10. Februar 2017 · Kommentare deaktiviert für AntiRa-Kompass Newsletter Nr. 56, Februar 2017 · Kategorien: Termine [alt]

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4.2. in Frankfurt: Demo für Wohnraum für Alle +++ 10./11.2. in London: Treffen der Transnationalen Sozialen Streik Plattform zum Migrant Strike am 20.2. in UK +++ 11.2. vor den Landtagen mehrerer Bundesländer: Demos für einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan +++ 13 weitere Charter nach Kabul geplant: Afghanistan Abschiebungen stoppen! +++ 8.3.: Global Women Strike +++ 18.3.: Transnationaler Aktionstag gegen Grenz- und Krisenregime +++ 25./26.3. in Berlin: Get Together 2017 – für eine gemeinsame AntiRa-Konferenz im Herbst 2017? +++ Zaunkämpfe in Ceuta +++ Zentrales Mittelmeer/Alarm Phone: „They want the Sea to Kill – We want a Bridge to Life!“ +++ Welcome to Europe zur Situation in Griechenland +++ Balkanroute: Push Backs, Familienzusammenführung, Mazedonien/Serbien +++ Taz-Dossier-Migrationskontrolle +++ Zufluchtsstädte – Solidarity Cities +++ Rückblicke: Neue Zeitung von Afrique-Europe-Interact; Oury Jalloh Demo Dessau ; AntiRa-Aktionskonferenz in Karlsruhe; Refugee Black Box Jena +++ Ausblicke: Gegen den G20 in Hamburg

Liebe Freundinnen und Freunde!

Das neue Jahr beginnt so schrecklich wie das alte endete: das Massensterben im Mittelmeer geht weiter, ein zweiter Abschiebecharter startet aus Frankfurt nach Afghanistan, die Dublin-Rückschiebungen nach Griechenland sollen wieder aufgenommen werden. Der grässliche Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin dient als willkommener neuer Anlass für rechte Hetze und neue Sicherheitsgesetze… und dann auch noch Trump! Kann es noch schlimmer kommen?

Es kann, wie wir auch aus den letzten 25 Jahren des Kampfes um Asylrecht und Bewegungsfreiheit wissen. In den 90er Jahren waren rassistische Stimmungsmache und Angriffe in Deutschland noch krasser, Abschiebungen endeten bisweilen tödlich und massenhafte Abschiebehaft erschien als Normalzustand. 2008 fiel die Zahl derer, denen es überhaupt gelang, in Deutschland Asyl zu beantragen, unter 30.000 und bis Ende 2010 waren Dublin-Abschiebungen nach Griechenland Alltag. Aus einer migrationspolitischen Perspektive und in einem längerfristigen Rückblick mögen die Jahre 2011 bis 2015 für eine Phase des Aufbruchs stehen. Der arabische Frühling bereitete der damaligen – im herrschenden Sinne erfolgreichen – Vorverlagerung der Abschottung nach Nordafrika ein Ende, es kam auch in Germany zu einer ganzen Reihe politisch-medialer Erfolgsmomente der Fluchtbewegungen (wie beispielsweise gegen die Residenzpflicht und mit dem Marsch von Würzburg nach Berlin), zu einigen juristischen Verbesserungen (z.B. für Sozialleistungen entsprechend ALG II und gegen die Abschiebehaft) bis dann zum Durchbruch auf der Balkanroute. Dort wurde das EU-Grenzregime für einige Monate regelrecht überrannt und damit herausgefordert wie nie. Beachtlichen Niederschlag findet das bis heute in den amtlichen Statistiken, ein Blick auf den „Geschäftsbericht für Dezember 2016“ des Bundesamtes für Flucht und Migration lohnt. Hier heißt es zusammenfassend: „Im Berichtsjahr 2016 wurden insgesamt 695.733 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Herkunftsländer im Berichtsjahr 2016 bei 62,4 % (433.920 positive Entscheidungen von insgesamt 695.733).“

Über 430.000 Geflüchtete – die Mehrheit von ihnen hatte sich noch 2015 durchgekämpft – haben also in 2016 einen Aufenthaltsstatus erhalten. Das übertrifft alle Zahlen der letzten 30 Jahre bei weitem und sollte auch in seiner perspektivischen Wirkung nicht unterschätzt werden. Mit diesem Schub hat sich die Fluchtmigration in neuer Dimension in den hiesigen sozialen Realitäten verankert.

Daran können und müssen wir anknüpfen, auch wenn die Vorzeichen für 2017 zunächst in Richtung eines weiteren Roll Back weisen.

Die neoliberalen Regierungen haben sich – wo sie noch das Sagen haben – für eine aggressive Externalisierung (siehe dazu die Recherche unter taz.de/migrationcontrol) entschieden und agieren – vom rechtspopulistischen Spektrum und von Angstkampagnen angetrieben – vor allem mit sogenannter Sicherheitspolitik. Wo die extreme Rechte an der Macht ist, wie in Ungarn, oder an die Macht kommt, wie jetzt in den USA, eskaliert die offene rassistische Ausgrenzung. Falls im Frühjahr in Frankreich Le Pen die Wahlen gewinnt, muss eine neue Welle struktureller rassistischer Gewalt für Europa befürchtet werden. Auch wenn ein Wahlsieg der AfD in Deutschland bislang unmöglich erscheint, macht es für die kommenden Jahre einen Unterschied, ob diese Hetzpartei im September mit 15 oder 25 % in den Bundestag einzieht.

Flucht und Migration sind und bleiben absehbar ein zentrales gesellschaftliches Thema, an dem sich die gesellschaftliche Polarisierung aller Voraussicht nach weiter zuspitzen wird. Die hiesige AntiRa-Bewegung – gedacht in ihrer ganzen Breite von beständigen Willkommensinitiativen bis zu den Selbstorganisationen der Geflüchteten, von Flüchtlingsräten bis zu Noborder-Gruppen – hat das Potential, in dieser Auseinandersetzung einen progressiven Pol auszubilden und zu einer gesellschaftlichen Mobilisierung für ein offenes Europa entscheidend beizutragen.

Dazu bedarf es einerseits eines sehr viel verbindlicheren Prozesses überregionaler Vernetzung und Koordination. Bislang erscheint nur ein kleiner Teil der Bewegung zur Mitwirkung bereit, doch dafür stehen die unten genannten Bemühungen, mit dezentralen Aktionstagen (zunächst am 18. März) sowie mit einer potentiellen größeren Konferenz im Herbst diesen Prozess verstärkt in Gang zu bringen.

Zum zweiten benötigen wir eine umfassendere Vision, einen konkreten Entwurf alltäglicher praktischer Solidarität, der im Lokalen verankert sein muss. Beispielhaft sei dazu aus einer Veranstaltungsankündigung von Mitte Januar 2017 in Freiburg zitiert.

„Freiburg: eine Zufluchts-Stadt, die alle ihre Bewohner/innen schützt!Städte wie Freiburg sind aber dem Wohlergehen aller Stadtbürger/innen verpflichtet, nicht nur dem Wohlergehen deutscher Staatsbürger/innen. Staatsangehörigkeit und Aufenthaltstitel sollten nicht dazu führen, dass es in der Stadt Bürger/innen zweiter und dritter Klasse gibt. Deshalb hat sich in den USA, Kanada und Großbritannien die Bewegung der Sanctuary Cities, der Zufluchtsstädte, entwickelt. Mehrere hundert Städte haben sich zu Zufluchtsstädten erklärt, die Allen einen Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen gewährleisten wollen und die sich weigern, an Repressionsmaßnahmen gegen Illegalisierte und an Abschiebungen mitzuwirken. So auch die Freiburger Partnerstadt Madison in den USA. Die Stadt Madison hat Mitte November 2016 erklärt, dass sie ihre Politik trotz der Drohnungen Trumps gegen Sanctuary Cities nicht ändern wird. Inzwischen hat sich auch in Europa ein Netzwerk von Zufluchtsstädten entwickelt, an dem sich unter anderem Barcelona und Oxford beteiligen. Die Stadtregierung in Barcelona unter Bürgermeisterin Ada Colau fordert die Bildung eines europäischen Netzwerkes von rebellischen Sanctuary Cities. Wir wollen in Freiburg eine Debatte darüber anregen, wie es gelingen kann, Freiburg zu einer Stadt für Alle zu erklären. Wir wollen die kommunale Politik, lokale Institutionen  (Kindergärten, Schulen, Betriebe, Kammern, Krankenhäuser ….) und die Zivilgesellschaft dazu aufrufen, dass Freiburg sich der Bewegung der Sanctuary Cities anschließt. Wir möchten darüber diskutieren, welchen kommunalen Gestaltungsraum wir einfordern und nutzen können. Welche Inhalte könnte ein Übereinkommen über eine Zufluchtsstadt Freiburg haben?“

Rund 300 Interessierte waren zu dieser Veranstaltung in Freiburg gekommen, und es mehren sich an vielen Orten die Zeichen, kommunale Initiativen und Zufluchtsprojekte in einer umfassenderen Perspektive für eine offene und solidarische Gesellschaft anzupacken. „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“ – diese sozial übergreifende Frage schwingt immer mit und indem diese Ansätze greifbare Alternativen zur neoliberalen wie auch zur rechtspopulistischen Ausgrenzungs- und Spaltungspolitik entwickeln, machen sie den Kampf um gleiche Rechte für Alle zu einer konkreten Alltagspraxis.
In diesem Sinne – auf ein solidarisch-offensives 2017!

Die Kompass Crew

Termine und Informationen für Februar und März 2017

4.2. in Frankfurt: Demonstration für  
Wohn_Raum für Alle – Solidarität statt Ausgrenzung 
Um 14 Uhr Start am Hauptbahnhof, Ende: Winterfest von teachers on the road – [Studierendenhaus Bockenheim]
„Am 4. Februar gehen wir gemeinsam auf die Straße – für ein solidarisches, (welt)offenes und soziales Frankfurt! Wir kämpfen für bezahlbaren Wohnraum und für eine Stadt für alle Menschen, die in ihr leben – unabhängig von Aufenthaltstitel oder Einkommen! …“
Der ganze Aufruf hier:
http://www.linksnavigator.de/termine/demo-wohnraum-fuer-alle-solidaritaet-statt-ausgrenzung

10./11.2. in London: Treffen der Transnationalen Sozialen Streik Plattform zum Migrant Strike am 20.2. in UK
Aus dem Aufruf für das Treffen:
„With as many as 2 million EU migrants facing the uncertainty of Brexit, with many non-EU migrants asking for asylum or simply working in the UK facing the exacerbation of immigration controls, on the 20th February 2017 a “migrant strike” has been proposed in the UK called «one day without us». The term – initiated from the US in 2006 and taken up in France and Italy in 2010 – drove a need for migrants to gain centre stage in their struggles against exploitation and for the  right of freedom of movement – not only of their generalised contribution to maintaining wealth in society as workers but as the expression of their power of disruption. It is these experiences of strike that we plan also to re-animate in the UK: in spite of Brexit, this migrant strike will be a real European matter. …“
Der ganz Aufruf zum Treffen und weitere Infos hier:
http://www.transnational-strike.info/2016/12/22/transnational-social-strike-london-assembly-10th-11th-february-2017-callout/

11.2. in Berlin; Hannover, Hamburg, Düsseldorf, Trier, Erfurt, Wiesbaden, Nürnberg…: Demos für einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan 
Bundesweit koordiniert finden am 11.2. vor vielen Landtagen Demonstrationen gegen Abschiebungen nach Afghanistan statt, um insbesondere Druck auf die jeweiligen Landesregierungen zu machen, die letztlich für die Durchführung der Abschiebungen zuständig sind. Einige der Aufrufe in den folgenden Links.
Demo in Berlin:
https://www.facebook.com/events/1791806017737125/
Demo in Hannover
http://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2017/01/Demoaufruf-11-02-2017-Nds-Endfassung.pdf
Demo in Erfurt:
http://www.fluechtlingsrat-thr.de/aktuelles/termine/keinsicheresland-demo-gegen-abschiebung-nach-afghanistan
Demo in Wiesbaden:
http://www.linksnavigator.de/termine/demonstration-abschiebestopp-nach-afghanistan-jetzt

Afghanistan Abschiebungen stoppen! 
Unter dem Motto „Afghanistan ist nicht sicher“, gab es im November und Dezember 2016 in vielen Städten Proteste, die vor allem von selbstorganisierten afghanischen Gruppen getragen wurden. „Während das Auswärtige Amt Reisewarnungen veröffentlicht und es unbestritten ist, dass sich 2016 die Sicherheitslage in Afghanistan erneut verschärft hat, drängt das Bundesinnenministerium unter Thomas De Maiziere auf Massenabschiebungen von afghanischen Asylsuchenden. Unter massgeblichem Einfluss deutscher Politiker hat die EU der afghanischen Regierung ein Abkommen aufgezwungen, das in den kommenden Monaten die Abschiebung von tausenden Geflüchteten ermöglichen soll. Dafür soll sogar ein spezielles Abschiebeterminal in Kabul gebaut werden.“ Diese Sätze stammen aus einer Pressemitteilung zu einer Demonstration, die mit etwa 400 TeilnehmerInnen am 10.12.2016, dem internationalen tag der Menschenrechte, im Frankfurter Flughafen stattfand. An diesem Tag ahnte noch niemand, dass nur vier Tage später von genau diesem Flughafen ein erster Abschiebecharter nach Kabul starten sollte. An einer spontanen Protest-Mobilisierung am 14.12. im Flughafenterminal beteiligten sich etwa 600 Menschen, doch der Abflug des ersten Charters mit 34 afghanischen Männern an Bord konnte nicht verhindert werden. In den Medien überwog die Kritik an diesen Abschiebungen in einen Bürgerkriegssituation und selbst ein aktueller UNHCR-Bericht bestätigte dass „ganz Afghanistan von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne des Art. 15 c der EU-Qualifikationsrichtlinie erfasst ist. Zwischen sicheren und unsicheren Regionen könne man »aufgrund der sich ständig ändernden Sicherheitslage« in dem Bürgerkriegsland gar nicht unterscheiden. Siehe https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/2017-Bericht-UNHCR-Afghanistan.pdf
Dennoch fand am 23.1.2017 eine zweite Charterabschiebung von Frankfurt nach Kabul statt und wie mittlerweile aus gut unterrichteter Quelle zu erfahren war, hat das BMI wohl ein „Package von 15 Flügen mit der italienischen Airline Meridiana“ vereinbart. Ein Flug kostet inklusive der begleitenden Polizeibeamten 300.000 Euro und wird über Frontex abgewickelt und (mit)finanziert. Es geht also darum, auf allen Ebenen weiter Druck zu machen und insbesondere die potentielle Betroffenen (afghanische Männer im Duldungsstatus) zu informieren und zu unterstützen. Es bestehen durchaus Chancen, dass die zumindest 13 weiteren geplanten Charterabschiebungen nicht reibungslos durchgesetzt werden können oder jedenfalls mit immer weniger unfreiwilligen Passagieren an Bord starten müssen… Hier sei deshalb nochmal auf den aktualisierten mehrsprachigen Flyer bei Welcome to Europe verwiesen – Against the fear! – siehe hier:
http://w2eu.info/germany.en/articles/germany-deportation-afghanistan.en.html

8.3.: Global Women Strike
If Our Lives Have No Value, then We Strike! 
Aus dem Aufruf:
„After the mobilization and women’s strikes occurred last year, after the huge women’s turnout during the inauguration day, in the US and beyond, in many countries all around the world public meetings and assemblies are taking place to turn the celebrations on the 8th March into a massive women’s strike. We invite all those who are planning any initiative towards March 8th to circulate this call to enhance the transnational circulation of the women’s strike movement. (…)
The strike will take place inside houses, where women take care of the elderly and kids; in the factories where women produce for the global markets; in the schools, the hospitals, the public and private services where they ensure the reproduction of society and yet get less paid than men, or not paid at all, often working in extremely precarious conditions; in the universities and schools where gender roles and sexual hierarchies are imposed together with impoverishment and privatization of knowledge. March 8th will be a day of protest for migrant women, who daily challenge their exploitation moving across the borders but still bearing the major burden of care work under the blackmail of residency permits. …“
Der ganze Aufruf hier:
http://www.transnational-strike.info/2017/01/26/if-our-lives-have-no-value-then-we-strike-call-for-a-global-womens-strike-march-8th-2017/

18.3.: Transnationaler Aktionstag gegen Grenz- und Krisenregime
Der erste Aufruf für einen internationalen Aktionstag am 18. März 2017 kam aus dem City Plaza in Athen, dem von und mit Refugees besetzten Hotel, siehe:
http://solidarity2refugees.gr/international-call-city-plaza-18-march-european-day-action/
Als unmittelbarer Anlass wurde zum einen der erste Jahrestag des EU-Türkei-Deals benannt. Und zum zweiten ein Bezug zum zweiten Jahrestag der Blockupy-Proteste gegen die Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt hergestellt, um die Kämpfe gegen das Grenzregime mit den Kämpfen gegen das Krisen- und Austeritätsregime zu verbinden.
Das Netzwerk Welcome2Stay hat diese Initiative für den 18.3.2017 aufgegriffen und schlägt Aktionstage bis 23.3. mit dem Schwerpunkt Bleiberecht und Anti-Abschiebungen vor, siehe http://welcome2stay.org/de/2016/12/16/617/
Und schließlich ruft nun auch das neue Bündnistreffen „Get Together 2017“ (s.u.) zu Aktivitäten am 18.3. auf, hier sind zahlreiche Gruppen u.a. aus Berlin, München, Hamburg und Rhein-Main beteiligt.

25./26.3. in Berlin: Treffen für Get Together 2017 – Aktionstage! und für eine große gemeinsame AntiRa-Konferenz im Herbst?
Auf einem Treffen im Januar in München wurde in diesem neuen Bündniskreis (mit Gruppen vor allem aus München, Berlin, Hamburg und Rhein-Main) entschieden, zunächst für zwei gemeinsame dezentrale Aktionstage zu mobilisieren: für den 18. März (siehe oben) und für die Zeit vom 2. bis 4. September. Letzteres ist der zweite Jahrestag des erfolgreichen Marsches der Hoffnung in Budapest (der zum Durchbruch auf der Balkanroute geführt hatte) und liegt zudem wenige Wochen vor der Bundestagswahl. In dieser Zeit ist mit einer weiteren gesellschaftlichen Polarisierung zu rechnen, in der laut und bunt an vielen Orten die Forderungen nach Bewegungsfreiheit und für Bleiberecht für Alle in die Öffentlichkeit gebracht werden sollen. Neben einer Auswertung des 18.3. und Planungen für den September geht es auf dem Treffen in Berlin auch um die Entscheidung, ob im Herbst eine gemeinsame große AntiRa-Konferenz organisiert werden soll…
Kontakt für das Treffen in Berlin: carlix@posteo.de

Zaunkämpfe in Ceuta, westliches Mittelmeer…
Aus der FAZ vom 9.12.2016, siehe
https://archiv.ffm-online.org/2016/12/09/mas-de-250-personas-entran-en-ceuta-a-traves-de-la-valla/
„Mehrere hundert illegale Einwanderer, die meisten von ihnen Schwarzafrikaner, haben in den frühen Morgenstunden des Freitags den Grenzzaun der spanischen Enklave Ceuta gestürmt. Nach Angaben der Polizei gelang es ihnen an der acht Kilometer langen Grenze zu Marokko, einen Zugang aufzubrechen und anschließend den sechs Meter hohen Doppelzaun zu überwinden. Dabei gab es mehrere Verletzte, unter ihnen auch Polizisten und Grenzwächter, die die Eindringlinge abwehren wollten.
Deren genaue Zahl – die Schätzungen schwankten zwischen 200 und 300 – war zunächst nicht zu ermitteln. Wie der spanische Innenminister Juan Ignacio Zoido am Rande einer europäischen Ministerkonferenz in Brüssel sagte, habe sich etwa ein Viertel der Immigranten sogleich in den Straßen der Innenstadt versteckt. Die Übrigen seien festgenommen und in das lokale Auffanglager (Ceti) gebracht worden. Dort wurden sie von Landsleuten aus diversen Staaten südlich der Sahara mit Jubelrufen empfangen. …“
In der Nacht zum Neujahrstag haben etwa 1100 MigrantInnen einen erneuten Durchbruch versucht, der aber leider scheiterte.
https://archiv.ffm-online.org/2017/01/01/spain-1100-migrants-try-to-breach-n-african-border-fence/
Einen guten Überblick über die Repression und die Kämpfe an der marokkanisch-spanischen Grenze, rund um die beiden Enklaven Ceuta und Melilla, aber auch zu den Versuchen, das westliche Mittelmeer mit Booten zu überqueren, bietet die Webseite von Noborders Marokko:
https://beatingborders.wordpress.com/2017/01/11/resume-non-exhaustif-a-la-frontiere-marocespagne-decembre-2016/

Zentrales Mittelmeer/ Alarm Phone: „They want the Sea to Kill – We want a Bridge to Life!“
In einem aktuellen Bericht hat das Alarm Phone Projekt eine kurze Bilanz zu 2016 gezogen und war gleich zum Jahresanfang mit neuen Todesfällen auf See konfrontiert, siehe: https://alarmphone.org/en/2017/01/18/two-months-report-want-sea-kill-want-bridge-life/
Bereits im Dezember erschienen in den Medien Artikel, nach denen Frontex die zivilen Rettungsschiffe (die 2016 knapp 30% aller Rettungsoperationen übernommen hatten!) der Kooperation mit den Schleppern bezichtigt. Aurelie Ponthieu von den ÄrztInnen ohne Grenzen (MSF) hat dazu eine passende Replik veröffentlicht: „…The proximity to the Libyan coast is a humanitarian imperative as the closer we are, the more lives we save. It is only the legal barrier of 12 nautical miles, at which the Libyan territorial waters start, that prevents us to go closer still. MSF’s rescue operations are neither the cause nor the solution to the problem but simply a reaction to thousands of people dying in their desperation to reach Europe….“ Der ganze Text ist hier zu finden: http://msf-analysis.org/bounties-not-bodies-smugglers-profit-sea-rescues-though-no-clear-alternative-available/
Die gleichzeitigen Versuche der EU, mit Libyen einen weiteren (mit der Türkei vergleichbaren) schmutzigen Deal für die Migrationskontrolle einzufädeln, scheinen vorerst gescheitert, siehe https://archiv.ffm-online.org/2017/01/26/eu-libyen-schmutziger-deal-geplatzt/
Doch nach wie vor werden Grenzpolizisten der libysche Küstenwachen trainiert in der Absicht, dass diese möglichst viele Boote abfangen, bevor sie internationale Gewässer erreichen. In 2016 wurden bereits ca. 18.000 Boatpeople (immerhin 10 % der Ankünfte in Italien) gestoppt und zurück in libysche Knäste gebracht, denen sogar die Deutsche Botschaft in Niger „KZ-ähnliche Verhältnisse“ attestiert, siehe
https://www.welt.de/newsticker/news1/article161618538/Auswaertiges-Amt-kritisiert-Fluechtlingscamps-in-Libyen-KZ-aehnliche-Verhaeltnisse.html

Welcome to Europe zur Situation in Griechenland 
In zwei Berichten hat das Infomobil von w2eu ausführlich die zugespitzte Situation der festsitzenden Geflüchteten in Griechenland beschrieben, die Ende Januar sogar zu mehreren Todesfällen führte:
http://infomobile.w2eu.net/2017/01/15/paralysed-and-stored-at-the-margins-refugees-in-greece-forced-to-survive-snow-and-cold/
http://infomobile.w2eu.net/2017/01/29/death-in-greek-camps/
Aktive aus Thessaloniki haben in einem Artikel ebenfalls die unzumutbaren Zustände in den Lagern kritisiert und beenden ihren Text mit folgenden Sätzen: „It is obvious that there is no intention neither to close down, nor to renovate these facilities. They remain and will remain prisons. They are militarized spaces with fences and metal bars, run by the cops and the military. Migrants in there are fully isolated, packed away from the voices, the sounds, the rhythm of life in the city. The State and NGOs are trading in Humanitarianism while slowly exterminating migrants. We will fight until the closing down of every detention place and ghetto. We want migrants in our neighborhoods.“
http://moving-europe.org/we-are-watching-as-our-lives-fade-away/

Balkanroute: 
Push Backs überall 
Entlang der gesamten Balkanroute ist die Situation mittlerweile von illegalen Rückschiebungen der jeweiligen Grenzpolizeien und Militärs geprägt. Pro Asyl beschreibt es im Überblick:
https://www.proasyl.de/news/an-oestlichen-eu-aussengrenzen-immer-wieder-rechtswidrige-zurueckweisungen-von-schutzsuchenden/
Die Welcome Initiative aus Zagreb hat aktuell in einem Bericht Push Backs aus Kroatien nach Serbien dokumentiert:
http://welcome.cms.hr/index.php/en/2017/01/30/report-on-illegal-and-forced-push-backs-of-refugees-from-the-republic-of-croatia/
Vor diesem Hintergrund hat das Balkanrouten Info (Livefeed von w2eu) eine eigene Rubrik zu Push Backs eröffnet, verbunden mit der Aufforderung an die Betroffenen, diese illegalen Zurückweisungen so gut als möglich zu dokumentieren und bei Menschenrechtsorganisationen anzuzeigen.
https://live.w2eu.info/en/push-backs-and-expulsions/

Filmclips zu Familienzusammenführungen
Das Filmkollektiv „Fish in Waters“ hat mit und für Moving Europe und Medico International zwei beeindruckende Filmclips zu zwei Familien erstellt, denen die Familienzusammenführung über Monate und Jahre verweigert wurde.
http://moving-europe.org/zerrissen-und-im-ungewissen/
Die gute Nachricht: Bei beiden Familien konnte mittlerweile die Einreise der so lange in Griechenland festsitzenden Familienmitglieder nach Deutschland durchgesetzt werden.

bordermonitoring.eu: Neuer Bericht zu Mazedonien und Serbien
„The growth and development of transit migration along the Balkan route in 2015 and 2016 highlighted the major role Macedonia and Serbia played, not merely as the main countries of passage, but as important buffer areas within the framework of the European border regime. This research paper first examines the development and transformations of Macedonian and Serbian national migration policies and legislation in the past two decades in the light of the EU accession process. It identifies the key historical and geopolitical factors that significantly shaped them, as well as the distinct strategies the two countries pursued in coping with often countervailing EU demands, local socio-political considerations and actual migration movements and practices. The paper proceeds to analyze the gradual establishment of a formalized corridor through the Balkans by tracing the ways in which Macedonia and Serbia strategically positioned themselves in how they governed the transit migration through their territory, dynamically shifting between humanitarianism and securitization throughout the time before the formalized corridor emerged, during its existence, in the process of its closure, and after it was shut down.“
http://bordermonitoring.eu/analyse/2017/01/governing-the-balkan-route-macedonia-serbia-and-the-european-border-regime/

Taz-Dossier-Migrationskontrolle 
Wer wird (von der EU) bezahlt, um die Geflüchteten der Welt zu stoppen? „Der Kampf gegen die ungesteuerte Migration hat für die Regierenden in Europa in diesen Monaten höchste Priorität. 25 JournalistInnen – RedakteurInnen und KorrespondentInnen der taz sowie Freie – und einige WissenschaftlerInnen haben dazu seit Juli 2016 in 21 Ländern gemeinsam recherchiert. Wir wollten wissen: Was genau wird heute getan, um Migration abzuwehren? Wie viel Geld fließt dafür tatsächlich? Was sind die Folgen für die Menschen in Afrika, für Flüchtlinge, für Arbeitsmigranten? Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer dieser Politik? …“ Länderberichte, Thesen, Hintergrundrecherchen unter https://migration-control.taz.de/#de

Zufluchtsstädte – Solidarity Cities
In der Einleitung dieses Newsletters wird aus einer Veranstaltungsankündigung in Freiburg zitiert, hier der Link zur gesamten Einladung mit weiteren Informationen und Interviews: https://www.freiburger-forum.net/2016/10/freiburg-eine-zufluchts-stadt-die-alle-ihre-buergerinnen-schuetzt/
Und wir haben oben ausgeführt, warum wir diesem Ansatz in der aktuellen Situation gesellschaftlicher Polarisierungen eine besondere Bedeutung geben. Entsprechend wollen wir versuchen, in den nächsten Monaten weiteres Material und Texte zu sammeln und hier in den Kompass-Newslettern regelmäßig dazu zu berichten.

Rückblicke: 
Neue Zeitung von Afrique-Europe-Interact
Das Netzwerk Afrique-Europe-interact hat im Dezember eine neue Zeitung veröffentlicht, mit Artikeln zum Valletta-Prozess, zu Migration und Entwicklung, zur NoStress-Tour… siehe hier, auch zum Bestellen:
https://afrique-europe-interact.net/files/2016_aei-zeitung_web.pdf

Oury Jalloh Demo in Dessau
2000 Menschen gegen tödliche Polizeigewalt und Staatsrassismus in Dessau’s Straßen. 12 Jahre sind vergangen, seitdem Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte. Zu seinem Todestag fand in diesem Jahr die bisher größte Gedenkdemonstration in Dessau-Roßlau statt. Ein Nachwort von Thomas Ndindah von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh sowie viele Fotos von der Demonstration finden sich auf der Webseite von Umbruch Bildarchiv: http://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/070117oury_jalloh.html

Anti-Ra-Aktionskonferenz in Karlsruhe
Aus der Pressemitteilung: „Das AntiRA-Netzwerk Baden-Württemberg lud am Samstag den 28. Januar 2017 zu einer Konferenz nach Karlsruhe ein. Etwa 120 Engagierte aus verschiedenen Städten und Gemeinden, die in unterschiedlichsten Initiativen aktiv sind, folgten der Einladung. So nahmen Gewerkschafter_innen, Personen aus antirassistischen Zusammenhängen, aus kirchlichen Kreisen, friedens- und antimilitaristischen Initiativen, Asylinitiativen, engagierte Ehrenamtliche, Einzelpersonen und Geflüchtete an der Konferenz teil. Bei der Konferenz wurden sowohl die Fluchtursachen, die tödliche Abschottung, der Abbau der Flüchtlingsrechte und die Abschiebungen thematisiert und diskutiert.
http://stop-deportation.de

Refugee Black Box _ 27-29.01.2017 in Jena
Break the Deportation DNA Chain: „Refugee Black Box – The irrepressible voice and power of the afflicted“ – Beyond the Court rooms!
„Our main focus of discussion will be breaking the deportation chain from within; with discussions on strategies of Break Deportation Acts: Our historical backgrounds and past political struggles against deportation and social exclusion will be the guide to our continued engagement for justice and human dignity. …“ Mehr auf der Webseite von The Voice:
http://thevoiceforum.org/node/4308

Ausblicke: 
Proteste gegen den G20 in Hamburg
In nur sechs Monaten ist es soweit: Am 7. und 8. Juli 2017 kommen in der Hamburger Innenstadt die Regierungschef*innen der G20 zusammen. …Von der G20-Plattform wird ein „Dreiklang“ möglicher Aktivitäten vom 5.-8. Juli 2017 in Hamburg angestrebt. Dieser Dreiklang soll aus einem „Gipfel der globalen Solidarität“ am 5./6.7., einem Aktionstag am 7.7. (Tag des zivilen Ungehorsams) und einer großen, breiten, gemeinsamen Bündnisdemonstration am 8.7. bestehen. Darüber hinaus gibt es viele weitere Initiativen und Mobilisierungen.
… Am 3. und 4. Dezember fand in Hamburg eine Aktionskonferenz statt, um Proteste gegen den G20 Gipfel im Juli zu planen.Dabei hat sich auch eine Arbeitsgruppe zu Flucht und Migration gebildet, die sich überlegt hat, wie wir in diesem Rahmen zusammen massiv gegen(Neo-)Kolonialismus, Grenzregime, Abschiebungen, Rassismus und Nationalismus protestieren können. Wir möchten Euch ausdrücklich einladen, an der nächsten Aktionskonferenz (voraussichtlich im April) zur Planung der Proteste gegen den G20 teilzunehmen und Eure Erfahrungen und Vorschläge für eine solidarische Organisierung und politische Aktionen mit uns zu teilen. Wir wünschen uns,dass die Proteste gegen den G20 von unterschiedlichen Gruppen gestaltet werden und eine Vielzahl an Perspektiven und Forderungen sichtbar machen. Insbesondere soll auch eine Plattform für Kämpfe von Migrant_innen und Geflüchteten sowie eine breite Vernetzung zwischen verschiedenen Gruppen ermöglicht werden. …

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