.07.2017

Die EU-Mission «Sophia» bekämpft seit zwei Jahren vor Libyens Küste Schlepper. Kritik kommt nicht nur von Amnesty International, sondern auch vom britischen Oberhaus: Die EU-Strategie verursache mehr Tote.

von Niklaus Nuspliger, Brüssel

Normalerweise nimmt die Planung von EU-Militäreinsätzen Monate in Anspruch. Im Frühjahr 2015 aber einigten sich die EU-Aussenministerin Windeseile auf die Entsendung einer Marine-Mission zur Schlepper-Bekämpfung ins zentrale Mittelmeer. Die EU stand in der Flüchtlingskrise unter grossem Druck, und da die Schiffe Schleppern das Handwerk legen sollten, faktisch aber auch das Dispositiv zur Lebensrettung verstärkten, stiess der Plan auf Zustimmung. Um dem Militäreinsatz ein menschliches Antlitz zu geben, wurde die Mission von «EU-Navfor Med» auf «Sophia» umgetauft – nach dem Namen eines Mädchens, das eine gerettete Somalierin auf einem deutschen Schiff zur Welt gebracht hatte.

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18. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Nullkommanull“ · Kategorien: Europa · Tags:

Süddeutsche Zeitung | 17.07.2017

Europa lässt Italien mit dem Flüchtlingsproblem allein. Das geht nicht mehr lange gut. Italien braucht Solidarität.

Von Mario Fortunato

Dimitris Avramopoulos ist EU-Kommissar für Migration. Ich würde ihm an dieser Stelle gerne einen Vorschlag polittouristischer Art unterbreiten. Er könnte doch unseren Mitbürgern aus Nordeuropa kostenlose Urlaubsreisen an den Küsten von Kampanien, Kalabrien, Apulien und Sizilien anbieten; die Plätze könnte man verlosen, mit speziellem Vorzugsrecht für die aus Ländern wie Österreich und Ungarn stammenden Interessenten, die der Idee anhängen, die eigenen nationalen Grenzen seien der Zaun ums Eigenheim.

Solche Ferienfahrten würden nicht nur die europäische Integration fördern, sondern gleichzeitig für eine schärfere Wahrnehmung des Migrationsproblems sorgen, was insbesondere EU-Kommissar Avramopoulos am Herzen liegen müsste. Man kann davon ausgehen, dass sich die EU-Bürger aus dem Norden beim Bad im Mittelmeer recht bald inmitten einer Anlandung Tausender Afrikaner wiederfinden würden, zwischen Menschen, die vor Krankheit, Hungersnöten und Diktatoren geflohen sind, vielen unbegleiteten Kindern, schwangeren Frauen, Sterbenskranken und Invaliden. Ich nehme an, dass diese Erfahrung, obgleich chaotisch und vielleicht hier und da beklemmend, von entscheidendem pädagogischen Wert wäre: Was soll man anfangen mit ihnen, die nun mal da sind, diesen tragischen Gestalten von elternlosen Kindern, schwangeren Frauen? Soll man sie an Ort und Stelle erschießen? Mit einer „Pizza Zyanid“ vergiften? Auf eleganten Kreuzfahrtschiffen unter der knatternden Flagge Luxemburgs nach Libyen zurückschicken? Oder sollte man ihnen nicht doch Unterschlupf gewähren und versuchen, mit dieser so entsetzlichen wie grenzenlosen Notsituation fertig zu werden? Sollten wir Europäer, die die Werte von Zivilisation und Demokratie so gerne im Munde führen, nicht nur als Nationen, sondern auch als Individuen, nicht doch zur Hilfe bereit sein?

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13. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Kern und Doskozil wollen Militär für Frontex und EU-Asylbeauftragten“ · Kategorien: Afrika, Europa, Österreich · Tags: ,

derStandard | 12.07.2017

Beauftragter soll Rückführungsabkommen verhandeln – Forderung nach EU-System mit Asylverfahren in Niger

Wien – Bundeskanzler Christian Kern und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (beide SPÖ) haben am Mittwoch, am Rande ihrer Landtagsklub-Tour im Burgenland, ein gemeinsames Papier präsentiert, in dem sie Forderungen zur Migrationspolitik in der EU stellen. Unter dem Titel „Antworten auf die Migrationsherausforderungen“ werden in dem SPÖ-Papier, das dem STANDARD vorliegt, sieben Schritte angeführt, die bis 2020 umgesetzt werden sollen.

Unter anderem sprechen sich Kern und Doskozil darin für ein „gemeinsames europäisches Asylsystem“ aus. Es brauche einheitliche Verfahren und eine „Lastenverteilung mit standardisierten Leistungen, um die Binnenwanderung einzuschränken“, heißt es in dem Papier – denn derzeit hingen die Chancen auf Asyl davon ab, in welchem EU-Land man ansuche. Um das zu erreichen, sollen Asylverfahrenszentren außerhalb der EU eingerichtet werden. Diese könnten etwa vom UNHCR getragen werden. Entscheiden sollen dort über die Asylanträge europäische Beamte. Konkret schlagen Kern und Doskozil den westafrikanischen Staat Niger für ein solches Zentrum vor. In Libyen – wie bisher stets im Gespräch – sei das eine Illusion.

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13. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Die Migrationskrise wird in Afrika bewältigt“ · Kategorien: Afrika, Deutschland, Europa, Italien, Libyen · Tags: ,

Welt | 12.07.2017

Wir müssen das Geschäftsmodell der Schleuser zerstören. Dazu brauchen afrikanische Staaten wie Libyen unsere Unterstützung, sagen die Innenminister von Deutschland und Italien. Es gebe aber auch eine europäische Dimension.

Von Thomas de Maizière, Marco Minniti

Der informelle Innenministerrat am 6. Juli in Tallinn war ein weiterer Schritt hin zu einer gemeinsamen EU-Politik, um die ungesteuerte Migration über das zentrale Mittelmeer einzudämmen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir stärker mit unseren Nachbarn in Nordafrika, allen voran Libyen, zusammenarbeiten.

Die Bewältigung der Migrationslage kann sich geografisch nicht auf die EU beschränken, vor allem nicht auf die italienische Küste, an der Migranten ankommen. Die Migrationskrise muss zuallererst in Afrika bewältigt werden, wo auch ihre Ursachen zu finden sind und wo wirtschaftliche, ökologische und humanitäre Gründe zu Migration führen.

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13. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Migrationspolitik: Paris strafft Asylverfahren“ · Kategorien: Frankreich · Tags: ,

NZZ | 12.07.2017

Die französische Regierung präsentiert einen Aktionsplan: Asylentscheide sollen höchstens sechs Monate brauchen, abgewiesene Asylbewerber konsequent ausgeschafft werden.

von Rudolf Balmer, Paris

Frankreichs Premierminister Edouard Philippe hat am Mittwoch einen «Aktionsplan» vorgestellt, der das doppelte Ziel erfüllen soll, einerseits das Asylrecht zu gewährleisten und die Aufnahme der zugelassenen Flüchtlinge zu verbessern und anderseits die Einwanderungskontrolle zu verschärfen. Philippe meinte, die bisherige Praxis in beiden Bereichen sei mit der Tradition Frankreichs nicht zu vereinbaren. Zur teilweisen Entschuldigung konnte er anführen, dass sowohl die Einwanderungskontrolle wie die Flüchtlingspolitik weitgehend von der internationalen und vor allem europäischen Koordination und Zusammenarbeit abhängen.

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09. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „The Observer view on Europe’s shameful response to the growing refugee crisis“ · Kategorien: Europa · Tags:

The Guardian | 09.07.2017

The continent’s ‘out of sight, out of mind’ attitude represents not only a failure of humanity, but of policy

One in 40. This is the dreadful death rate facing refugees attempting the perilous crossing from Libya to Italy in overloaded rubber dinghies. It has trebled since late 2015, when European search and rescue efforts in the central Mediterranean were much more concerted and coordinated. It’s the shameful product of Europe’s pitiful response to the growing refugee crisis.

Angela Merkel declared: “Wir schaffen das” – “we can do this” – when she flung open Germany’s doors to refugees from Syria, Afghanistan and Iraq for six months in 2015. But she failed to take German public opinion with her and her words quickly turned hollow. Other European nations, including Britain, chose to free-ride on Germany’s generosity rather than follow its example. Led by Germany, Europe’s approach to refugees in the last two years has evolved from Merkel’s misplaced optimism in “we can do this” to a shameful “out of sight, out of mind”.

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07. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Solidarität ist machbar“ · Kategorien: Europa · Tags:

taz | 07.07.2017

Die Quote ist gescheitert. Europa braucht einen Rettungsfonds für Flüchtlinge – und legale Einwanderungsmöglichkeiten.

Eric Bonse

Sie haben nichts dazugelernt. Zwei Jahre nach der großen Flüchtlingskrise 2015, die eigentlich eine Krise der euro­päi­schen Solidarität war, haben die EU-Politiker schon wieder versagt.

Italien hatte um Hilfe gerufen, weil es mit den Bootsflüchtlingen aus Libyen nicht mehr allein fertig wird. Doch statt ihre Häfen für die Boatpeople zu öffnen, setzen die EU-Länder auf weitere Abschottung. Künftig soll die Seegrenze zu Libyen noch stärker überwacht werden; Hilfsorganisationen werden an die Leine gelegt. Zudem entsteht eine zweite unsichtbare Mauer in der Wüste – die EU will auch Südlibyen abriegeln.

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06. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „Europe migrant crisis: EU blamed for ’soaring‘ death toll“ · Kategorien: Europa · Tags: ,

BBC | 06.07.2017

Amnesty International has blamed „failing EU policies“ for the soaring death toll among refugees and migrants in the central Mediterranean.

In a report, it said „cynical deals“ with Libya consigned thousands to the risk of drowning, rape and torture.

It said the EU was turning a blind eye to abuses in Libyan detention centres, and was mostly leaving it up to sea rescue charities to save migrants.

More than 2,000 people have died in 2017 trying to get to Europe, it said.

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05. Juli 2017 · Kommentare deaktiviert für „G-20-Gipfel: Die große Angst vor Afrika“ · Kategorien: Afrika, Deutschland, Europa, Italien · Tags: ,

FAZ | 04.07.2017

Kein Kontinent ist ärmer, nirgendwo wächst die Bevölkerung schneller. Aus Furcht vor Flüchtlingen wollen die G-20-Staaten die Wirtschaft Afrikas auf die Beine bringen. Wenn das so einfach wäre.

von RALPH BOLLMANN

Darüber, wie nah Afrika an Europa liegt, kann sich auch die Kanzlerin manchmal täuschen. Als sie vor kurzem von Kairo nach Tunis flog, führte der kürzeste Weg keinesfalls über einen zerfallenen Staat namens Libyen hinweg, sondern ziemlich dicht an Kreta und vor allem an Sizilien vorbei.

Gebannt schaute Angela Merkel minutenlang aus dem Flugzeugfenster, auf den unheimlich nahen Ätna und seine Rauchfahne hinab. Ihr ging es wie den mitgereisten Journalisten: So oft man schon Landkarten des Mittelmeers studiert hat – dass der Weg von der einen nordafrikanischen Hauptstadt in die andere quasi über Europa führt, diese Erkenntnis muss man sich erst erfliegen.

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