11. Februar 2017 · Kommentare deaktiviert für „Schweden: Journalist als Schleuser verurteilt“ · Kategorien: Skandinavien · Tags: ,

Süddeutsche Zeitung | 10.02.2017

Der Reporter, der einen 15-jährigen Jungen aus Syrien von Griechenland nach Schweden mitgenommen hat.

Von Silke Bigalke, Stockholm

„Nimm mich mit dir“, hatte der 15-jährige Junge in die Kamera gesagt. Der schwedische Reporter Fredrik Önnevall hatte den jungen Syrer 2014 in Griechenland getroffen. Der Journalist brauchte damals ein paar Minuten Zeit, um die Tragweite dieser Bitte zu verstehen. Dann beschloss er, den Jungen mit nach Schweden zu nehmen. Ein Gericht in Malmö hat ihn, seinen Kameramann und den Dolmetscher nun wegen Menschenschmuggels verurteilt. Sie müssen 75 Sozialstunden ableisten und bekommen zwei Monate Haft auf Bewährung.

In Griechenland hatte Fredrik Önnevall für die Serie Fosterland (Heimatland) des staatlichen Senders SVT gedreht. Er dokumentierte, wie rechtspopulistische Parteien in Europa auf die Flüchtlinge reagierten. Vielleicht war es ein Zuschauer, der Fredrik Önnevall bei der Polizei angezeigt hat. Er bereue seine Entscheidung nicht, hat der Journalist immer wieder betont. „Es ging nicht mehr um Journalismus“, sagte Önnevall vor dem Prozess. Er habe sich gefragt: „Kann ich wirklich zurückschauen in dem Wissen, dass ich diesem Jungen nicht geholfen habe, der drauf und dran war, sein Leben zu riskieren?“ Der Junge hatte offenbar vor, auf einen fahrenden Lkw zu springen, um nach Schweden zu gelangen. Önnevall und die beiden anderen cancelten ihre Flüge und begleiteten den Jungen auf seiner Reise mit Auto, Fähre und Zug.

Die Richterin erkannte an, dass die Gruppe aus humanitären Gründen gehandelt habe. Sie wies aber darauf hin, dass der Junge in anderen Ländern des Schengenraums ebenso sicher gewesen wäre, wie in Schweden. Dort hat er inzwischen ein dauerhaftes Bleiberecht, seine Familie durfte nachkommen. Fredrik Önnevall möchte in Berufung gehen.

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