23. Juli 2015 · Kommentare deaktiviert für EU-Militäreinsatz: „Europol-Geheimdienstzelle auf Sizilien hilflos“ · Kategorien: Europa, Italien, Libyen · Tags: , ,

Quelle: Telepolis/Heise

von Thomas Pany

Europol-Vizechef van Gemert: Zu wenig Wissen über Schlepper, kaum Chancen gegen die nordafrikanischen Fluchthelfer-Netzwerke

Um die illegale Zuwanderung über das Mittelmeer einzudämmen, fasste die EU den Plan, die Netzwerke der Schleuser und Schlepper zu schwächen. Das Geschäftsmodell soll zerschlagen werden, hieß es in einem Strategiepapier. Dazu müssen sie zunächst einmal aufgespürt werden, wie dies kürzlich noch einmal für die Mission EUNAVFOR MED bekundet wurde (Unerwünschte Migration: 39 Schiffe von EU-Mitgliedstaaten kreuzen im Mittelmeer).

In Catania auf Sizilien wurde ein Zentrum für die „EU Task Force“ eingerichtet, an der Mitarbeiter von Europol, Frontex, EASO und Eurojust teilnehmen, um Informationen zu sammeln und auszutauschen:

„Die Agenturen tauschen die Ergebnisse von Verhören aus, denen Geflüchtete nach ihrer Ankunft unterzogen werden. Mit ihren Aussagen über Fluchtrouten sollen mögliche Netzwerke oder Infrastrukturen von Fluchthelfern aufgespürt und zerschlagen werden.“ (Matthias Monroy)

Große Hoffnungen setze der britische Premierminister David Cameron auf die Europol-Geheimdienstzelle in Sizilien, berichtete der Guardian im Juni.

Ein aktuelles Gespräch, das die britische Zeitung mit dem stellvertretenden Direktor von Europol, Wil van Gemert führte, enttäuscht diese Hoffnungen.

Danach befragt, ob man bereits Informationen habe, die zur Identifikation von Schleppern geführt haben oder zu Einsichten in ihre Geschäfte, antwortete van Gemert negativ. Nein, dafür habe man nicht genügend Informationen.

Was man in Sizilien an Informationen sammeln könne, reiche nicht aus, um den Hauptpersonen der Schleppergeschäfte auf die Spur zu kommen, die hunderte von Kilometern entfernt auf einem anderen Kontinent, in einem Bürgerkriegsland, operieren. Es sei ziemlich unmöglich, auch für die Regierung in Libyen selbst, hierzu an ausreichende Informationen zu gelangen.

Auch auf die Nachfrage, ob es denn Möglichkeiten gebe, selbst Informationen in Libyen zu sammeln, um etwas über Schmugglernetzwerke zu erfahren, erhielt der Guardian-Reporter keine positive Antwort. Europol habe keine Vertreter, die in Libyen arbeiten, dafür gebe es auch kein Mandat, weil die EU keine Mission in Libyen habe. Zwar, so Van Gemert, würden Agenten militärischer Geheimdienste Informationen aus Libyen schicken, aber auch dies würde nicht ausreichen, um etwa Schlepperboote ausfindig zu machen, dass man sie zerstören könnte.

„Es reicht nicht, um das Problem auf diese Weise zu lösen. Man muss mehr tun, ganz sicher werden Ermittlungen das Migrationsproblem nicht lösen. Das ist auch ein Fakt.“

Der Europol-Vize-Chef betonte im Gegenzug, dass man mit dem Zentrum in Sizilien gut platziert sei, um Schleppergeschäfte in Italien und Europa zu verfolgen. Allerdings musste er eingestehen, dass ihm unbekannt war, was der Guardian-Reporter bei seinen Recherchen in Catania erfahren hatte, dass die Stadt eine wichtiger Knotenpunkt für Schleusergeschäfte ist trotz des Europol-und Frontex-Zentrums. Er wisse nicht über jedes Detail Bescheid, aber die italienischen Behörden würden es sicher wissen.

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