11. Dezember 2015 · Kommentare deaktiviert für „Brauchen Fluchthelfer eine eigene Gewerkschaft?“ · Kategorien: Deutschland · Tags: , ,

Quelle:Telepolis

Antirassisten werben für die Rehabilitierung einer sehr umstrittenen Zunft und treten gleichzeitig dafür ein, dass diese überflüssig wird

von Peter Nowak

Lisa Fittko, Burkhart Veigel und Mohamad Darwish haben eines gemeinsam. Sie haben Menschen auf ihrer Flucht vor Verfolgung geholfen. Fittko rettete viele NS-Gegner auf der Flucht vor dem von der deutschen Wehrmacht besetzten Frankreich. In Deutschland wurde sie dafür bis heute nicht geehrt. Der Westdeutsche Burkhart Veigel half dabei, ca. 650 DDR-Bürger in den Westen zu schleusen. Dabei verschwieg er nie, dass er dafür gut bezahlt wurde. Er ärgerte sich sogar, dass er nicht mehr Geld genommen hat. 2012 wurde ihn das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Der Syrier Darwish half einigen Landsleuten bei der Flucht über Griechenland nach Deutschland. Dafür wurde er angeklagt und zu einer Haftstrafe von 3 Jahren verurteilt. Auch das Bundesverfassungsgericht bestätigte das Urteil. Selbst Juristen forderten seine Begnadigung. In der Begründung heißt es:

„Verwandte der Flüchtlinge, die in Deutschland leben, schickten Herrn Darwish Geld, zwischen 3.000 und 4.500 Euro pro Flüchtling. Von dem Geld deckte Herr Darwish die Unkosten. Auch wenn er die Absicht gehabt haben sollte, einen Teil der Bezahlung für sich zu behalten, diente das Geld doch in erster Linie dazu, die Flucht zu den Verwandten in Deutschland zu organisieren. Dass Herr Darwish dabei Straftaten begangen hat, ist wohl unbestritten. Allerdings spricht alles dafür, dass es Straftaten aus humanitären Gründen waren, nämlich um die Flucht aus dem Bürgerkrieg zu den Verwandten zu realisieren.“

Am 10. Dezember nutzte eine Gruppe von Antirassisten den Tag der Menschenrechte, um im Deutschen Historischen Museum für die Rehabilitation der Zunft der Fluchthelfer einzutreten. Unter dem Namen Gewerkschaft der Schleusenden lud sie um 12 Uhr zur feierlichen Einweihung einer Stelltafel im Foyer des Museus ein, die in Kurzform darlegt, wie ein Mann als Fluchthelfer ins Gefängnis muss, während zur gleichen Zeit ein anderer geehrt wird. In der Einladung heißt es:

„Die Abschottung Deutschlands und der Europäischen Union macht es Flüchtenden aber schwierig bis unmöglich von diesem Recht Gebrauch zu machen. Vor diesem Hintergrund soll die Ausstellung des DHM um eine Stellwand erweitert werden, die über Fluchthilfe als wichtige Fluchtstrategie sowie den juristischen Umgang der BRD mit Fluchthelfer*innen informiert.
Anhand von Zeitzeuginnenberichten und Archivdokumenten werden verschiedene Epochen der Fluchthilfe erläutert und Fluchthelfer*innen vorgestellt.“

Massenrepression gegen Fluchthelfer

Nach der Eröffnung musste die Gruppe die Tafel wieder einpacken. Im Foyer des DHM war sie nicht genehmigt. Allerdings konnte sie vor dem Eingang des Museums über die Geschichte der Fluchthelfer informieren. Alex Glaser, einer der jungen Antirassisten, die die Tafel erstellten, betont, dass es der Gruppe um zwei Anliegen geht. Sei wollen gegen die Kriminalisierung von Fluchthelfern kämpfen.

Das ist ein sehr aktuelles Thema. Ziemlich unbemerkt von der Öffentlichkeit sind hundert Menschen angeklagt, weil sie Geflüchtete in Privatautos über die deutschen Grenzen transportierten. Zahlreiche Menschen sitzen in Untersuchungshaft. Mit der Stelltafel im DHM wollen die Antirassisten für die Entkriminalisierung von Fluchthelfer eintraten.

Doch die Forderungen gehen noch weiter, so Alex Glaser von der Gewerkschaft der Schleusenden gegenüber der Zeitung Neues Deutschland. Als vor über 15 Jahren Taxifahrer in Sachsen verurteilt wurden, weil sie Flüchtlinge transportieren, war die Empörung noch größer. Doch die Gewerkschaft der Schleusenden wolle eigentlich den Beruf der Fluchthelfer überflüssig machen, in dem sie für Transitwege eintritt, die keine Scouts nötig machen, sagt Glaser.

„Es gilt, Grenzen zu öffnen und für sichere Fluchtwege über die Balkan-Route und das Mittelmeer zu sorgen. Sonst wird der Preis für die Menschen, die bei uns in Europa Schutz suchen, nur in die Höhe getrieben.“

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