04. August 2017 · Kommentare deaktiviert für Ärzte ohne Grenzen über Italiens Flüchtlingspläne · Kategorien: Europa, Italien, Libyen · Tags: , ,

Spiegel Online | 04.08.2017

„Dann ertrinken noch mehr Menschen“

Ein Interview von Katrin Kuntz

SPIEGEL ONLINE: Italien will die Rettung von Migranten auf dem Mittelmeer neu regeln. Neben einem Marineeinsatz vor der libyschen Küste sollte es einen Verhaltenskodex für NGOs geben – dem Sie sich verweigern. Warum?

Florian Westphal: Wir haben diesen Kodex nicht unterzeichnet, weil wir befürchten, dass Italien – in Absprache mit anderen EU-Staaten – so nur die Hilfskapazitäten im Mittelmeer weiter einschränken wird. Es sind in diesem Jahr bereits 2500 Menschen ertrunken. Die Folge könnte sein, dass es noch mehr Tote gibt.

SPIEGEL ONLINE: Was stört Sie an dem Kodex konkret?

Westphal: Bisher war es so, dass kleinere NGO-Schiffe gerettete Menschen an größere Schiffe übergeben haben, die sie dann in einen italienischen Hafen brachten. Das war von den italienischen Behörden so koordiniert und steht auch im Einklang mit den internationalen Regeln der Seenotrettung. Jetzt soll damit Schluss sein: Die NGOs sollen sich nach dem Kodex verpflichten, gerettete Menschen selbst direkt in den nächsten Hafen zu bringen.

SPIEGEL ONLINE: Und das können die Schiffe und Helfer nicht leisten?

Westphal: Nein. Dieses Hin- und Herpendeln zwischen einer Such- und Rettungszone außerhalb der libyschen Territorialgewässer und den Häfen in Italien wäre völlig ineffizient. Es würde nur dazu führen, dass noch weniger Schiffe in der Such- und Rettungszone präsent wären und dass noch mehr Menschen ertrinken könnten. Einige sehr kleine Schiffe verteilen jetzt vor allem Rettungswesten – sie können Menschen bergen, aber sie sind viel zu klein, um sie dann weiter in einen Hafen zu transportieren. Für sie bedeutete der Kodex das Aus.

SPIEGEL ONLINE: Was kritisieren Sie noch?

Westphal: Der Kodex fordert, dass wir bewaffnete Polizisten an Bord der Schiffe nehmen. Bei Ärzte ohne Grenzen sind allerdings in keinem unserer Projekte in weltweit 70 Ländern Waffen zugelassen. Das geht gegen unsere Grundprinzipien von Unabhängigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit.

SPIEGEL ONLINE: Würde es einen Unterschied machen, wenn die Beamten unbewaffnet wären?

Westphal: Potenziell schon. Wenn Sie sich von bewaffneten Personen schützen lassen, müssen Sie damit rechnen, dass diese bewaffneten Personen angegriffen werden. Man kann diese Sicherheitsrisiken auf dem Mittelmeer nicht ausschließen. Warum soll es überhaupt nötig sein, bewaffnete Polizisten an Bord zu haben?

SPIEGEL ONLINE: Polizeibeamte ohne Waffen an Bord wären also okay?

Westphal: Wenn sie nicht bewaffnet sind und die medizinische Versorgung der geretteten Menschen nicht behindern – ja.

SPIEGEL ONLINE: Am Mittwoch haben die italienischen Behörden das Schiff „Iuventa“ der NGO Jugend rettet beschlagnahmt – wegen Verdachts der Beihilfe zur illegalen Migration. Kann Ärzte ohne Grenzen das auch passieren?

Westphal: Ich kann über die genauen Umstände dieser Festsetzung nichts sagen. Wir selbst wissen noch nicht, welche Auswirkung der Verhaltenskodex auf unsere Arbeit haben wird. Sicher ist, dass wir mit den beiden Schiffen, auf denen wir vor Ort aktiv sind, weitermachen werden – wie auch bislang in Koordination mit der Leitung der Seenotrettung in Rom, gemäß dem geltenden Recht und in voller Transparenz. Wir sind am Dialog mit den italienischen Behörden interessiert. Wie diese aber am Ende vorgehen werden, darüber will ich nicht spekulieren.

SPIEGEL ONLINE: Der immer wieder erhobene Vorwurf, dass NGOs die Arbeit der Schlepper begünstigen, wiegt schwer. Italienische Staatsanwälte beschuldigen Helfer im Mittelmeer aufs Schärfste – allerdings ohne jemals stichhaltige Beweise vorzulegen.

Westphal: Ja. Wir fühlen uns getroffen von diesen heftigen Vorwürfen. Es gibt seit Monaten weitreichende Beschuldigungen, die sich durch keinerlei Beweise belegen lassen. Staatsanwälte und verschiedene politische Gruppierungen behaupten, wir würden direkt mit Schleppern zusammenarbeiten, dabei auch noch vorsätzlich unseren Standort verschleiern. Ein unglaublicher Vorwurf, wenn man überlegt, dass wir am direktesten mit den Folgen des Schlepperwesens konfrontiert sind. Wir bergen ja nicht nur Überlebende, sondern auch Leichen.

SPIEGEL ONLINE: Wie sehen Sie den angekündigten Einsatz der Marine in libyschen Hoheitsgewässern?

Westphal: Die italienische Küstenwache hat enorm viel geleistet hat, doch Italien wurde von der EU bisher allein gelassen. Dabei ist Menschen aus Seenot zu retten eine staatliche Verantwortung und keine Verantwortung von Nichtregierungsorganisationen. Wenn der Einsatz italienischer Kriegsschiffe in libyschen Gewässern dazu führt, dass dort Menschen aus Seenot gerettet werden, ist das eine gute Sache. Womit wir große Probleme hätten, wenn Menschen unter den jetzigen Umständen wieder nach Libyen gebracht werden.

SPIEGEL ONLINE: Ihr Schutz ist dort nicht gewährleistet.

Westphal: Wer aus Libyen flieht, flieht vor Gewalt, Folter, willkürlicher Inhaftierung, Vergewaltigung. Vor Gefängnissen, die jeder Beschreibung spotten. Wer Menschen auf dem Mittelmeer rettet und sie dann nach Libyen zurückbringt, muss die volle Verantwortung dafür übernehmen.

SPIEGEL ONLINE: Was fordern Sie stattdessen?

Westphal: Die Europäische Union soll endlich einen proaktiven Such- und Rettungsmechanismus im Mittelmeer einrichten, um Italien zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass es weniger Tote gibt. Der zweite Schritt ist, dass die EU sich Gedanken machen muss, in wie weit es für Menschen in Not möglich sein kann, in Europa Schutz zu finden – und zwar auf einem legalen und sicheren Weg. Das extrem verwerfliche Geschäftsmodell der Schlepper funktioniert ja nur, weil es keine legale Alternative gibt.

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Deutschlandfunk | 03.08.2017

„Italien wird mit der Verantwortung allein gelassen“

Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen, hat das Verhalten der europäischen Staaten in puncto Seenotrettung im Mittelmeer kritisiert. Das Problem sei, dass Italien mit dieser Verantwortung alleingelassen werde. „Die übrigen Staaten können sich dieser Verantwortung nicht entziehen“, sagte Westphal im Dlf.

Florian Westphal im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker

Ann-Kathrin Büüsker: Neun Organisationen kreuzen mit ihren zwölf Schiffen auf dem Mittelmeer, um dort Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten. In den vergangenen Wochen wurden viele Vorwürfe an sie gerichtet. Sie würden zum Beispiel in lybische Hoheitsgewässer fahren, um den Schleppern dort Flüchtlinge abzunehmen, sie würden quasi mit den Schleusern zusammenarbeiten. Die italienische Regierung will deshalb, dass die Flüchtlingshelfer einen Kodex unterschreiben, sich strikten Regeln unterwerfen, was die Arbeit der Organisationen durchaus einschränken würde. Und ein Teil der Organisationen weigert sich auch konsequent dagegen, den Kodex zu unterschreiben. Auch die Ärzte ohne Grenzen. Warum, darüber möchte ich mit dem Geschäftsführer der deutschen Sektion sprechen, mit Florian Westphal. Guten Morgen!

Florian Westphal: Guten Morgen!

Büüsker: Herr Westphal, wir haben uns gestern Nachmittag verabredet, um über den Kodex zu sprechen, und dann kamen am späten Nachmittag Meldungen, dass die italienischen Behörden das Boot der Rettungsorganisation Jugend rettet beschlagnahmt haben wegen des Verdachts der Beihilfe zu illegaler Migration. Wie sehr erschreckt Sie das?

Westphal: Ich muss sagen, dass ich zu den näheren Umständen jetzt auch keine weiteren Informationen habe. Aber es ist ja so, dass bis jetzt jedes Mal, wenn diese Art von Anschuldigungen gegen eine Organisation erhoben wurden, dass noch nie irgendwelche stichhaltigen Belege oder Beweise vorgebracht wurden. Und solange das weiterhin nicht der Fall ist, gehe ich davon aus, dass Jugend rettet wie auch andere vor allem im Mittelmeer sind, um dort Leben zu retten.

„Unsere Arbeit wird völlig transparent durchgeführt“

Büüsker: Verstehen Sie denn so was wie diese Beschlagnahmung als eine Art Einschüchterungsversuch?

Westphal: Ich kann das jetzt nicht weiter interpretieren. Ich würde nur darauf drängen, dass man keine Vorverurteilung vornimmt. Die Arbeit, die wir jetzt als Ärzte ohne Grenzen seit 2015 im Mittelmeer durchführen, wird völlig transparent durchgeführt. Jeder kann sogar über das Internet verfolgen, wo sich unsere Schiffe bewegen. Wir haben immer mit der italienischen Leitstelle für Seenotrettung gearbeitet, die ja unsere Einsätze größtenteils angeordnet und koordiniert hat. Wir haben also nie was verborgen, und deswegen würde ich einfach drauf drängen, dass man einfach versucht, sich auf Fakten und Information zu berufen, anstatt jetzt von vornherein Urteile zu fällen über jene Organisationen, die eben versuchen, die ja völlig unzureichende Kapazität der Seenotrettung im Mittelmeer auszugleichen, weil die europäischen Staaten es leider nicht tun.

Büüsker: Ich habe eben schon den Kodex Italiens angesprochen. Italien möchte ja, dass die Flüchtlingsretter sich strikten Regeln unterwerfen. Die Ärzte ohne Grenzen unterschreiben das nicht. Warum?

Westphal: Die meisten dieser Regeln befolgen wir eh schon. Es gibt zwei ganz präzise Gründe, warum wir den Kodex nicht unterschreiben, und die haben wir natürlich auch mehrfach in direkten Gesprächen mit den italienischen Behörden angesprochen. Der erste Grund ist der, dass der Kodex eine Regel vereinbaren will, die alle Rettungsschiffe dazu verpflichtet, die geretteten Menschen direkt in einen Hafen zu bringen und es unmöglich macht für kleinere Schiffe zum Beispiel, gerettete Menschen an größere Schiffe zu übergeben. Das würde einfach dazu führen, dass weniger Schiffe, die eben wirklich retten können, in dem betroffenen Gebiet präsent wären, weil sie mehr damit zu tun hätten, immer wieder nach Italien in einen Hafen einzulaufen. Also weniger Kapazität, um Menschenleben zu retten.

Und außerdem gibt es ja auch kleinere Schiffe, die dort Leben retten und die sich vor allen Dingen darauf konzentrieren, mit Erster Hilfe, mit Rettungswesten, mit Rettungsinseln die Menschen zu sichern, bis dann ein größeres Schiff kommt, um sie zu übernehmen. Und diese Regelung führt nicht dazu, dass mehr Menschenleben gerettet werden können, sondern im Zweifelsfall vielleicht sogar eher das Gegenteil. Der zweite Punkt betrifft die Präsenz von bewaffneten Polizisten an Bord. Wir haben eine generelle Regel bei Ärzte ohne Grenzen in unseren Projekten weltweit, viele davon in Konfliktgebieten: Es werden nie Waffen an den Projektorten zugelassen. Dies würde unsere Neutralität, unsere Unabhängigkeit in Frage stellen und uns gegebenenfalls auch direkten Risiken aussetzen.

„Hilfeleistung darf nicht durch Polizeipräsenz behindert werden“

Büüsker: Aber unbewaffnete Polizeikräfte wären okay?

Westphal: Ja, wir haben immer gesagt, dass unbewaffnete Polizeikräfte für uns per se kein Problem darstellen, solange klar ist, dass die medizinische Hilfe, die wir ja vor allem an Bord leisten für Menschen, die in extrem besorgniserregendem Gesundheitszustand sind sehr oft, dass die nicht durch die Polizeipräsenz behindert wird. Aber die Bewaffnung als solche hat das Hauptproblem dargestellt.

Büüsker: Finden Sie das denn grundsätzlich nachvollziehbar, dass Italien die Einsätze der Hilfsorganisationen reglementieren will?

Westphal: Italien hat in punkto Seenotrettung wirklich extrem viel geleistet. Die italienische Küstenwache hat sehr viele Menschenleben selbst retten können. Die Koordinationsstelle, die Leitstelle ist wirklich wesentlich in der Koordination dieser Einsätze. Aber das Problem ist ja, dass Italien mit dieser Verantwortung weitestgehend alleingelassen wird vom Rest der Europäischen Union, von den anderen Mitgliedsstaaten. Dass die Europäische Union und ihre Staaten sich weigert, die ja eigentlich staatliche Verantwortung Seenotrettung durchzuführen, endlich wahrzunehmen und stattdessen, weil das eben nicht geschah, sind wir und andere Nichtregierungsorganisationen dort angetreten, um das zu tun.

Aber die Staaten können sich dieser Verantwortung nicht entziehen und sozusagen uns aufzufordern, transparent zu sein über das, was wir tun und wie wir das tun, ist absolut in Ordnung. Aber das ändert nichts daran, dass wir überhaupt nicht dort präsent sein sollten, sondern dass das die Verantwortung der Staaten ist, dort dafür zu sorgen, dass nicht Tausende von Menschen ertrinken.

„Wir wissen um die Situation der Menschen in Libyen“

Büüsker: Es gibt ja immer wieder Vorwürfe, die Rettungsorganisationen würden den Schleppern das Geschäft erleichtern, indem sie eben da sind, indem sie die Flüchtlinge eben aufnehmen. Wie gehen Sie mit solchen Vorwürfen um?

Westphal: Wir wissen ziemlich genau, auch aus erster Hand dank der Tätigkeit unserer Mediziner in Gefängnissen in Libyen, wie sich die Situation für die Menschen in Libyen darstellt, vor der sie fliehen. Wir wissen von den Misshandlungen, von der Folter, von der sexuellen Gewalt, Zwangsarbeit, völlig willkürliche Verhaftungen, denen viele dieser Flüchtlinge und Migrantinnen ausgesetzt sind, die hinterher im Endeffekt von uns gerettet werden. Diese Menschen fliehen, weil sie aus Libyen weg fliehen müssen, weil sie dort Verfolgung und Gewalt ausgesetzt sind. Das ist der Grund, aus dem sie fliehen. Und wenn man sie daran hindert, dann verdonnert man sie im Endeffekt dazu, weiter dieser Gefährdung in Libyen ausgesetzt zu sein. Und das kann nicht richtig sein.

Büüsker: Nun arbeiten ja viele der Hilfsorganisationen im Mittelmeer mit Freiwilligen, die sich an Bord der Schiffe befinden. Wie lässt sich da ausschließen, dass vielleicht hier und da doch mal die Grenzen des Erlaubten überschritten werden, zum Beispiel, dass in lybische Hoheitsgewässer eingedrungen wird?

Westphal: Wir arbeiten nur mit unseren eigenen Mitarbeitenden. Die werden nach genau den gleichen Kriterien ausgewählt wir für alle anderen Projekte. Da gibt es eine Organisation, eine Struktur, auch durchaus eine gewisse Disziplin, die befolgt werden muss. Und wer sich nicht an die Regeln hält, der wird nach Hause geschickt. Das ist ganz klar.

Vorwürfe belegen und transparent vorlegen

Büüsker: Das heißt aber, für Ihre Kollegen, die da unterwegs sind auf dem Mittelmeer, können Sie nicht die Hand ins Feuer legen, für die anderen Organisationen?

Westphal: Ich kann natürlich nur über die Organisation Ärzte ohne Grenzen urteilen, die ich selbst vertrete, weil da sind wir ständig an Bord präsent. Ich möchte aber wiederum darauf hinweisen, dass, wenn man Vorwürfe gegen andere Organisationen hat, dann soll man die belegen und transparent vorlegen, aber nicht einfach irgendwelche Gerüchte streuen. Was den Vorwurf wegen der libyschen Gewässer angeht, will ich nochmal darauf hinweisen: Letztes Jahr waren wir ja teilweise mit bis zu drei Rettungsschiffen im Mittelmeer. Es hat genau drei Vorfälle gegeben, wo wir etwa eine halbe Seemeile in libysche Gewässer eingetreten sind, um direkt eine akute Rettung durchzuführen. In jedem dieser Fälle haben wir das getan mit ausdrücklicher Genehmigung der italienischen Leitstelle für Seenotrettung. Also da war nichts, das irgendwie im Versteckten oder im Verborgenen abgelaufen ist, und wie gesagt, dreimal bei etwa 200 geschätzten Einsätzen.

Büüsker: Sie haben eben in unserem Gespräch gewürdigt, was Italien bisher geleistet hat für die Rettung auch der Flüchtlinge. Ein Beispiel ist da sicherlich die Operation Mare Nostrum, die ja eingestellt worden ist. Nun hat das Parlament in Italien gerade beschlossen, dass der Marineeinsatz wieder ausgeweitet wird, und zwar bis in libysche Hoheitsgewässer hinein. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Westphal: Das lässt sich im Moment noch nicht so recht beurteilen. Wenn das dazu führt, dass im Endeffekt durch diese italienischen Kriegsschiffe mehr Menschen, die in akuter Seenot sind, gerettet werden, dann ist das eine gute Sache. Das bedeutet dann im Zweifelsfalle, würde bedeuten, dass wir weniger Menschen retten müssten. Was wirklich problematisch und höchst kritisch wäre, ist, wenn Menschen, die dort gerettet werden, dann nach Libyen zurückgebracht werden, ein Land, in dem sie keinen Schutz erfahren, in dem sie Repressalien, womöglich Gewalt und willkürlicher Festnahme ausgesetzt sind. Das wäre etwas, was natürlich dem legitimen Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit dieser Menschen überhaupt nicht entsprechen würde.

Wie stehen wir zum Beispiel da im Vergleich zu Uganda?

Büüsker: Und trotzdem wird ja darüber auch immer wieder gerade auch bei uns in Deutschland diskutiert. Und die Forderung kommt immer wieder auf, die Menschen zurück nach Libyen zu bringen. Wie erklären Sie sich, dass diese Forderung immer wieder kommt, obwohl wir wissen, was die Menschen dort erwartet?

Westphal: Ich glaube, es gibt hier unterschiedliche Perspektiven, ganz ehrlich gesagt. Ich glaube, wir haben wiederholt gesehen, in Deutschland, aber auch europaweit, eine Politik, die vor allem darauf abzielt, Menschen daran zu hindern, in Europa Sicherheit und Schutz vor Verfolgung zu finden. Und wenn man natürlich diese Perspektive einnimmt, dann versucht man, wie es auch immer geht, einfach Menschen dort zu halten, wo sie sind. Und ich glaube, die Perspektive macht es sich zu einfach. Sie verneint einfach auch die Tatsache, dass Europa wirklich nur marginal von dieser globalen Krise der Flucht und Vertreibung, die wir überall sehen, betroffen ist. Wie stehen wir zum Beispiel da im Vergleich zu dem Land Uganda, 35 Millionen Einwohner, das letztes Jahr alleine mehr Flüchtlinge aus dem Südsudan aufgenommen hat, als über das Mittelmeer nach Italien gekommen sind. Wie wollen wir, das reiche Europa, eigentlich erklären, dass wir nicht bereit sind, unseren Teil der Verantwortung für diese globale Krise mit zu übernehmen?

Büüsker: Sagt Florian Westphal, Geschäftsführer der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen. Vielen Dank für das Gespräch heute Morgen im Deutschlandfunk!

Westphal: Danke Ihnen!

 

 

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