Welt | 20.06.2017
Europäische Politiker versprechen, mehr abgelehnte Asylbewerber abzuschieben. Doch die Zahl der Rückführungen ist noch niedriger als bisher angenommen – und viel spricht dafür, dass sie bald sogar sinken wird.
Von Robin Alexander
Ganz Europa redet über Abschiebungen. Eine „nationale Kraftanstrengung“ forderte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel schon im September 2016 für die Rückkehr abgelehnter Asylbewerber. Der italienische Innenminister Marco Minnitti kündigte im März an: „Wir werden Abschiebungen systematisch steigern und damit eine klare Botschaft an alle senden, die nach Europa wollen.“ Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven versprach nach einem Terrorakt im April, „die Möglichkeiten zu verbessern, Abschiebungen durchzusetzen“.
Die Idee hinter der kontinentweiten Offensive ist überall die gleiche: Gut die Hälfte der in der Zeit der offenen Grenzen nach Europa geströmten Migranten werden voraussichtlich nicht als Flüchtlinge anerkannt. Sie sollen zurückgehen oder zurückgebracht werden, notfalls auch gegen ihren Willen – so das Versprechen der Regierungen. Doch das ist ein großer Selbstbetrug. Die relevanten Zahlen sind noch niedriger als bisher angenommen – und viel spricht dafür, dass sie bald sogar sinken werden.