Quelle: tagesschau.de
Experte zu Lebensbedingungen auf dem Balkan
Der Strom von Asylbewerbern vom Balkan reißt nicht ab, obwohl 90 Prozent abgelehnt werden. „Es sind akute Notlagen, die die Menschen nach Deutschland treiben“, meint Experte Michael Weichert im tagesschau.de-Interview. Und die Angst vor einem Europa, das sich abschottet.
tagesschau.de: Von den Menschen, die in Deutschland Asyl beantragen, kommen mehr als 40 Prozent aus den westlichen Balkan-Ländern. Was sind das für Menschen? Welche Motive haben Sie?
Michael Weichert: Das sind ganz unterschiedliche Gruppen von Menschen. Viele kommen vom Land, wo die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit noch stärker durchschlägt. Dort gibt es noch geringere Chancen auf eine Ausbildung, es fehlt an Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und die massenhafte Landflucht hinterlässt zum Teil verödete Landstriche. Auf der anderen Seite sind es Leute, die schon im Ausland gelebt und studiert haben, beispielsweise während des Krieges auf dem Balkan, die dann aber wieder zurückgegangen waren. Angesichts der desolaten Situation in ihren Ländern und der Zukunftsängste entscheiden sie sich, lieber wieder wegzugehen.
Eine große Rolle spielen auch die Familienmitglieder, die bereits ins westliche Ausland ausgewandert sind und sich dort ein Leben aufgebaut haben: Sie bemühen sich, weitere Familienmitglieder nachzuholen und geben ihnen die Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland.