23. Oktober 2017 · Kommentare deaktiviert für „Zweifelhafte Abschiebung nach Afghanistan“ · Kategorien: Afghanistan, Deutschland · Tags:

ARD Tagesschau | 23.10.2017

Für Dienstag ist erneut eine Abschiebung nach Afghanistan geplant. Zwar sollen derzeit nur Straftäter, Gefährder und Identitätsverweigerer dorthin gebracht werden – doch in mindestens einem Fall scheint sich die Regierung nicht daran zu halten.

Von Reiko Pinkert und Christian Baars, NDR

Der nächste Abschiebeflug mit abgelehnten afghanischen Asylsuchenden aus Deutschland nach Kabul soll morgen vom Flughafen Leipzig-Halle starten. Dies berichten mehrere Flüchtlingshelfer und Anwälte. Es wäre die zweite Sammelabschiebung seit dem Anschlag nahe der deutschen Botschaft in Kabul im Mai dieses Jahres.

Wegen der schlechten Sicherheitslage in Afghanistan sollen derzeit eigentlich nur bestimmte Gruppen abgeschoben werden – nämlich Straftäter, Gefährder und Menschen, die „hartnäckig ihre Mitarbeit an der Identitätsfeststellung“ verweigern. Ob sich Bund und Länder an diese selbst gesetzte Vorgabe halten, ist allerdings schwer zu überprüfen. Denn die Innenministerien äußern sich grundsätzlich nicht zu geplanten Abschiebungen. So ist unklar, wie viele abgelehnte Asylbewerber nun abgeschoben werden sollen und wer dies genau ist.

Kein Straftäter, Gefährder oder Identitätsverweigerer

Mindestens ein Fall erscheint jedoch zweifelhaft. Die Berliner Anwältin Myrsini Laaser berichtet von einem betroffenen Mann, der am vergangenen Mittwoch in Abschiebehaft genommen worden sei. Ihr Mandant sei offensichtlich weder Straftäter noch Gefährder. Außerdem sei seine Identität zweifelsfrei geklärt. Das geht auch aus dem Haftbefehl gegen ihn hervor. Darin heißt es, gegen den Mann – der seit zwei Jahren in Deutschland lebt – seien nach Kenntnis der zuständigen Behörde keine strafrechtlichen Ermittlungsverfahren anhängig.
Laaser kritisiert, dass durch die Ankündigung der Regierung, nur Straftäter und Gefährder abzuschieben, jetzt auch ihr Mandant einem solchen Verdacht unterliege. Sie befürchtet, dass er dadurch in Afghanistan in Gefahr geraten könne – wegen einer „unverhältnismäßigen Strafverfolgung“, da auch die Behörden in Kabul nicht darüber informiert würden, wer konkret abgeschoben werde.

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