01. Oktober 2015 · Kommentare deaktiviert für „Zwist um Flüchtlingscamp in Athen“ · Kategorien: Griechenland · Tags:

Quelle: nzz

Stadtpräsident beschuldigt Tsipras

Marco Kauffmann Bossart, Istanbul

Athens Bürgermeister Giorgos Kaminis hat nach einer Massenschlägerei zwischen Hunderten von Flüchtlingen in der Innenstadt scharfe Kritik an der Administration von Ministerpräsident Alexis Tsipras geübt. Die aus Linksradikalen und Rechtsnationalisten zusammengesetzte Regierung sei unfähig, den Migranten notwendige Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, monierte Kaminis laut der Nachrichtenagentur DPA. Die Ausschreitungen ereigneten sich in der Nacht auf Mittwoch beim Viktoria-Platz, wo hauptsächlich Afghanen in einem kleinen Stadtpark ohne sanitäre Einrichtungen campieren. Es war zunächst nicht klar, woran sich der Konflikt entzündete.

Unbedarfte Äusserungen

Der Zwischenfall wirft ein Schlaglicht auf die ungenügende Infrastruktur für die Flüchtlinge. Nach den chaotischen Zuständen auf den Ägäisinseln Lesbos und Kos, wo der Andrang die lokalen Behörden völlig überforderte, wurde der Fährverkehr mit dem Festland ausgebaut. Nun stauen sich die Migranten indes in Athen, wo sie mehr oder weniger sich selber überlassen sind. Das notdürftige Camp aus Plasticplanen und Kartonschachteln am Viktoria-Platz, das sich stetig ausdehnte, provoziert Spannungen mit Anwohnern. Auch in anderen Quartieren nächtigten Migranten auf öffentlichen Plätzen.

Laut unbestätigten Medienberichten erwägen die Behörden, die Migranten, die grossmehrheitlich nach Mitteleuropa weiterreisen wollen, in einem ehemaligen Olympiapark in der Agglomeration unterzubringen. In den vergangenen Tagen geführte Gespräche zwischen dem von verschiedenen Linksparteien unterstützten Stadtpräsidenten Athens und dem neuen Vizeminister für Migrationsfragen, Yiannis Mouzalas, blieben offenkundig ohne konkrete Resultate.

Der Regierungschef Alexis Tsipras stellt sich auf den Standpunkt, dass sein krisengeschütteltes Land den Ansturm – seit Januar erreichten mehr als 375 000 Asylsuchende griechischen Boden – nur mit Support der Europäischen Union bewältigen könne. Trotz diesem breit akzeptierten Argument ist nicht von der Hand zu weisen, dass Tsipras‘ erstes Kabinett der Flüchtlingsproblematik wenig Beachtung schenkte. Die damals zuständige Vizeministerin Tasia Christodoulopoulou fiel mehr als einmal mit unbedarften Äusserungen auf. So merkte sie einmal an, jene, die sich in den Parks und Plätzen aufhielten, seien dort, um sich an der Sonne zu bräunen.

Ungebrochener Zustrom

Christodoulopoulous Nachfolger Mouzalas wird mehr Kompetenz und Entschlossenheit attestiert. Unter der Ägide des ausgebildeten Arztes wurden die administrativen Kapazitäten auf den Ägäisinseln ausgebaut. Damit soll sichergestellt werden, dass Neuankömmlinge registriert werden. Geplant sind zusätzliche Flüchtlingslager in der Hafenstadt Thessaloniki, die sich direkt an der Balkanroute befindet, sowie in Lavrio, südöstlich von Athen.

Kroatien, ein wichtiges Transitland für Flüchtlinge, hat Griechenland unlängst aufgefordert, die Seegrenze zur Türkei besser zu kontrollieren. Der wirtschaftliche Niedergang hat freilich auch der griechischen Küstenwache zugesetzt. Rund ein Drittel ihrer Schiffsflotte sowie nahezu die ganze Helikopterstaffel sind laut einem Bericht des «Wall Street Journal» eingemottet. Die in diesem Jahr beschlossene Verdoppelung des Budgets für die maritimen Grenzwächter dürfte erst mit einer gewissen Verzögerung wirksam werden. Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass der Migrationsstrom nachlässt. Laut der Internationalen Organisation für Migration erreichen Tag für Tag mehr als 5000 Menschen die griechischen Inseln.

:::::

siehe auch: Ekathimerini [viele Fotos]

Hundreds of refugees camped out at Victoria Square

victoria

Hundreds of migrants and refugees are sleeping rough on and around Victoria Square, in downtown Athens. More than 100,000 refugees and migrants entered Greece in August, according to data presented by the country’s coast guard. The war in Syria and Europe’s refugee crisis take center stage at the United Nations on Wednesday as world leaders work to overcome deep divisions over how to confront the turmoil.

Kommentare geschlossen.