taz 29.04.2013
„Überwachungssoftware aus Deutschland
Exportschlager Protesttrojaner
Bürgerkrieg in Syrien, Widerstand in Bahrain: Zur Verfolgung von Oppositionellen wird weltweit deutsche Software eingesetzt. Kontrolle? Fehlanzeige
von Martin Kaul
BERLIN taz | Als Alaa Shebabi die entscheidende E-Mail erhielt, war die Oppositionelle aus Bahrain nur einen Klick davon entfernt, ihre Existenz aufs Spiel zu setzen. Im Anhang der Mail fand sie Fotodateien, angeblich von einem prominenten Folteropfer aus dem Widerstand im Arabischen Frühling. Die Mail lieferte Shebabi jedoch noch etwas anderes mit: einen bösartigen Trojaner.Ein Klick auf die Fotos und Alaa Shebabi hätte dem autoritären Regime, gegen das sie kämpft, intimste Informationen über ihr Leben in der Opposition geliefert. FinFisher heißt der Trojaner, der später bei ihr gefunden wurde – produziert von der Firma Gamma International. Firmensitz: Obersendling bei München.
Alaa Shebabi ist nur ein Fall, den eine neue Kampagne zweier Grünen-Politiker im Netz dokumentiert. Shebabis Erfahrung soll für ein Problem stehen, von dem deutsche Unternehmen angeblich zunehmend profitieren: Softwareprodukte made in Germany, geeignet zur Überwachung und Zensur von Oppositionellen, sind unter autoritären Staaten weltweit gefragt – die Exportkontrolle solcher Software dagegen ist lax.
Das zumindest bemängelt die Menschenrechtspolitikerin Barbara Lochbihler, frühere Amnesty-Funktionärin und heutige Grünen-Politikerin im europäischen Parlament. „Deutsche IT-Unternehmen tragen weltweit zur Unterdrückung von friedvollem Protest und Menschenrechten bei. Sie profitieren davon, sich wissentlich gegen demokratische Entwicklungen zu stellen“, sagt Lochbihler.
Übersicht deutscher Firmen
Auf dem Kampagnenportal www.frieden2punkt0.de hat sie gemeinsam mit dem netzpolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, eine Übersicht deutscher Firmen erstellt, die von dem Geschäft mit der Überwachung profitieren sollen. Darunter finden sich Großunternehmen wie die Siemens AG und die Nokia Siemens Networks, aber auch kleinere Firmen wie die trovicor GmbH, die utimaco Safeware AG, die Syborg-Informationssysteme mit Sitz in Bexbach oder die Lepiziger ipoque GmbH. […]“
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http://www.taz.de/Ueberwachungssoftware-aus-Deutschland/!115379/