Zeit Online | 09.04.1982
Ausgerechnet beim ungeliebten Nachbarn suchen Tausende Türken seit dem Putschversuch Asyl. Die Beziehungen zwischen den Ländern verschlechtern sich zusehends.
Von Zia Weise, Thessaloniki
Nuri beschloss die Türkei zu verlassen, als sein Name in einem Zeitungsartikel auftauchte. Es war die Woche nach dem Putschversuch 2016; der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte seinen einstigen Verbündeten Fethullah Gülen für schuldig erklärt, und Gülen-Anhänger wie Nuri wurden massenweise verhaftet. Der Zeitungsartikel, der ihn als Sympathisanten der identifizierte, machte Nuri nervös. Die Universität, an der er seit Jahren lehrte, war Tage zuvor per Notstandsdekret geschlossen worden. Er entschied sich zu fliehen, bevor es zu spät war: einige Gülen-nahe Akademiker saßen bereits hinter Gittern.
Seine Flucht führte ihn über die USA, Kosovo und Albanien, aber mittlerweile leben Nuri und seine Familie in Thessaloniki — nur wenige Stunden Fahrt von der türkischen Grenze. Sie gehören zu den etwa 2.000 türkischen Staatsbürgern, die seit dem Putschversuch in Griechenland Asyl beantragt haben.