DW | 15.02.2017
In Ostafrika herrscht die schlimmste Dürre seit einem halben Jahrhundert. Mehr als zwölf Millionen Menschen sind auf Hilfe angewiesen. Die Internationale Gemeinschaft ist gefragt, um die Katastrophe abzuwenden.
Katastrophale Bilder gehen um die Welt: Ganze Viehherden verenden elendig auf der von der Dürre aufgesprungen Erde. Mancherorts stapeln sich Kamelkadaver – auch die sonst so robusten Tiere konnten der langanhaltenden Trockenheit nicht mehr trotzen. „Wir sehen ähnliche Warnsignale wie 2011, als mehr als 260.000 Menschen während der Hungersnot in Somalia starben“, sagt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland-Luxemburg. Schon Monate vorher hatten damals Hilfsorganisationen Alarm geschlagen, doch die internationale Gemeinschaft blieb tatenlos. „Jetzt darf auf gar keinen Fall wieder erst gewartet werden, bis uns die Bilder sterbender Kinder erreichen.“
Vom Horn bis zum Kap – die Dürre zieht sich entlang der ostafrikanischen Küste. Laut Vereinten Nationen sind in der Region mindestens zwölf Millionen Menschen auf humanitäre Hilfen angewiesen. In Kenia, Somalia und Äthiopien sind die Dürreperioden in den letzten Jahren besonders heftig ausgefallen. Das Wetterphänomen El Niño sorgte für Extremwetter: Regenzeiten fielen aus, gesamte Ernten wurden vernichtet.
Das Vieh ist nichts mehr wert
Am schlimmsten betroffen ist Somalia. Im Norden des Landes wurden bereits die ersten Hungertoten gemeldet. Laut den Vereinten Nationen sind mehr als 40 Prozent der Bevölkerung von Nahrungsmittellieferungen abhängig. Mindestens 360.000 Kinder sind mangelernährt, rund 70.000 davon schweben in Lebensgefahr. Zehntausende Familien haben auf der Suche nach Wasser und Weideflächen für ihr Vieh ihr Zuhause verlassen. Auch der Nachbar Äthiopien verzeichnet die schlimmste Dürre seit einem halben Jahrhundert. Die zusätzlichen Flüchtlinge aus Somalia stellen eine weitere Belastung für das ohnehin schon krisengebeutelte Land dar.
Kenia hat den nationalen Notstand ausgerufen: Die Trockenheit hat etwa die Hälfte des Landes schwer getroffen. Im armen Norden des Landes, an der Grenze zu Äthiopien, sind bereits 70 Prozent der Wasserquellen versiegt. Viele Familien haben tagelang nichts gegessen. Auch beim Nachbarn im Süden sind Menschenleben und Existenzen bedroht: Fast 70 Prozent der Tansanier leben von der Landwirtschaft. Die Dürre trifft sie gleich doppelt: „Unser Vieh hat komplett an Wert verloren, weil es so ausgemergelt ist“, klagt ein Viehzüchter aus der Arusha-Region der DW. Weil viele ihr Vieh schnell loswerden wollen, sinken die Preise immer weiter. „Für eine komplette Ziege bekomme ich nur eine Schale Mais – und den muss ich dann auch noch mahlen lassen, was wieder Geld kostet.“ Gleichzeitig haben sich die Preise für Grundnahrungsmittel seit letztem Jahr fast verdoppelt.
Trockene Felder überall
Selbst im sonst so grünen Burundi bleiben die Felder dieses Jahr trocken. „Du siehst, wie trocken es hier in Muyinga ist. Die Bohnen werden gelb auf den Feldern“, sagt der Landwirt Méthode Nirora und zeigt wehmütig auf den kargen Hügel, der einst im saftigen Grün erblühte. „Wir bauen zwar immer noch an, aber wir erzielen keine Ernte mehr. Einige geben ihre Felder lieber auf und gehen in die Flüchtlingslager, um etwas zu essen.“
Während im Süden Mosambiks starke Regenfälle Überschwemmungen verursachen, herrscht im Zentrum und im Norden Mosambiks weiterhin Trockenheit. Auch hier sorgt El Niño für massive Ernteausfälle. „Erst haben wir uns von Kartoffeln ernährt, als die dann aus waren, haben wir angefangen, Mangos zu essen“, berichtet der der Kleinbauer Emílio Paulo der DW. Nun gebe es aber auch keine Mangos mehr. „Wir wissen nicht mehr, was wir tun sollen. Wir haben wirklich nichts mehr.“ Die Menschen wenden sich teilweise an traditionelle Heiler, mit der Bitte, sie sollten für Regen sorgen.
Dringend Hilfe benötigt
Die ostafrikanischen Regierungen schlagen Alarm. Präsident Uhuru Muigai Kenyatta hat bereits am Freitagabend die Internationale Gemeinschaft um Hilfe gebeten. Die kenianische Regierung stelle umgerechnet 95 Millionen Euro bereit und werde alles tun, um notleidenden Gemeinden zu helfen, versprach er. Die Regierung wolle die Einfuhr von Mais erlauben und die Verteilung von Geld, Wasser und Lebensmitteln ausweiten, erklärte ein Sprecher am Wochenende.
Zugleich mahnte Präsident Kenyatta Lebensmittellieferanten und Hilfsorganisationen, keinen Gewinn aus der Krise zu schlagen. „Ich werde niemanden tolerieren, der diese Situation auszunutzen versucht, um öffentliche Mittel zu veruntreuen.“
Zwar hätten Regierung, Vereinte Nationen und internationale Organisationen bereits eine hohe Summe gestellt, die sei aber in Anbetracht dessen, wie schnell die Zahl der Hungernden steigt, nicht ausreichend, sagt Abbas Gullet, Generalsekretär vom Roten Kreuz in Kenia. „Die Kenianer werden nun selbst aktiv, um ihren Brüdern und Schwestern zu helfen“, so Gullet. „Wenn bessergestellte Kenianer rund 30 Euro pro Monat spenden, dann können wir damit eine fünf- bis sechsköpfige Familie ernähren.“
Mitarbeit: Marcelino Mueia, Antéditeste Niragira, Yusra Abdallah Buwayhid, Chalress Ngereza